© Beat Ernst, Basel

Heilpflanze

WURZEL AUS DER WÜSTE

Es sind nicht die außergewöhnlichen überirdischen Gebilde, durch welche die Teufelskralle bekannt wurde, sondern vielmehr ihre eher unscheinbaren Wurzeln.

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Harpagophytum procumbens DC. ist eine im Wüstensand der Kalahari beheimate krautige, mehrjährige Pflanze aus der Familie der Sesamgewächse . Aus weit verzweigten, knolligen Wurzeln entwickelt sie während der Regenzeit bis zu einen Meter lange Triebe. Diese kriechen, wie auch sonst bei vielen anderen Savannengewächsen üblich, flach am Boden entlang, worauf auch der Artname (von griech. procumbens = niederliegend) aufmerksam macht.

Der Gattungsname leitet sich von griech. harpagos = Enterhaken ab und nimmt auf die mehrere Zentimeter großen holzigen Früchte Bezug, die aus auffallend großen hellrosa bis lila Blüten entstehen. Die korallenähnlichen Gebilde sind mit langen Widerhaken versehen, mit denen sie sich an vorbeiziehenden Tieren festhalten und somit auch verbreiten.

Wirksame Wurzeln Nur diese sind arzneilich von Interesse. Während früher die Droge vorwiegend aus der Wildsammlung stammte, wird die Pflanze heute zunehmend kontrolliert angebaut, um eine Dezimierung der Bestände zu vermeiden. Nach der Blütezeit werden nur die verzweigten Speicherwurzeln (Sekundärwurzeln) ausgegraben. Die Primärwurzel verbleibt in der Erde und garantiert das Überleben der Pflanze.

Nachdem aber die Heilkraft der Teufelskralle auch bei uns im letzten Jahrhundert bekannt und ihr Einsatz immer beliebter wurde, begann eine zunehmende Übernutzung der Wildvorkommen, indem Sammler die gesamte Wurzel entnahmen und damit die Bestände der Pflanze immer mehr gefährden. Inzwischen existieren vermehrt Initiativen, die kontrollierte Sammlungen propagieren und so versuchen, eine nachhaltige Ernte und damit die Teufelskrallenpopulation sicherzustellen. Zudem wird der kontrollierte Anbau forciert.

Gold Namibias Die Wurzel der Wüstenpflanze wird schon seit langem für medizinische Zwecke traditionell genutzt. Die einheimische Bevölkerung Südafrikas und Namibias schätzt ihre Heilkraft bei vielerlei Beschwerden, vor allem bei Schmerzen, Fieber, Verdauungsbeschwerden und offenen Wunden. Da die Wurzel in der Ethnomedizin eine so gute Wirkung zeigt, wird sie von den Buschmännern nicht allein wegen ihrer goldbraunen Farbe als Gold Namibias bezeichnet.

Zu uns gelangte die Heilpflanze erst Anfang des letzten Jahrhunderts. Ein ehemaliger deutscher Kolonialsoldat wurde in Afrika Augenzeuge von den Heilerfolgen, die mit der Teufelskralle erzielt wurden, und schickte sie zur Untersuchung und weiteren Erforschung nach Deutschland. Neben der Wirkung als Bitterstoffdroge bei dyspeptischen Beschwerden konnten inzwischen die schon in den 1950er-Jahren berichteten schmerzstillenden und entzündungshemmenden Effekte der Pflanze bei unterschiedlichen Erkrankungen des Bewegungsapparates wissenschaftlich belegt werden.

Wirkung durch Gesamtextrakt Man geht davon aus, dass ein Zusammenspiel mehrerer Wirkkomponenten für die Wirkungen der Teufelskralle verantwortlich ist, wobei dosisabhängige Effekte beobachtet werden können. Maßgeblich beteiligt sind Bitterstoffe vom Iridoidtyp, vor allem Harpagosid und Procumbid, ferner freie Zimtsäure und Flavonoide.

»Die Bevölkerung Namibias schätzt ihre Heilkraft bei vielerlei Beschwerden.«

Die analgetischen und antiphlogistischen Eigenschaften können durch eine Blockade der Cyclooxygenase und der 5-Lipoxygenase erklärt werden, wodurch die Bildung von Entzündungsmediatoren gehemmt wird. Darüber hinaus wurden eine Aktivitätshemmung der Kollagenase im Gelenkknorpel sowie eine Reduktion der Matrix-Metallo-Proteinasen nachgewiesen.

Teufelskrallenextrakt und -tee Hauptsächliches Einsatzgebiet sind entzündliche und degenerative Gelenkerkrankungen wie Rheuma und Arthrose sowie Rückenschmerzen. Da die Wirkung erst nach einer etwa zweiwöchigen Einnahme beginnt, eignen sich das Phytotherapeutikum vornehmlich zur unterstützenden Behandlung chronischer Verlaufsformen und nicht für die Akuttherapie.

Als besonders wirksam gelten Präparate, bei denen zur Extraktherstellung 60-prozentiger Ethanol verwendet wird. Mit ihnen kann die erforderliche Tagesdosis von mindestens 960 Milligramm mit einer zwei Mal täglichen Einnahme erreicht werden. Bei der Verwendung als Teeaufguss beträgt die Tagesdosis zur Behandlung von Gliederschmerzen 4,5 Gramm. Bei Verdauungsbeschwerden und zur Appetitanregung genügen 1,5 Gramm. Die geschnittene Droge wird mit 300 Milliliter heißem Wasser aufgegossen, acht Stunden bei Raumtemperatur stehen gelassen, abgeseiht und in drei Portionen verteilt über den Tag getrunken.

Achtung Verwechslungsgefahr Zwei einheimische Pflanzen der Gattung Phyteuma, die ebenfalls unter dem Namen Teufelskralle bekannt sind, haben nichts mit der afrikanischen Heilpflanze gemein!

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/13 auf Seite 32.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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