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Drogen

VOM SCHNELLEN KICK ZUM WELTSCHMERZ

Opium gehört zu den ältesten Drogen der Welt und war bereits in der Antike als potentes Schmerz- und Rauschmittel bekannt. Doch immer wieder verkam es zur Zivilisationsdroge.

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Bereits vor 4000 Jahren kannte man seine Wirkung und setzte es als Schlaf- und Schmerzmittel ein. Doch im antiken Rom wurde Opium zur Zivilisationsdroge. So konsumierten etwa Nero und Marc Aurel Unmengen an Theriak, einer speziellen Opiumlösung. Da Schmerzen im frühen Christentum als Strafe Gottes galten, wurde Opium per Papsterlass verboten. Erst im 11. Jahrhundert brachten arabische Ärzte die Substanz zurück nach Europa.

Einen zweiten Missbrauchsboom erfuhr Opium im 19. Jahrhundert, als die künstlerische Avantgarde es zur Quelle ihrer Inspiration auserkor. Erst im 20. Jahrhundert wurde die Droge kritisch diskutiert und hier zu Lande 1929 verboten. Doch der Handel, auch der illegale, floriert auch weiterhin. Heute sind die Hauptanbaugebiete Afghanistan und die Länder im Goldenen Dreieck: Thailand, Laos und Myanmar.

Saft des Schlafmohns Opium wird aus dem Milchsaft des Schlafmohns gewonnen. Dazu werden die noch unreifen Samenkapseln angeritzt, sodass der Milchsaft austritt. Er trocknet an der Luft, oxidiert dabei und verfärbt sich bräunlich-schwarz. Diese als Rohopium bezeichnete harzartige Masse riecht und schmeckt bitter-scharf. Pro Samenkapsel erhält man zwischen 20 und 50 Milligramm Rohopium, das bis zu 50 unterschiedliche Alkaloide enthält.

Die Rauschwirkung ist dabei in erster Linie auf das Morphin zurückzuführen, das als Hauptbestandteil des Opiums etwa zehn Prozent der Masse ausmacht. Andere enthaltene Alkaloide wie Codein und Thebain tragen jedoch ebenfalls zum Rausch bei. Das Morphin besitzt zudem schmerzstillende, beruhigende und schlaffördernde Eigenschaften und wirkt gegen Übelkeit. Da es auch den Tonus der glatten Muskulatur erhöht, verringert es die Motilität des Darms, sodass der Konsum von Opium zur Obstipation führen kann.

Das enthaltene Codein hingegen unterdrückt den Hustenreiz. Es besitzt nur eine geringe schmerzstillende Wirkung, potenziert jedoch die Wirkung anderer analgetischer Substanzen. Auch das Thebain besitzt nur geringe schmerzstillende Eigenschaften, wirkt jedoch anregend auf den Körper. Weitere Alkaloide spielen ebenfalls in die komplexe Wirkung des Opiums mit hinein, was dazu führt, dass der Rausch meist gleichzeitig als anregend und entspannend empfunden wird. Die Opiate in der Droge wirken, indem sie sich an Opiatrezeptoren andocken, die normalerweise den Effekt körpereigener schmerzstillender Substanzen vermitteln.

Der Weltschmerz geht – bis der Katzenjammer kommt Das Rauschgefühl setzt beim Opiumkonsum recht schnell ein. Nach einem Hochgefühl (Kick) kommt eine wohlige Ruhephase mit innerem Frieden. Man fühlt sich beschützt und unverwundbar. Nach etwa vier bis sechs Stunden lässt die Wirkung nach und die Konsumenten verspüren Unruhe, Krämpfe, Schüttelfrost und ein generelles Gefühl des „Katzenjammers“.

Rauchopium und Opiumtinktur
Rohopium kann auch zu Ersterem weiterverarbeitet werden, das wesentlich mehr Morphin enthält. Hierzu wird es geknetet, erhitzt, geröstet und mit einem Schimmelpilz fermentiert. Diese Substanz wird dann erhitzt und der Dampf inhaliert. In Wasser und Alkohol gelöst werden Rauch- oder Rohopium zu Opiumtinktur. Mit Wein vermischt wurde diese Tinktur als „Laudanum“ bereits im Mittelalter verwendet. Sie hatte beruhigende und schmerzstillende Wirkung, sodass man sie sogar bereits bei Kleinkindern als Beruhigungs- und Schlafmittel einsetzte.

Um diese Entzugserscheinungen zu bekämpfen, bedarf es eines erneuten Konsums, wobei die psychische Abhängigkeit schnell erreicht ist. Darüber hinaus entwickelt der Körper eine Toleranz gegen die Substanz, sodass die Menge stetig erhöht werden muss. Je höher die Dosis, desto mehr verändern sich jedoch auch die Rauschzustände. Aus Entspannung wird ein unkontrollierbarer Schlafdrang, aus Beruhigung Gleichgültigkeit und aus Tagträumen werden Halluzinationen.

Opium in der Therapie Einige Alkaloide des Opiums wie Codein, Papaverin und Noscapin wirken antitussiv und werden daher bei Reizhusten eingesetzt. Sie unterdrücken den Hustenreiz, indem sie über das zentrale Nervensystem beruhigend und zudem bronchienerweiternd wirken. Allerdings sollten die Substanzen nur über einen kurzen Zeitraum hinweg angewendet werden, da ein Abhängigkeitspotenzial besteht.

Reines Opium wird heute als Medikament nur noch bei chronischem Durchfall angewendet, sein Hauptalkaloid Morphin zur Schmerzbekämpfung. Für beides bedarf es eines Betäubungsmittelrezeptes. In Zukunft wird man Opiate jedoch womöglich bei Patienten einsetzen können, deren Schmerzempfinden aus dem Ruder gelaufen ist. Normalerweise wird ein Schmerzreiz über Nervenfasern an das Rückenmark weiter geleitet. Dort schüttet eine „sendende“ Zelle einen Botenstoff aus, der in einer „empfangenden“ Zelle an Rezeptoren andockt. So wird das Signal bis zum Gehirn weiter geleitet.

Bleibt der Schmerzreiz über eine lange Zeit bestehen oder ist er sehr stark, kann er die Synapsen, die Signalüberträger zwischen den Nervenzellen, verändern. Dadurch können die Neuronen auch dann Schmerzsignale weiterleiten, wenn der Schmerzreiz zu schwach ist, um die eigentliche Auslöseschwelle zu überschreiten. Somit reagiert der Körper übersensibel auf Schmerzen, das heißt, er hat ein Schmerzgedächtnis ausgebildet. Im Tierversuch konnten die Wissenschaftler bereits nachweisen, dass bereits eine einmalige Gabe von Opiaten die Synapsen so „zurückbaut“, dass sie wieder normal funktionieren – das Schmerzgedächtnis ist gelöscht. Zurzeit laufen hierzu erste Studien mit chronischen Schmerzpatienten.

Gesundheitliche Folgen des Drogenkonsums Die Süchtigen leiden meist an chronischer Obstipation, Gewichts- und Kräfteverlust sowie vorzeitiger Alterung. Dazu kommen Abstumpfung, Antriebslosigkeit und häufig auch Depressionen. Ein Entzug ist durch den starken psychi-schen Suchtdruck schwierig. Besonders gefährlich ist ein Rückfall, wenn die Toleranz des Süchtigen gegen Opium reduziert wurde, er aber die Dosis nimmt, die er gewohnt war.

Dann kommt es sehr schnell zu einer Überdosierung, die durch Atemlähmung und Herz-Kreislauf-Stillstand tödlich verlaufen kann. Die letale Dosis ist aufgrund der Toleranzbildung sowie individueller Parameter schwer zu bestimmen. Geht man bei einem Erwachsenen ohne Toleranzbildung von etwa 30 Milligramm Morphin aus, kann sie bei einer Gewöhnung leicht das Zehnfache betragen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/13 ab Seite 70.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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