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Tob im Job

VIEL HILFT NICHT IMMER VIEL

Kennen Sie den Ceiling-Effekt? Er tritt zum Beispiel bei Ibuprofen auf: Ab einer bestimmten Dosis kann man trotz der Einnahme weiterer Tabletten die analgetische Wirkung einfach nicht mehr steigern.

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Dieser Sättigungseffekt wird nicht bei allen Arzneistoffen beobachtet. Man kennt ihn beispielsweise von den schwach wirksamen Opioid-Analgetika, wie Tramadol, und eben vom Ibuprofen. Trotz Dosissteigerung kommt es zu keiner Zunahme der Wirkung. Die Dosis-Wirkungs- Kurve erreicht ein Maximum bevor der Maximaleffekt des Wirkstoffes erreicht ist.

Halbe KraftSolche Ceiling-Effekte findet man vor allem bei Partialagonisten, also Substanzen, die an Rezeptoren binden und darüber eine Wirkung auslösen, die allerdings geringer ist als die von reinen Agonisten. Auch von sogenannten allosterischen Modulatoren kennt man den Ceiling-Effekt. Dies sind Substanzen, die den Effekt eines Agonisten am Rezeptor verändern. Sie binden an einer anderen Bindungsstelle als der eigentliche Agonist und führen zu einer Konformationsänderung des Rezeptorproteins.

Der Modulator kann so eine Verstärkung oder Abschwächung der Effekte des Agonisten bewirken. Bekannte allosterische Modulatoren sind die Benzodiazepine, sie erhöhen die Aktivität des GABA-Rezeptors. Wenn nun der Wirkstoff die für seine maximale Wirkung erforderliche Anzahl der Rezeptoren besetzt hat, ist keine weitere Wirkungssteigerung mehr möglich. Abzugrenzen ist der Ceiling-Effekt von der Toleranzentwicklung. Er ist unabhängig von der Dauer der Wirkstoffgabe und tritt schon bei der ersten Einnahme auf. Als Toleranzentwicklung dagegen bezeichnet man die Abnahme der Wirkung bei mehrfacher Einnahme.

Voller EinsatzNebenwirkungen, die nicht mit der einem Ceiling-Effekt unterliegenden Wirkung biochemisch in Verbindung stehen, können hingegen weiter zunehmen. Hohe Einzeldosen von Ibuprofen mit 800 Milligramm, wie sie in der Rheumatherapie wegen der entzündungshemmenden Wirkung verordnet werden, bringen für die reine analgetische Wirkung keinen Vorteil. Sie können jedoch die Schleimproduktion im Magen weiter verringern und zu Magenschmerzen und Magenschleimhautschäden führen.

Mehr Sicherheit Wenn man nun annimmt, der Ceiling-Effekt wäre stets ein Nachteil für einen Arzneistoff, dann liegt man falsch. Für das stark wirksame Opioid Buprenorphin bedeutet dieser Sättigungseffekt einen enormen Vorteil. Er konnte nämlich in diesem Fall für eine gefürchtete Nebenwirkung der Opioide, die Atemdepression, nachgewiesen werden. Das heißt, eine Dosissteigerung bewirkt keine nennenswerte Erhöhung des Risikos einer Atemdepression. Analgetisch vergleichbare Dosierungen von Morphin oder Methadon wären aufgrund der durch sie bedingten starken Atemdepression tödlich. Damit gilt Buprenorphin bei Überdosierung als sicherer im Vergleich zu anderen Opioiden und daher als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung starker chronischer Schmerzen. Hochdosiert kann es auch als Substitutionsmittel in der Therapie der Opioidabhängigkeit eingesetzt werden.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 04/17 auf Seite 140.

Sabine Breuer, Apothekerin/Redaktion

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