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Narkolepsie

UNWIDERSTEHLICHER SCHLAFDRANG

Bei Betroffenen ist die Bereitschaft tagsüber einfach wegzunicken deutlich erhöht. Dagegen anzukämpfen ist unmöglich. Disziplin und Medikamente können vielen Patienten helfen.

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Davon, dass die Erkrankten mitten am Tag und in den unmöglichsten Situationen einfach einschlafen, haben viele im Zusammenhang mit Narkolepsie schon gehört. Aber bei den meisten Betroffenen ist die Krankheit weitaus komplexer: Acht bis neun von zehn Patienten leiden nämlich außerdem an Kataplexien, das heißt, ihre Muskeln erschlaffen plötzlich, ohne dass sie etwas dagegen tun können.

Bei etwa der Hälfte kommt es zusätzlich zu Schlaflähmungen, ebenfalls bei 50 Prozent treten so genannte hypnagoge Halluzinationen auf. Dazu kann jeder zweite Betroffene nachts nicht durchschlafen. Bei manchen Patienten ist schließlich „automatisches Verhalten“ zu beobachten. Wie stark das Leben durch die Erkrankung eingeschränkt wird, hängt von ihrem Schweregrad ab. Während leichter Betroffene mit der Krankheit trotzdem gut leben können und sogar erfolgreich Unternehmen gründen, ist für schwer Kranke an einen normalen Alltag oder gar Berufstätigkeit nicht zu denken.

Häufigkeit Etwa 26 bis 50 von 100 000 Menschen sind von betroffen. Hier zu Lande schätzt man die Zahl der Patienten auf etwa 40 000 Menschen. Im Durchschnitt kommen pro Jahr 0,74 neue Fälle pro 100 000 Einwohner hinzu. Vorwiegend tritt die Erkrankung erstmals zwischen 11 und 20 Jahren auf; auch zwischen 31 und 40 erkranken noch einmal Viele; bei jedem fünften Patienten beginnt die Narkolepsie bereits in den ersten zehn Lebensjahren. Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer an nicht diagnostizierten Patienten aus.

Plötzliche Schlafanfälle Tagesschläfrigkeit und Tagschlafepisoden treten bei allen Patienten auf. In der Regel sind sie auch die ersten Symptome der Erkrankung. Betroffene fühlen sich häufig müde und können es nicht verhindern, dass sie plötzlich von einem Moment auf den anderen einschlafen. Das kann zum Beispiel auch mitten im Gespräch oder bei jeder anderen Tätigkeit passieren. Zudem erleidet die überwiegende Mehrheit der Patienten immer wieder Kataplexien. Darunter versteht man eine plötzliche Erschlaffung von einzelnen Muskeln, Muskelgruppen oder sogar der gesamten Muskulatur.

Bei manchen ist der Verlust des Muskeltonus so vollständig, dass sie einfach zu Boden sinken. Dabei sind sie – anders als bei einer Ohnmacht oder bei Kreislaufproblemen – bei vollem Bewusstsein, können sich aber nicht äußern und sich nicht bewegen. Ausgelöst werden Kataplexien durch starke Gefühlsregungen wie Lachen, aber manchmal auch Ärger oder Erschrecken. Nach einigen Minuten endet der Anfall, und die Kontrolle über die Muskeln kehrt zurück.

Probleme beim Übergang zwischen Schlafen und Wachen Sowohl beim Aufwachen als auch beim Einschlafen können bei Patienten Schlaflähmungen und/oder Halluzinationen auftreten. Bei Ersteren sind Betroffene am Übergang vom Wach- in den Schlafzustand und auch vom Schlaf- und in den Wachzustand für mehrere Minuten unfähig sich zu bewegen. Dies wird oft von Ängsten begleitet. In dem Übergangszustand können auch Halluzinationen auftreten, die von den Betroffenen als real wahrgenommen werden.

Gestörter Nachtschlaf Zwar schlafen viele Patienten sehr schnell ein, aber etwa die Hälfte wacht nachts immer wieder auf und liegt dann wach – man spricht von gestörter Schlafkontinuität oder -fragmentierung. Dazu kommen vermehrte periodische Beinbewegungen. Diese machen alle Menschen im Schlaf, aber normalerweise nur in geringem Umfang.

Diagnose
Eine polysomnografische Untersuchung im Schlaflabor kann hilfreich sein. Im Einzelfall können zusätzlich eine Bestimmung des Hypocretinspiegels im Liquor , und eine HLA-Typisierung wichtige Hinweise liefern.

Bei manchen Narkoleptikern ist auch der REM-Schlaf gestört: Während bei Gesunden in dieser Phase die Muskeln erschlaffen, ist dies bei ihnen nicht der Fall. Versuchen sie am Tag, dem Druck einzuschlafen, nicht nachzugeben, so kann dies zu automatischem Verhalten führen. Dann führen Betroffene beispielsweise ihre Tätigkeit in einem Zustand der Schläfrigkeit automatisch weiter, wobei auch sinnlose Handlungen möglich sind. Die Betroffenen können sich hinterher nicht daran erinnern, was sie getan haben. In Einzelfällen kann es zu gefährlichen Situationen kommen.

Ursachen unklar Man geht davon aus, dass es sich um eine Autoimmunerkrankung handelt, bei der die Hypocretin-produzierenden Neurone im Gehirn angegriffen werden. Weiterhin ist bekannt, dass 98 Prozent aller Patienten einen bestimmten HLA-Typ haben. Allerdings haben weitere 25 Prozent der Bevölkerung ebenfalls diesen HLA-Typ, ohne zu erkranken. Es existieren Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen dem Grippeimpfstoff Pandemrix, der während der Schweinegrippepandemie eingesetzt wurde, und einem vermehrten Auftreten von Narkolepsie bei Kindern und Jugendlichen.

Behandlung Einem guten Teil der Patienten hilft es, wenn sie mehrmals am Tag eine für sie individuell optimale Zeit schlafen. Wichtig ist auch eine gute Schlafhygiene wie beispielsweise regelmäßige Schlafenszeiten. An erster Stelle der nicht-medikamentösen Therapien nennen die Leitlinien zur Narkolepsie verbesserte Coping-Strategien und meinen damit, dass es für die Betroffenen sehr wichtig ist zu lernen, wie sie mit ihrer Erkrankung umgehen können.

Falls nötig, werden die einzelnen Symptome der Narkolepsie mit unterschiedlichen Medikamenten behandelt: Gegen die Tagesschläfrigkeit werden Stimulanzien eingesetzt. Die Therapien der ersten Wahl umfassen Modafinil, Natrium-Oxybat und Methylphenidat. Off-Label werden auch Ephedrin, Dextroamphetamin und MAO-Hemmer angewendet. Die Kataplexien können ebenfalls mit Natrium-Oxybat behandelt werden. Außerdem kommen hier bestimmte Antidepressiva zum Einsatz.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/14 ab Seite 144.

Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

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