Parasiten
WÜRMER ALS URLAUBSMITBRINGSEL
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Dass tropische Mücken Krankheiten wie Malaria, Gelb- oder West-Nil-Fieber übertragen können, ist den meisten bewusst. Im Zuge der Olympischen Spiele in Rio 2016 wurde eine weitere durch Mücken weitergegebene Infektion bekannt: das besonders für Ungeborene gefährliche Zika-Fieber. Doch es gibt noch viel mehr unangenehme Parasiten-Reisesouvenirs.
Blind durch Fadenwürmer Besonders in den tropischen und subtropischen Gebieten Afrikas, Asiens sowie Mittel- und Südamerikas können Mücken auch die Larven von Fadenwürmern (Filarien) übertragen. Bekannt sind über 20 000 Arten, die verschiedene, teils gravierende Krankheiten auslösen können. So dringen die Larven von Onchocerca volvulus nach einem Stich ins Unterhautbindegewebe ein, wo sie sich zum ausgewachsenen Wurm entwickeln und bis zu 15 Jahre alt werden. Nach der Befruchtung durch ein Männchen produzieren weibliche Würmer täglich bis zu 1500 Larven (Mikrofilarien), die über Blut- und Lymphgefäße in die Haut wandern, und dort chronische, juckende Entzündungen und Beulen auslösen.
Die Haut wird zudem dünn, sodass die Chancen steigen, dass Mücken die Larven beim nächsten Stich wieder aufsaugen. Diese Onchozerkose genannte Krankheit kann auch auf die Hornhaut der Augen übergreifen und zur Erblindung führen (Flussblindheit). Beim Augenwurm (Loa loa) lösen hingegen nicht die Larven, sondern die erwachsenen Tiere eine Loiasis genannte Erkrankung aus. Die drei bis sieben Zentimeter (cm) langen Fadenwürmer können unter der Haut bis ins Auge wandern. Loiasis führt jedoch meist nicht zur Erblindung und der Wurm kann im Auge relativ leicht operativ entfernt werden.
Ein weiteres Krankheitsbild, die Elephantiasis (lymphatische Filariose), ist meist auf einen Befall mit Fadenwürmern der Gattung Wuchereria bancrofti zurückzuführen. Die Larven, die über einen Mückenstich in den menschlichen Organismus gelangen, entwickeln sich im Lymphsystem zu adulten Tieren. Dort produzieren sie Tausende von Larven, die einen Lymphstau verursachen, der die Extremitäten stark anschwellen lässt. In schweren Fällen gehen die Schwellungen nicht mehr zurück, sodass nur noch mehrmals wöchentlich durchgeführte Lymphdrainagen sowie das Tragen von Kompressionsstrümpfen helfen.
Wenn der Wurm durch die Haut bricht Eine weitere Filarienart, der Guineawurm, kam früher in den Feuchtgebieten von Afrika und Asien recht häufig vor. Kampagnen der WHO haben jedoch bewirkt, dass man ihn heute nur noch in Äthiopien und im Tschad findet. Seine Larven befallen winzige Ruderfußkrebse, die von den Endwirten über das Trinkwasser aufgenommen werden. Im Menschen brechen die Larven durch den Dünndarm in die Bauchhöhle durch, wo sie sich zu erwachsenen Würmern entwickeln. Nach der Paarung mit einem Männchen wandern die bis zu einem Meter langen Weibchen durch den Körper. Meist setzen sie sich schließlich im Unterhautbindegewebe der Extremitäten fest, was starke Schmerzen verursacht.
An ihrem Kopfende entsteht ein großes Hautgeschwür, das bei Kontakt mit Wasser aufbricht. Gleichzeitig öffnet sich der Wurmuterus und Tausende von Larven werden ins Wasser gespült, wo sie wieder von Krebsen gefressen werden. In den Gebieten, die von diesem Parasiten betroffen sind, hat man sich zur Therapie seit jeher mit der Stäbchenmethode beholfen: Sobald der Wurm die Haut durchbrochen hat, wird er ganz langsam um ein Stäbchen gewickelt – nie mehr als 10 cm pro Tag, damit er nicht durchreißt. So kann es bis zu zwei Wochen dauern, bis der Wurm komplett entfernt ist. Eine chirurgische Entfernung des Wurms ist heute natürlich auch möglich.
Diagnose oft schwierig Fadenwürmer sind durch spezielle Wurmmittel meist gut zu bekämpfen. Ivermectin und Suramin sind dabei Mittel der Wahl. Allerdings sind Filarien häufig mit Wolbachia-Bakterien besiedelt. Tötet das Wurmmittel eine große Anzahl von Filarien auf einmal, werden Toxine der Wolbachien freigesetzt, die für den Organismus gefährlich werden können. Um dies zu verhindern, wird bei Filariosen zunächst die Zahl der Bakterien mit Doxycyclin reduziert. Die Therapie ist allerdings nicht die größte Herausforderung, vielmehr ist es schwierig, überhaupt die richtige Diagnose zu finden: Da Filarien bis zu einem Jahr brauchen, um sich im Wirtskörper zu entwickeln, sehen die meisten Betroffenen bei den typischen Symptomen nicht unbedingt den Bezug zu ihrer Tropenreise.
Vorsicht in Wassernähe! Die Bilharziose ist eine Krankheit, die nicht mehr nur als Tropenkrankheit gewertet werden kann, sondern längst in Europa Einzug gehalten hat: Seit 2011 gibt es gesicherte Fälle von Bilharziose auf Korsika, nahe des Flusses Cavo im Süden der Insel. Bilharziose, auch Schistosomiasis genannt, wird durch eine bestimmte Gattung von Würmern, die Pärchenegel (Schistosoma) verursacht. Ihre Larven, die Zerkarien, entwickeln sich in Süßwasserschnecken aus Eiern, die aus dem Kot eines Wirtes stammen. Von den Schnecken ausgeschiedene Zerkarien schwimmen frei in Seen oder Flüssen und bohren sich durch die Haut von Menschen, die sich in solchen Gewässern aufhalten.
Sie wandern in die Leber, wo sie sich zu adulten Würmern entwickeln, die sich als Pärchen in der Harnblase oder dem Darm festsetzen. Die Würmer lösen chronische Entzündungen aus, die zu Krebs, lebensgefährlichem Bluthochdruck und Untergang von Organgewebe führen können. Bilharziose kann jederzeit Komplikationen bereiten und lebensgefährlich werden. Wird sie früh genug erkannt, lässt sie sich aber gut behandeln. Dann reicht die Gabe des Wurmmittels Praziquantel aus, um alle Parasiten abzutöten.
Mangelhafte Hygiene und fehlende Vorsicht können bei Reisen in tropische Länder zu einer Wurmerkrankung führen.
Häufigste Dermatose Die häufigste aus dem Tropenurlaub mitgebrachte Hauterkrankung ist die Larva migrans, auch Hautmaulwurf genannt. Auslöser sind Hakenwürmer, die durch Tierkot übertragen werden. Sie kommen in allen warmen Ländern vor, in sehr warmen Sommern auch in Europa. Der Mensch nimmt die Wurmlarven auf, wenn er zum Beispiel barfuß über mit Tierkot kontaminierte Wiesen oder Strände läuft. Die Larven bohren sich durch die Haut und wandern unter ihr weiter, wobei man die Schlängelbewegung mit bloßem Auge erkennen kann.
Gleichzeitig reagiert der menschliche Organismus allergisch auf Stoffwechselprodukte der Larven, sodass sich die Wandergänge stark röten sind und jucken. Da der Mensch für den Hakenwurm ein Fehlwirt ist, stirbt die Larve spätestens nach drei Monaten ab, zersetzt sich und wird vom Organismus ausgeschieden. Ivermectin oder Albendazol können gegen Juckreiz und Infektionen helfen, die aufgrund der Hautläsion auftreten können.
Vorbeugung im Urlaub Um sich auf Reisen gegen gefährliche Parasiten zu schützen, sollte man Trinkwasser immer abkochen. Baden in stehenden Gewässern wird nicht empfohlen, ebenso wie das Barfußlaufen in Gegenden, die durch Tierkot verschmutzt sein könnten. Gegen von Mücken übertragene Vektorenkrankheiten helfen Mückenschutz und Moskitonetze. Und sollte es nach einem Tropenurlaub, auch Monate später noch, zu auffälligen Hautsymptomen kommen, sollte der Arzt bei der Anamnese über die Reise informiert werden.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/18 ab Seite 70.
Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist
Mangelhafte Hygiene und fehlende Vorsicht können bei Reisen in tropische Länder zu einer Wurmerkrankung führen.