Nahaufnahme einer Hand, die eine Pipette in Richtung der Sonne hält.
Gerade im Herbst und Winter sollte VitaminD supplementiert werden. © Helin Loik-Tomson / iStock / Getty Images Plus

Gesundheit | Vitamine

VITAMIN-D-STATUS UND COVID-19

Eine unzureichende Versorgung mit Vitamin D bzw. eine Vitamin D-Insuffizienz [25(OH)D < 30 ng/ml] im Herbst und Winter erhöht die Anfälligkeit für Infektionen der oberen Atemwege erheblich. Bekanntlich liegt der Schwellenwert für 25(OH)D für die Knochengesundheit bei 20-30 Nanogramm pro Milliliter. Für die extra-skelettalen und immunpräventiven Effekte ist eine 25(OH)D-Wert von mindestens 30 ng/ml, besser 40-60, notwendig. Um diese 25(OH)D-Spiegel zu erreichen müssten Kinder und Erwachsene täglich mindestens 50 I.E. Vitamin D pro Kilogramm Körpergewicht täglich supplementieren!

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In seiner Hormonwirksamen Form 1,25(OH)2D beeinflusst Vitamin D den zellulären Stoffwechsel über genomische und nicht genomische Stoffwechselprozesse. Dabei bindet 1,25(OH)2D überwiegend an den Vitamin D-Rezeptor (VDR) und nach der Bildung eines Heterodimers mit dem Retinoid-Rezeptor (RXR) transloziert dieser in den Zellkern, wo er an das so genannte Vitamin D-Responsive Element (VDRE) in der DNA bindet und die Transkription zahlreicher Gene (geschätzt: etwa 6000 humane Gene) kontrolliert.

Effekte von 1,25(OH)2D bei Covid-19 Infektionen
- Steigerung der angeborene und adaptiven Immunantwort
- Synthese von antiviral und antimikrobiellen Peptide (z.B. Cathelicidin LL37)
- Downregulation des Transmembranrezeptors ACE-2
- Regulierung der Th17/Th1-Treg/Th2-Balance
- Erhöhung der Lymphozytenanzahl
- Anti-inflammatorische Wirkung (z.B. CRP ↓, TNFα ↓)

1,25(OH)2D wirkt immunmodulierend und anti-inflammatorisch. Das Steroidhormon stärkt die angeborene und erworbene Immunität und fördert die Synthese antimikrobiell wirkender Peptide (z.B. Cathelicidin LL37). Die endogene Produktion antimikrobieller Peptide (AMP) wie Denfensine und Cathelicidin wirkt antiviral und senkt die Infektiosität von Erkältungsviren (z.B. Influenza, Corona).

Eine zentrale Rolle in der Pathogenese von Covid-19-Infektionen spielt das Angiotensin Converting Enzyme 2 (ACE-2). Das ACE-2 wird vor allem von Endothelien des Myokards und der Nieren, aber auch in den Epithelien des Respirationstrakts und Magen-Darm-Traktes exprimiert. Dieser Transmembranrezeptor ist Zielstruktur verschiedener Coronaviren, unter anderem von SARS-CoV und SARS-CoV-2. ACE-2 ermöglicht den SARS-Viren das Eindringen unter anderem in die Epithelzellen der Atemwege und die Parenchymzellen der Lunge.

1,25(OH)2D moduliert das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) und down reguliert das ACE-2. Auch die Lymphozytenanzahl wird durch Vitamin D erhöht und Akut Phase Proteine wie CRP gesenkt. Vitamin D unterstützt demnach den Verlauf und die Therapie von Covid-19 indem es einem Zytokinsturm entgegenwirkt und folglich der Entstehung eines akutem Atemwegssyndroms (ARDS), an dem vor allem multimorbide ältere Patienten versterben, entgegenwirkt.

In einer aktuellen retrospektiven Observationsstudie an 191 779 Patienten (Alter: ± 54) aus allen 50 Bundesstaaten der USA wurden die Infektionsraten bei SARS-CoV-2 mit dem 25(OH)D-Status der Infizierten im Zeitraum von Mitte März bis Mitte Juni 2020 verglichen. Dabei zeigte sich, dass bei SARS-CoV-2 positiven Personen der 25(OH)D-Status signifikant und stark invers korreliert mit der Infektionsrate (p<0,001). Diese Assoziation blieb auch unter Einbeziehung von demographischen Faktoren wie Breitengrad, Rasse, Geschlecht und Alter bestehen. Nach Aussage des Studienleiters Michael F. Holick von der Universität Boston liefern diese Daten die wissenschaftliche Dringlichkeit zu überprüfen, ob die Supplementierung von Vitamin D das Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion und die Lungenerkrankung Covid-19 reduziert. Das wird durch Ergebnisse einer weiteren aktuellen Studie aus dem Lancet von Holick et al. bekräftigt. Eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D bzw. eine Vitamin D-Suffizienz [25(OH)D > 30 ng/ml] verbessert signifikant den Verlauf und die Schwere einer Covid-19 Infektion.

Auch die Ergebnisse zahlreicher weiterer Studien bekräftigen seit Jahren die Notwenigkeit dringend das Thema Vitamin D in der Schulmedizin zum Wohle der Volksgesundheit und vor allem der älteren Menschen ernst zu nehmen.

Uwe Gröber, 
Akademie für Mikronährstoffmedizin (AMM)

Michael F. Holick,
School of Medicine, University Boston

Quellen:
Martineau AR, Forouhi NG, Vitamin D for COVID-19: a case to answer? The Lancet, Diabetes-Endocrinology, 2020; August 03, doi.org/10.1016/S2213-8587(20)30268-0
Xu J, Yang J, Chen J, Luo Q, Zhang Q, Zhang H. Vitamin D alleviates lipopolysaccharide induced acute lung injury via regulation of the renin angiotensin system. Molecular medicine reports 2017; 16(5): 7432-7438.
Maghbooli Z, Ebrahimi M, Shirvani A, et al., Vitamin D Sufficiency Reduced Risk for Morbidity and Mortality in COVID-19 Patients. The Lancet, 2020; D-20-12067.
Kaufman HW, Niles JK, Kroll MH et al., SARS-CoV-2 positivity rates associated with circulating 25-hydroxyvitamin D levels. PlosOne 2020; 15(9): e0239252.
Gröber U, Holick MF, Vitamin D: Die Heilkraft des Sonnenvitamins. 4., aktualisierte erweiterte Auflage, 490 S., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, 2020.

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