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Schwangerschaft und Stillzeit

VERHÜTUNG IN DER STILLZEIT

Stillen bietet entgegen der Ratschläge unserer Großmütter keinen zuverlässigen Empfängnisschutz. Es sind sichere Verhütungsmethoden gefragt, die weder die Milchbildung beeinträchtigen noch die Qualität der Muttermilch beeinflussen.

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Verhütungsmittel auf Hormonbasis gehören zu den sichersten und werden am häufigsten verwendet. Dabei sind orale Kontrazeptiva besonders beliebt. Allerdings sind nicht alle Pillen für stillende Frauen geeignet. Doch es existieren hormonhaltige Alternativen.

Minipille Unter den oralen hormonhaltigen Verhütungsmitteln sind nur reine Gestagen-Präparate, die auch als Minipille bezeichnet werden, eine Option in der Stillzeit. Klassische Estrogen-Gestagen-Kombinationen reduzieren aufgrund der enthaltenen Estrogene hingegen die Milchmenge und sind somit in der Stillzeit ungeeignet. Mit der Einnahme der Minipille sollte frühestens sechs Wochen nach der Entbindung begonnen werden. Sie erfolgt täglich ohne Pause. Durch die kontinuierliche Gestagengabe wird keine Menstruation ausgelöst, allerdings sind Schmier- und Zwischenblutungen möglich.

Ältere Minipillen-Präparate verwenden Levonorgestrel als Gestagen. Diese weisen eine geringere Sicherheit als Kombinationspillen auf, da sie nicht den Eisprung unterdrücken, sondern lediglich den Muttermundschleim verdicken und den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut verhindern. Zudem ist lediglich eine Abweichung vom Einnahmezeitpunkt von bis zu drei Stunden ohne Sicherheitsverlust möglich. Moderne Präparate mit Desogestrel hemmen zusätzlich die Ovulation. Sie haben daher eine vergleichbar hohe Sicherheit wie die Kombinations-Pille und erlauben eine maximale Überschreitung des Einnahmezeitpunktes um zwölf Stunden.

Alternativen zur oralen Pilleneinnahme Mangelnde Compliance oder Durchfall und Erbrechen beeinträchtigen die Sicherheit oraler Kontrazeptiva. Zuverlässige Alternativen, an deren tägliche Einnahme nicht gedacht werden muss und die den Magen-Darm-Trakt umgehen, können hormonhaltige Depotformen sein, die kontinuierlich Gestagen abgeben. Dabei kann die stillende Frau zwischen verschiedenen Applikationsformen wählen: Hormonstäbchen (Implantat), Dreimonatsspritze oder Hormonspirale. Ebenso kann eine Kupferspirale eingesetzt werden. Pflaster und Vaginalring sind keine Alternativen, da sie eine Estrogen-Gestagen-Kombination enthalten.

Implantierbares Verhütungsstäbchen echs bis acht Wochen nach der Geburt kann die Stillende ein hormonhaltiges Implantat bekommen. Das vom Arzt unter die Haut der Oberarminnenseite geschobene Stäbchen setzt kontinuierlich bis zu drei Jahre lang eine niedrige Gestagendosis frei, die zur Unterdrückung des Eisprungs ausreicht und somit eine hohe Sicherheit bedingt. Da sich das Polymer des Trägermaterials nicht abbaut, muss das Stäbchen durch einen kleinen Schnitt mit einer Klemme wieder entfernt werden. Nachteil des Implantats sind mögliche Blutungsunregelmäßigkeiten, wie sie auch bei anderen reinen gestagenhaltigen Kontrazeptiva häufig auftreten. Zudem kann sich eine bestehende Akne verschlechtern oder neu entwickeln.

Depotgestagene zur Injektion Alle drei Monate verabreicht der Arzt intramuskulär in den Gesäß- oder Oberarmmuskel der Frau eine Gestagenspritze, wobei die Dosis des Gestagens im Vergleich zu den anderen Gestagenpräparaten deutlich höher ist. Aufgrund der hohen Dosierung des Hormons wirkt die Spritze nicht nur peripher durch Verdickung des Zervixschleims und Beeinflussung der Gebärmutterschleimhaut, sondern auch durch Unterdrückung des Eisprungs und somit zuverlässig empfängnisverhütend.

Auch hier sind häufige Blutungsstörungen typisch, die bei 20 bis 50 Prozent der Verwenderinnen einen Therapieabbruch verursachen. Darüber hinaus führen die Depotspritzen häufig zu Nebenwirkungen wie beispielsweise Gewichtszunahme, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Nervosität, depressive Stimmung und Abnahme der Libido. Die Dreimonatsspritze darf frühestens sechs bis acht Wochen nach der Geburt verabreicht werden, da ansonsten Blutungen auftreten können. Für junge Frauen sind Depotgestagene zur Injektion nicht empfehlenswert, da die Gefahr einer Abnahme der Knochendichte besteht.

Hormonspirale Bei der hormonhaltigen t-förmigen Kunststoffspirale handelt es sich ebenfalls um ein reines gestagenhaltiges Kontrazeptivum. Die Spirale wird vom Arzt direkt in der Gebärmutterhöhle platziert, wo sie kontinuierlich über drei bis fünf Jahre hinweg das Hormon freisetzt. Die Hormonspirale verhütet sehr sicher, obwohl sie durch die niedrige Hormondosis keine Unterdrückung der Ovulation bewirkt. Sie führt lediglich zu einer Viskositätserhöhung des Zervixschleims. Wie bei anderen Gestagen-Monopräparaten auch, kann sich das Zyklusmuster verändern. Anfangs sind Schmierblutungen häufig, später sind sehr schwache und unregelmäßige Blutungen, aber auch ein Ausbleiben der Menstruation (Amenörrhö) möglich. Die Hormonspirale sollte erst nach sechs bis acht Wochen ab der Geburt eingesetzt werden. Bei früherer Anpassung besteht die Gefahr, dass sie wieder ausgestoßen wird oder eine Infektion auslöst.

Alternativ kann sich die stillende Frau auch eine Kupferspirale einlegen lassen. Durch das Kupfer, das ständig in kleinsten Mengen von der Spirale abgegeben wird, werden die Samenzellen auf dem Weg in die Eileiter in ihrer Beweglichkeit gehemmt, sodass es in der Regel nicht zur Befruchtung kommt. Das Kupfer trägt außerdem wesentlich dazu bei, dass der Aufbau der Gebärmutterschleimhaut gestört wird. Somit wird eine Einnistung – falls doch eine Befruchtung stattgefunden haben sollte – verhindert. Nachteile der Kupferspirale sind zumeist verstärkte oder verlängert auftretende Blutungen, die zudem häufig mit Schmerzen einhergehen. Darüber hinaus sind Unterleibsentzündungen eine seltene, aber ernsthafte Nebenwirkung, da sie das mögliche Risiko späterer Unfruchtbarkeit zur Folge haben können.

Notfallverhütung Die „Pille danach“ stellt eine Möglichkeit dar, nach einer Verhütungspanne eine ungewollte Schwangerschaft zu verhindern. Da die Hormone der Notfallpille zum Teil in die Muttermilch übergehen, gelten folgende Empfehlungen: Die Notfallpille sollte unmittelbar nach dem Stillen eingenommen werden. Bei Präparaten mit Levonorgestrel sollte das nächste Stillen erst nach acht Stunden erfolgen. Bei der Notfallpille mit Ulipristalacetat wird geraten, mit dem Stillen mindestens eine Woche auszusetzen. Um die Milchbildung in der Zwischenzeit aufrechtzuerhalten, sollte die Milch abgepumpt und verworfen werden. Für den Rest des Zyklus ist nach einer Notfallverhütung ein zusätzlicher Konzeptionsschutz notwendig.

Nicht-hormonelle Verhütungsmethoden Für Frauen, die keine Hormone verwenden wollen oder dürfen, stehen wirkstofffreie Verhütungsmethoden zur Verfügung. In der Stillzeit eignen sich vor allem Barrieremethoden wie Kondom, Diaphragma oder Portiokappe. Letztere sollten nach der Geburt immer neu angepasst werden, da körperliche Veränderungen während der Schwangerschaft eine Größenveränderung dieser Barrieremethoden nach sich ziehen. Der beste Zeitpunkt hierfür ist circa drei Monate nach der Entbindung, da sich dann der Beckenboden ausreichend zurückgebildet hat.

Werden die Barrieremethoden mit Verhütungsgelen kombiniert, können auch spermienabtötende Wirkstoffe wie Nonoxinol-9 darin enthalten sein. Diese gehen zwar in Spuren in die Muttermilch über, doch wurden bislang keine schädlichen Einflüsse auf die Gesundheit und Entwicklung des Säuglings nachgewiesen. Methoden zur natürlichen Familienplanung wie die Knaus-​Ogino-Methode, die Temperatur-Methode oder die Billings-​Methode sind während der Stillzeit unbrauchbar, da aufgrund der Hormonumstellung nicht vorhersehbar ist, wann sich der Zyklus und damit die fruchtbaren Tage einstellen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 07/19 ab Seite 24.

Gode Chlond, Apothekerin

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