Schonende Therapie
WÄRMEBEHANDLUNGEN
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Wärme erweitert die Gefäße, was die Durchblutung verstärkt, sodass Stoffwechselprodukte leichter abtransportiert werden. Hilfreich ist das zum Beispiel bei Muskelverspannungen, da diese durch Sauerstoffmangel und daraus resultierende Stoffwechselstörungen im betreffenden Gewebe ausgelöst werden. Aber auch Gelenkschmerzen kann man gut mit Wärme behandeln, da sie die Gelenkflüssigkeit geschmeidiger macht und die Gelenke so besser „geschmiert“ werden. Bei Nasennebenhöhlenentzündungen verflüssigt die Wärme den zähen Schleim, wodurch er leichter abfließen kann. Infrarotlicht wird darüber hinaus noch eine Wirkung bei Warzen, Pickeln und Cellulite nachgesagt. Wissenschaftlich belegt ist das jedoch nicht.
Infrarotlicht geht unter die Haut Medizinische Wärmebehandlungen arbeiten mit dem unsichtbaren, wärmenden Teil des Sonnenlichts, der Infrarotstrahlung. Je nach Wellenlänge unterscheidet man zwischen Infrarot A-, B- und C-Strahlen. Therapeutisch wichtig sind die Strahlen mit einer Wellenlänge zwischen 760 und 1450 Nanometern – das sind alle Infrarot-A-Strahlen und ein geringer Teil der Infrarot-B-Strahlen.
Bis zu einer Wellenlänge von 1450 Nanometern können Infrarotstrahlen einige Millimeter tief in die Haut eindringen, während noch größere Wellenlängen vom Wasser in der Haut absorbiert werden. Nur wenn diese Tiefenwirkung gegeben ist, kann man therapeutisch etwas bezwecken. Innerhalb des Spektrums von 760 bis 1450 gibt es jedoch auch noch hautbelastende Anteile bei 944, 1180 und 1380 Nanometern. Hochwertige medizinische Infrarotlampen können diese schädlichen Frequenzen herausfiltern und lassen nur die therapeutisch wirksamen Anteile des Spektrums durch.
Was bei der Anwendung zu beachten ist Infrarotlicht kann bei einer Gesichtsbehandlung, wie sie bei Nasennebenhöhlenbeschwerden üblich ist, gefährlich werden. Denn das Licht dringt ja durch die obersten Hautschichten – und somit auch durch unsere dünnen Augenlider. Die Augen bei einer Anwendung nur zu schließen, reicht daher nicht aus. Vielmehr muss man eine spezielle Brille tragen, um Glaskörper und Augenhintergrund vor Schäden zu bewahren. Niemals darf man direkt in das Infrarotlicht blicken!
Ebenfalls zu beachten ist, dass Wärmebehandlungen bei akuten Prozessen eher kontraproduktiv sind. So können sie bei einer akuten Nasennebenhöhlenentzündung etwa dazu führen, dass sich die Bakterien explosionsartig vermehren. Daher sollten Wärmebehandlungen nur bei chronischen Beschwerden angewandt werden. Der Abstand zur Lampe sollte bei Nebenhöhlenerkrankungen etwa 25 und bei Muskel- und Gelenkbeschwerden circa 50 Zentimeter betragen. Dabei gilt: Man sollte sich wohlfühlen und im Zweifel eher einen größeren Abstand wählen. Muskel- und Gelenkbeschwerden werden zwei- bis dreimal pro Woche mit einer jeweils 20-minütigen Sitzung behandelt, Hals-Nasen-Ohren-Probleme dagegen drei bis fünf Mal pro Woche etwa 15 Minuten lang. Im Winter kann man die Behandlung auf bis zu drei Mal täglich aufstocken.
WÄRMEBEHANDLUNGEN NICHT ANWENDEN BEI:
+ Durchblutungsstörungen
+ Herz-Kreislauf-Störungen
+ Einnahme von Beta-Blockern
+ geringem oder fehlendem Wärmeempfinden
Achtung! Besondere Vorsicht ist bei gleichzeitiger Einnahme von fotosensibilisierenden Wirkstoffen geboten, da die Steigerung der Lichtempfindlichkeit zu Verletzungen der Haut führen kann. Zu diesen Substanzen gehören Antibiotika wie Doxycylin und Tetracyclin, harntreibende Mittel wie Hydrochlorotiazid oder Antirheumatika wie Ketoprofen und Ibuprofen. Ebenfalls fotosensibilisierend wirken einige Antihistaminika, Bluthochdruckmittel und Anti-Baby-Pillen sowie Malariamittel, Barbiturate und Gerinnungshemmer wie Phenprocoumon. Vorsicht walten lassen sollte man aber auch bei ätherischen Ölen, wie Lavendel- oder Zitrusöl, und Johanniskrautpräparaten.
Durch Dampf gesund Bei Atemwegserkrankungen werden häufig auch Inhalationen eingesetzt, die ebenfalls durch Wärme heilen. Während Infrarotbehandlungen auf trockene Wärme setzen, wird bei Inhalationen die Wärme durch Dampf transportiert. Die Dampfpartikel sind so groß, dass sie nur bis in die Luftröhre gelangen, weshalb Inhalationen bei Erkrankungen der oberen Atemwege sinnvoll sind.
Für eine Dampfinhalation bringt man etwa drei Liter Wasser zum Kochen, das man zusätzlich noch mit Kräutern oder ätherischen Ölen anreichern kann. Dann hält man den Kopf über den Wasserdampf, wobei man zuerst vorsichtig einatmen sollte, um die Dampftemperatur und eine eventuell reizende Wirkung der Zusatzstoffe zu testen. Ein Handtuch über dem Kopf kann die Wirkung verstärken. Damit die Hitze nicht zu intensiv wird, sollte man allerdings immer eine Seite offen lassen. Wichtig: Bei kleinen Kindern nie ätherische Öle zugeben, denn sie können lebensgefährliche Bronchospasmen auslösen! Kinder sollte man außerdem erst ab dem Schulalter alleine inhalieren lassen.
Bei Nasennebenhöhlenentzündungen haben sich Dampfinhalationen mit Kamille, Thymian oder Pfefferminze bewährt. Kinder sollten zwei Mal täglich etwa fünf Minuten lang inhalieren, Erwachsene zehn bis fünfzehn Minuten. In der Apotheke kann man auch fertige Dampfinhalatoren kaufen, die einfacher anzuwenden sind. Für Erkrankungen der unteren Atemwege gibt es die Aerosolinhalation, deren kleinere Partikel bis in die Bronchien vordringen können. Solche Inhalatoren kann man in der Apotheke ausleihen. Auf keinen Fall darf man sie jedoch mit ätherischen Ölen anwenden, da diese bei zu tiefer Inhalation Atemnot auslösen können.
Aerosolinhalatoren sollte man nicht anwenden, ohne die Beschwerden vorher ärztlich abgeklärt zu haben. Generell gilt auch bei allen Wärmebehandlungen: Bessern sich die Beschwerden nach einer Woche nicht, verschlimmern sie sich gar oder tritt hohes Fieber auf, sollten Sie zum Arzt gehen.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/11 ab Seite 84.
Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist