Der Mensch blinzelt alle paar Sekunden, um die Augen ausreichend zu befeuchten. © profstocktv / iStock / Getty Images Plus

Auge | Blinzeln

WIR BLINZELN OHNE DASS ES DUNKEL WIRD

Der Mensch muss alle paar Sekunden blinzeln, ob er will oder nicht. Dies geschieht, um das Auge zu befeuchten. Eigentlich dürften wir dann nichts sehen, tun es aber interessanterweise trotzdem. Forscher haben herausgefunden, warum es nicht dunkel wird.

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Es sieht so aus, als hätte unser Gehirn so etwas wie einen Speicher für das gerade Gesehene und kann dadurch kurze Sehunterbrechungen mit diesen Informationen versorgen und die Zeit des eigentlichen „Nichtsehens“ überbrücken. Wo aber finden wir ein solches Wahrnehmungsgedächtnis? Um diese und weitere Fragen zu klären haben sich Caspar Schwiedrzik von der Universität Göttingen und seine Kollegen mit diesem Thema intensiv beschäftigt und auch schon eine bestimmte Region ins Auge gefasst: den mittleren präfrontalen Kortex, der unter anderem für das Kurzzeitgedächtnis und die Entscheidungsfindung eine Rolle spielt.

Um ihre Theorie zu überprüfen, haben die Forscher Epilepsie-Patienten genauer unter die Lupe genommen, die zur Behandlung ihrer Erkrankung für einen gewissen Zeitraum feine Elektroden ins Gehirn implantiert bekommen hatten. Dadurch hatten die Wissenschaftler nun die Möglichkeit, den Probanden beim Denken zuzusehen und den mittleren präfrontalen Kortex detaillierter zu untersuchen. Während der Untersuchung zeigten die Neurowissenschaftler den Teilnehmern ein Punktegitter auf einem Bildschirm. Die Aufgabe der Probanden bestand nun darin anzugeben, ob sie die dargestellten Punkte beispielsweise horizontal oder vertikal wahrnahmen. Im Anschluss daran wurde ihnen ein weiteres Punktegitter gezeigt.

Die Wissenschaftler konnten feststellen, dass die Teilnehmer meistens im zweiten Durchgang die gleiche Orientierung angaben, wie im Durchgang davor. Aus dieser Erkenntnis schlossen Schwiedrzik und seine Kollegen, dass die Probanden ihre Informationen aus dem ersten Durchgang genutzt hatten, um auf den zweiten zu schließen. Die Forscher konnten außerdem eine gesteigerte Hirnaktivität im Bereich des präfrontalen Kortex feststellen. Nun blieb die Frage zu klären, ob genau diese Hirnregion für dieses Phänomen verantwortlich war. Ausschlaggebend war die Antwort einer Patientin, bei der dieser Bereich im Gehirn teilweise entfernt worden war. Im Gegensatz zu den anderen Probanden gab es bei ihr diesen Effekt, also von der vorherigen Information auf die aktuelle Aufgabe zu schließen, nicht.

„Unsere Untersuchungen zeigen, dass der mittlere präfrontale Kortex aktuelle Sehinformationen mit zuvor gewonnenen Informationen abgleicht und somit dazu beiträgt, dass wir die Welt stabil wahrnehmen – auch wenn wir die Augen beispielsweise beim Blinzeln kurz schließen“, so Schwiedrzik. Dieses Phänomen gilt aber auch bei höheren kognitiven Leistungen: „Auch wenn wir einen Gesichtsausdruck sehen, beeinflusst diese Information die Wahrnehmung des nächsten Gesichtes, das wir anschauen“, erklärt der Forscher. Die Ergebnisse sollen dazu dienen, ein besseres Verständnis für die Interaktion von Wahrnehmung und Gedächtnis zu bekommen. Hierfür will das Forscherteam in weiteren Studien unter anderem untersuchen, welche Rolle das Vertrauen in die eigene Wahrnehmung beim Reizgedächtnis spielt.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: www.wissenschaft.de

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