Was kann verbessert werden, damit wohnortnahe Apotheken ihren Vorteil gegenüber Versandapotheken behalten? Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bringt dazu im April eine Gesetzesreform auf den Weg. © jacoblund / iStock / Getty Images Plus

Apothekenreform | Boni-Vergabe

„WILDWEST-BEDINGUNGEN“ IM VERSANDHANDEL

Frei und gesetzlos, das mag als Berufsbild in alten Western vorkommen, doch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist kein Freund davon: Dass Kunden bei ausländischen Versandapotheken die Zuzahlung nicht leisten sollen, bei der deutschen Apotheke um die Ecke aber schon, möchte er jetzt doch per Gesetz verhindern.

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„Mein Ziel ist es, die Wildwest-Bedingungen bei der Boni-Vergabe zu beenden“, sagte Spahn am Wochenende auf einem regionalen Apothekertag. Dazu will er das Arzneimittelgesetz ins Sozialrecht überführen, was auf europäischer Ebene juristisch stärker wirken kann. Das soll bereits im April geschehen.

Spahn ist offenbar wild entschlossen, die wohnortnahen Apotheken mit den Mitteln einer Bundesbehörde zu stärken. Natürlich stößt das auf den Beifall der Apothekerschaft, die der Minister jedoch einmal mehr aufforderte, selbst aktiv zu werden und Vorschläge zu machen. „Uns geht es darum, die freie Apothekenwahl zu behalten und zu stärken, auch im Hinblick auf das E-Rezept.“ Den digitalen Wandel, den wolle er lieber selbst zusammen mit den Apothekern gestalten, als das ganze Google, Amazon und Apple zu überlassen. Auch solle die Vergütung künftig nicht nur an der Abgabe einer Packung hängen – vor drei, fünf und zehn Jahren habe er, Spahn, die Apotheker bereits aufgefordert, Vorschläge zu einer Reform der Honorierung zu machen. Doch da sei auf Seiten der Apotheken nicht viel passiert.

Mittlerweile hat das Bundesgesundheitsministerium die dafür vorgesehenen 240 000 Euro für die Etablierung pharmazeutischer Dienstleistungen wie der Medikationsanalyse auf 105 000 Euro heruntergefahren. Zu diesem Punkt äußerte sich der Minister jedoch nicht. Aber er betonte, dass er das „qualifizierte Wissen der Apotheker und das, „was bereits jeden Tag schon oft mitgeleistet wird“ noch besser nutzen und dann auch vergüten wolle. Als Beispiele für solche Leistungen nannte er das Medikationsmanagement, zum Beispiel bei Heimbewohnern, und mögliche Präventionsangebote. Weiterhin berichtete er von einem Modellversuch in Frankreich, bei dem Grippeimpfungen innerhalb der Apotheken verabreicht werden. Angesichts voller Wartezimmer bei den Ärzten könne er sich vorstellen, dass die Apotheker diese „beim Thema Impfen, insbesondere gegen Grippe, entlasten. Spahn konnte sich zudem gut vorstellen, dass Apotheker demnächst Folgeverordnungen bei gut eingestellten chronisch kranken Patienten übernehmen.

Auch zum Thema Botendienst hatte Spahn eine Meinung: Er wünsche sich eine Art App von den Apotheken, die dem Patienten bereits bei Verlassen der Arztpraxis die nächst gelegenen Apotheken anzeigen, die auch die Lieferung über Botendienst anbieten. „Ich will es so gestalten, dass der Versandhandel gar keine Chance mehr hat mitzuhalten.“

Die gastgebende Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening bedankte sich für dieses „klare Bekenntnis zu unserer Unverzichtbarkeit“ und wünschte sich die „Umsetzung der gemeinsamen Ziele zur Wiederherstellung der Gleichpreisigkeit und zur Erweiterung pharmazeutischer Dienstleistungen: Von uns die klare Bitte, dass die Gesetze so geschrieben werden, dass sie Bestand haben, für Inland wie für Ausland.“

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: Pharmazeutische Zeitung  

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