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Beratung von Querulanten

UMGANG MIT NERVENSÄGEN

Die meisten Kundengespräche verlaufen positiv, doch gelegentlich trifft man im Apothekenalltag auf Unruhestifter. Das ist wenig erfreulich. Können Sie mit schwierigen Menschen kommunizieren?

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PTA und Apotheker müssen sich tagtäglich auf die unterschiedlichsten Kundentypen einstellen. Dass man ihnen mit Freundlichkeit, Respekt und Wertschätzung begegnet, ist selbstverständlich. Allerdings können im Beratungsgespräch auch unangenehme Situationen entstehen, wenn Kunden ihrem Ärger Luft lassen, Forderungen (wie beispielsweise Bonbons, Taschentücher oder Zeitungen) stellen oder sich permanent über zu hohe Preise beschweren. Manchmal wenden sich die unzufriedenen Personen auch an den Apothekeninhaber und beklagen sich über Angestellte, die sich in ihren Augen nicht adäquat verhalten.

Querulanten Bei diesem sehr speziellen, aber zum Glück eher seltenen Kundentyp handelt es sich um Menschen, die über einen langen Zeitraum versuchen, eine als ungerecht wahrgenommene Situation zu Gunsten der eigenen Person auszugleichen. Im Verlauf der Zeit entwickelt ihr Verhalten eine Eigendynamik. 

Der Begriff "querulieren" stammt aus dem Lateinischen (queri) und bedeutet "vor Gericht klagen" oder "sich beschweren". Querulanten werden als rechthaberisch, verbissen, verbohrt, unbelehrbar und humorlos empfunden, während positive Eigenschaften wie ihre Prinzipientreue oder ihr Gerechtigkeitssinn durch das kämpferische Verhalten kaum zur Geltung kommen. Sie sind sehr gewissenhaft, jedoch anderen Menschen gegenüber stets misstrauisch. Mit Hilfe des querulatorischen Verhaltens befriedigen sie ihre Bedürfnisse nach Anerkennung, Aufmerksamkeit oder Sicherheit. 

Querulanz beginnt meist mit einer bagatellhaften Auseinandersetzung, die der Kunde als ungerecht empfindet: Vielleicht hat die PTA vergessen, die Medikamente auf die Kundenkarte einzutragen. Nachdem der Patient den Mangel entdeckt hat, wendet er sich beispielsweise (mündlich oder schriftlich) an den Apothekenleiter, bei schwerwiegenderen Fehlern gegebenenfalls sogar an die Apothekerkammer. Er unterstellt dem Apothekenpersonal Absicht und Boshaftigkeit und ist trotz Entschuldigungen nicht vom Gegenteil zu überzeugen. Die Fehler beziehungsweise die geringfügigen oder vermeintlichen Anlässe stehen schließlich in keinem angemessenen Verhältnis mehr zum rechthaberischen und misstrauischen Verhalten des potenziellen Querulanten. Auch bei weiteren Besuchen in der Apotheke thematisiert er das Missgeschick, wobei es ihm weniger um eine Lösung des Problems, sondern vielmehr um Vergeltung geht.

Kurz, knapp und klar Doch wie gehen Sie am besten mit schwierigen Personen oder gar mit Querulanten um? Auch wenn sich ein Kunde nicht besänftigen lässt, sollte das Apothekenpersonal beruhigend und wertschätzend wirken, sachlich und konsequent bleiben sowie den eigenen Standpunkt beibehalten. Zusätzlich sind ein selbstbewusstes Auftreten und eine klare Sprache von entscheidender Bedeutung für den Gesprächsverlauf. Um aufgeheizte Situationen nicht eskalieren zu lassen, ist es ratsam, Betroffene nicht in die Enge zu treiben oder bloßzustellen. Nehmen Sie stattdessen eine fürsorgliche Haltung ein und stellen dem Kunden Fragen, um herauszufinden, worum es ihm eigentlich geht. Bestenfalls sollte sich das Apothekenteam Gedanken über den Einzelfall machen: Wie kommen wir am besten an den Kunden heran? Sollen wir uns alleine oder im Beisein von Kol- legen oder Apothekenleiter mit der Person unterhalten? Manchmal ist es erforderlich, Grenzen zu setzen – etwa wenn der Querulant beleidigend oder ausfallend wird. Dann muss (zum Beispiel von Seiten des verantwortlichen Apothekers) klar kommuniziert werden, dass dieses Verhalten weder erwünscht ist noch geduldet wird. Das Gespräch kann dann abgebrochen oder auf einen späteren Zeitpunkt vertagt werden.

Die gute NachrichtReklamationen versus Beschwerden „Ich bekomme immer Rabatt auf die Kosmetik, das sollten sie doch allmählich wissen“, beschwert sich der verärgerte Kunde bei der Mitarbeiterin – eine unangenehme Situation im Apothekenalltag. Meist ist es nicht einfach, derartige Vorwürfe nicht als Angriff auf die eigene Person zu verstehen. Generell differenziert man zwischen Reklamationen, die das Produkt betreffen, und Beschwerden, die sich gegen die Leistung des Apothekenpersonals richten. Die Klagen der Kunden haben auch etwas Gutes: Man kann sie stets als Chance verstehen, die Geschäftsbeziehung durch einen entgegenkommenden Umgang mit der Situation zu stärken. Aufgebrachte Personen möchten zunächst einmal Dampf ablassen, bevor es möglich ist, mit ihnen eine sachliche Lösung für das Problem zu finden. Lassen Sie die Kunden ausreden, ohne sie zu unterbrechen oder ihnen zu widersprechen. Reagieren Sie dabei mit Verständnis, indem sie nicken oder Sätze wie „Ich verstehe.“ aussprechen. Natürlich ist es bei berechtigten Beschwerden wichtig, den eigenen Fehler zu beheben und sich für die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen. Bieten Sie Betroffenen eine zufriedenstellende Lösung an – oft kann die Kundenbindung dadurch sogar gestärkt werden. Nimmt das Apothekenpersonal Beschwerden ernst und kümmert sich um einen Ausgleich, empfinden Betroffene dies als positives Erlebnis und verlassen die Apotheke zufrieden.

Transparenz im Team Als Apotheke ist es notwendig, einheitlich zu handeln und am besten jeden Kontakt mit dem Kunden zu dokumentieren, um die Dynamik des Konflikts im Blick zu behalten. Es ist ratsam, das Thema „Reklamation und Beschwerden“ in Teammeetings zu behandeln und Strategien zum Umgang mit schwierigen Kunden festzulegen. Jeder Mitarbeiter sollte über die jeweilige kritische Situation, sei es eine Beschwerde oder eine Reklamation, aufgeklärt sein, um in der Abwesenheit des Ansprechpartners korrekt zu handeln und zu argumentieren. Für die Mitarbeiter, die sich mit der schwierigen Person auseinandersetzen, ist es außerdem entlastend, wenn sie nicht alleine an der Problemlösung arbeiten. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 04/19 ab Seite 112.

Martina Görz, PTA, Psychologin und Fachjournalistin

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