Wissenschaftler haben erstmals das Bereitschaftspotenzial vor einem Bungee-Sprung untersucht. © Strahil Dimitrov / 123rf.com

Gehirn | Bungee-Jumping

WIE BEREIT IST MAN WIRKLICH VOR EINEM BUNGEE-SPRUNG?

Im freien Fall von einem Baukran oder einer Plattform an einem Gummiseil befestigt in die Tief springen – Bungee-Jumping ist eine beliebte Extremsportart mit einem besonderen Adrenalinkick. Steht man kurz vor dem Sprung, gehen einem bestimmt zahlreiche Gedanken durch den Kopf. Forscher haben nun erstmals das Bereitschaftspotenzial vor einem Sprung untersucht.

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Psychiater und Neurowissenschaftler Surjo R. Soekadar und sein Doktorand Marius Nann von der Universität Tübingen haben erstmals das Bereitschaftspotenzial außerhalb des Labors und unter Extrembedingungen gemessen. Hierfür haben die beiden Wissenschaftler einen Bungee-Sprung aus 192 Metern Höhe herangezogen. Unter dem sogenannten Bereitschaftpotenzial ist die charakteristische elektrische Spannungsverschiebung im Gehirn, die eine bevorstehende willentliche Handlung anzeigt, zu verstehen. Dies geschieht noch bevor dem Handelnden bewusst ist, dass er kurz davor steht, eine bestimmte Bewegung auszuführen, wie in diesem Fall den Sprung. Die Ergebnisse der Studie können Sie hier nachlesen: https://www.biorxiv.org/content/early/2018/01/27/255083
DOI: https://doi.org/10.1101/255083

Hans-Helmut Kornhuber und Lüder Deecke haben das Bereitschaftspotenzial erstmals 1964 beschrieben. Hierfür wurden unter strengen Laborbedingungen die Hirnströme eines Probanden über hunderte von Fingerbewegungen gemessen. Obwohl es mittlerweile eine Vielzahl von Studien dazu gibt, wurde das Bereitschaftspotenzial bislang noch nie in lebensnahen Situationen gemessen. Ein wichtiger Punkt für das bisherige Auslassen dieser Messung war, dass sich die Spannungsverschiebung im Bereich lediglich in einigen wenigen Millionstel-Volt bewegt und dadurch die Messungen nur unter Laborbedingungen möglich waren.

Zu weiteren Forschungszwecken, insbesondere für die Weiterentwicklung alltagstauglicher Gehirn-Maschine-Schnittstellen, hatte es sich das Team zur Aufgabe gemacht herauszufinden, ob das Bereitschaftspotenzial auch in Alltagsumgebungen messbar ist. Ein interessanter zu untersuchender Punkt wäre auch, ob die Willenskraft, die für die Ausübung nötig ist, Einfluss auf die Ausprägung des Bereitschaftspotenzials hat. Soekadar und Nann konnten für ihre Studie auf zwei semi-professionelle Klippenspringer zurückgreifen. Die beiden Springer hatten sich bereit erklärt, dass ihre Hirnströme vor dem Sprung von der 192 Meter hohen Europabrücke bei Innsbruck gemessen werden.

Bereits nach wenigen Sprüngen war anhand der Messungen klar, dass das Bereitschaftspotenzial eindeutig nachzuweisen ist. Allein die geringe Zahl von Sprüngen belegt, dass das Bereitschaftspotenzial vor Bungee-Sprüngen sehr hoch ist, so der Doktorand.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: Universität Tübingen

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