Innere Uhr | Wundheilung
WANN HEILT EINE WUNDE AM BESTEN?
Seite 1/1 2 Minuten
Für die physiologische Organisation unseres Organismus sind Rhythmen sehr wichtig. Zellteilung, Atmung, Schlaf, Menstruation – all diesen Vorgängen liegt ein circadianer Rhythmus zugrunde, der zwar durch äußere Umwelteinflüsse wie Licht und Dunkelheit oder Temperatur beeinflusst wird, aber auch unter vollständiger Isolierung stattfindet. Entgegen früherer Annahmen, dass sich die innere Uhr im Suprachiasmatischen Kern im Hypothalamus befindet, geht man heute davon aus, dass jede Zelle über eine solche „Master-Clock“ verfügt. Daher ist es nur naheliegend, alle körperlichen zellulären Prozesse dahingehend zu untersuchen, so auch die Wundheilung.
Britische Wissenschaftler unter der Leitung von Nathanael Hoyle aus dem Medical Research Council in Cambridge fanden heraus, dass die Wundheilung insgesamt um 60 Prozent langsamer voranschritt, wenn die Patienten sich die Verletzungen zwischen acht Uhr abends und acht Uhr morgens zugezogen hatten, es dauerte also im Schnitt 28 Tage zur 95-prozentigen Wundheilung. Fand die Verletzung am Tage, also zwischen 8 Uhr morgens und 20 Uhr statt, konnte eine Heilung durchschnittlich nach bereits 17 Tagen festgestellt werden. Dazu untersuchten sie unter anderem Daten von 118 Patienten zwischen 18 und 60 Jahren mit Brandwunden unterschiedlichen Ausmaßes ohne durchgeführte Hauttransplantation.
Bei der Wundheilung (nach Gewebeverletzung durch z.B. Schnitte oder Verbrennungen) schließt sich nach der Einleitung der Blutgerinnung die Bildung eines Fibrinnetzes an, wodurch sich die Wundränder verkleben können. Im Wundgebiet wird jetzt die Zellteilung angeregt und sowohl Zellen des Immunsystems als auch Fibroblasten (Zellen des Bindegewebes) beginnen die eigentliche „Wundarbeit“. In der darauf folgenden Proliferationsphase werden neue Bindegewebezellen gebildet, die langsam den Wunddefekt auffüllen. Gleichzeitig wird das aufgebaute Fibrinnetz wieder abgebaut. Den Grund für die schnellere Heilung am Tag sehen die Forscher in genau diesen an der Heilung beteiligten Zellen. Tagsüber bewegen sich diese nämlich schneller zum Wundgebiet. Am Mausmodell konnten die Wissenschaftler zeigen, dass Aktin, ein Protein, das maßgeblich für die Aktivität und Beweglichkeit der Fibroblasten verantwortlich ist, circadian gebildet wird. Während der Wachphase produzierten die Mäuse mehr Aktin als im Schlaf. Dieses Phänomen erklären sich die Forscher als evolutionäre Entwicklung – die Gefahr sich zu verletzen ist tagsüber schließlich höher als nachts.
Natürlich kann das Wissenschaftler-Team die Steuerung durch die innere Uhr nicht konkret beweisen, aber der Verdacht eines rhythmischen Einflusses liegt nahe. Wer weiß? Vielleicht können die inneren Uhren unserer Zellen bald vor Operationen so eingestellt werden, dass die Wunden schneller heilen.
Farina Haase, Volontärin
Quelle: Apotheke adhoc