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Giftpflanzen

TÖDLICHER GOLDREGEN

Sie zählt zu den stark toxischen Pflanzen, die letal wirken können. Allerdings verhindert ein normalerweise schnell einsetzendes Erbrechen meist schwere Vergiftungen.

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Der Goldregen ist ein bis zu etwa sieben Meter hoch werdender Strauch oder kleiner Baum mit hellgrauen Ästen und meist überhängenden Zweigen aus der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae).

Ursprünglich stammt der Baum aus Süd- und Südosteuropa, wo er in freier Natur in Gebirgslagen wächst. Bereits im 16. Jahrhundert wurde er nach Mitteleuropa gebracht und als Zierpflanze kultiviert. Inzwischen ist er bei uns vor allem in Gärten und Parkanlagen zu finden. Gelegentlich verwildert die Pflanze auch in wärmeren und klimatisch begünstigten Lagen Deutschlands.

Goldgelber Blütenrausch Besonders auffällig sind die zahlreichen, goldgelben Blüten, die in 20 bis 30 Zentimeter langen hängenden Trauben stehen. Auf diese reichhaltige Pracht ist der hauptsächlich verwendete Name Goldregen zurückzuführen. Die etwa zwei Zentimeter großen Blüten haben die typische Form einer Schmetterlingsblüte, wobei die Oberlippe etwas kürzer als die Unterlippe ist.

Die Blütezeit erstreckt sich von Mai bis Juni. Danach entwickeln sich fünf bis acht Zentimeter lange und etwa einen Zentimeter breite bohnenähnliche Hülsenfrüchte, die mehrere flache, dunkelbraun-glänzende, bohnenförmige Samen enthalten und der Pflanze die Bezeichnung Bohnenbaum einbrachten. Die zunächst grünen Fruchthülsen verfärben sich mit der Reife dunkelbraun und bleiben den ganzen Winter über am Baum hängen. Der weitere gebräuchliche Name Kleebaum bezieht sich auf die dreizähligen, kleeähnlichen Blätter.

Giftige Gefahr Keiner der volkstümlichen Bezeichnungen verweist auf die Toxizität der Pflanze. Auch Gattungs- und Artname spielen nicht auf die giftigen Inhaltsstoffe an. Laburnum soll vom lateinischen alburunum abstammen, was sich auf das weiße Splintholz bezieht. Anagyroides erhielt die Pflanze aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit Anagyros foetida, dem im Mittelmeergebiet heimischen Stinkstrauch.

Der Goldregen ist aber die Pflanze, mit der sich Kinder am häufigsten vergiften. Bei den Giftinformationszentralen gehen wiederholt Meldungen über den versehentlichen Verzehr der Früchte und Blüten ein. Die Kleinen verwechseln die Früchte mit Erbsenschoten, die sie zerkauen und verschlucken oder sie lutschen an den auffälligen Blüten beim Spielen. Bei Erwachsenen gibt es Berichte über deren irrtümliche Verwendung als Würzmittel anstelle der ungiftigen Blüten der falschen Akazie (Robinia pseudoacacia). Auch werden Intoxikationen durch Trinken von Ziegenmilch beschreiben, vorausgesetzt die Tiere haben zuvor größere Mengen an Blättern und Zweigen des Goldregens gefressen.

Toxische Alkaloide Alle Pflanzenteile enthalten das stark giftige Alkaloid Cytisin. Besonders gefährlich ist jedoch der Genuss der Samen, da sie den höchsten Alkaloidgehalt aufweisen, der mit zunehmender Samenreife überdies stetig ansteigt. Die tödliche Dosis beim Kind beträgt 15 bis 20 Samen, was vier bis fünf Hülsenfrüchten entspricht. Bei Erwachsenen soll der Verzehr von 23 Samen lebensbedrohlich sein. Doch sind letal ausgehende Vergiftungen glücklicherweise selten. Ein normalerweise schnell einsetzendes, spontanes Erbrechen verhindert die Aufnahme großer Mengen an den giftigen Alkaloiden.

Nikotinähnliche Vergiftung Die Vergiftungserscheinungen setzen bereits innerhalb einer Stunde nach Resorption des stark toxischen Cytisins ein. Die Symptome ähneln einer Nikotinvergiftung, da Cytisin und Nikotin an den selben Rezeptoren im zentralen Nervensystem binden. Das Chinolizidin-Alkaloid wirkt vergleichbar wie Nikotin. Zunächst ist es zentral erregend, später lähmend:

Es beginnt mit einem Brennen im Mund- und Rachenbereich; heftiger Durst, Magenschmerzen und starke Übelkeit mit einem teilweise sehr lang anhaltendem Erbrechen kommen hinzu. Daneben treten Schwindel- und Schweißausbrüche sowie Sehstörungen bis hin zu Halluzinationen, Krämpfen und Lähmungen auf. Der Tod setzt durch Atemlähmung oder Kreislaufversagen ein.

»Die Vergiftungserscheinungen setzten innerhalb einer Stunde nach Resorption des stark toxischen Cytisins ein.«

Keine gängige Heilpflanze Von der emetischen Wirkung hat man früher medizinisch Gebrauch gemacht, indem man die Samen als Brechmittel einsetzte. Zudem diente der Goldregen als Therapeutikum bei Migräne, Neuralgien und Asthma. Die nikotinähnlichen Effekte nutzten Soldaten im zweiten Weltkrieg. Als Zigaretten knapp waren, rauchten sie die Blätter des Goldregens.

Heute findet die Pflanze aufgrund ihres giftigen Potenzials weder als Tabakersatz noch als Arzneimittel Verwendung. Allerdings kommt es in seltenen Fällen noch in der Homöopathie unter der Bezeichnung Cytisus laburnum bei nervös-depressiven Zuständen, bei Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, bei Schwindel und Hirnhautentzündungen zum Einsatz. Zudem ist der Wirkstoff Vareniclin, der zur Raucherentwöhnung eingenommen wird, vom strukturähnlichen Cytisin abgeleitet.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/13 ab Seite 140.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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