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Ernährung als Medizin

STRESS IM DARM

Ein Großteil der Betroffenen mit einer Fruktosemalabsorption bekommen ihre Beschwerden wie Krämpfe und Durchfall selbst in den Griff, wenn sie ihre Ernährung in drei Phasen umstellen.

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Laut Schätzung leiden etwa 30 Prozent der europäischen Bevölkerung unter einer Fruktosemalabsorption – im Volksmund als Fruktoseintoleranz bekannt. Sie vertragen die in Obst, Trockenobst, Fruchtsäften, Honig und einigen Gemüsesorten enthaltene Fruktose nicht. Auch als Süßungsmittel in industriell hergestellten Lebensmitteln (z. B. Limonaden) wird Fruktose häufig eingesetzt.

Ursache für die Unverträglichkeit ist ein defektes Transportsystem (GLUT-5) vom Dünndarm in den Blutkreislauf. Wird dort weniger Fruktose eingeschleust und verwertet, gelangt letztlich mehr in den Dickdarm. Dort wird sie von Bakterien der Darmflora zu Wasserstoff, Kohlendioxid, Methan und kurzkettigen Fettsäuren fermentiert. Dabei bilden sich unter anderem vermehrt Gase, was zu episodisch wechselnden Beschwerden wie Durchfall, Krämpfen und Blähungen führen kann. Aber auch über Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Schlafstörungen bis hin zu Depressionen wird berichtet.

Intensivierung der Beschwerden Der Zuckeraustauschstoff Sorbit (Sorbitol, E 420) kann das ohnehin bereits gestörte Transportsystem zusätzlich blockieren und so die Darmprobleme verstärken. Er ist natürlicherweise in Obst, Obstsäften sowie getrockneten Früchten enthalten, wird aber auch häufig als Hilfsstoff in Lebensmitteln eingesetzt (z. B. Backwaren, Süßwaren, Ketchup). Glukose (Traubenzucker) hingegen stimuliert die Fruktoseaufnahme aus dem Darm, sodass kleine Mengen an Fruktose besser vertragen werden.

Beruhigung des Darms Bei einer Fruktosemalabsorption können Betroffene selber aktiv werden. Dabei hat sich der Drei-Phasen-Ernährungsplan bewährt. Zu Beginn wird die Fruktosezufuhr drastisch reduziert und anschließend die individuelle Verträglichkeit ausgetestet. Eine dauerhaft fruktosearme Ernährung würde durch die eingeschränkte Lebensmittelauswahl die Deckung des Nährstoffbedarfs gefährden.

Karenzphase: streng fruktosearm ernähren Über die ersten zwei Wochen sollten Betroffene Fruktose und Sorbit komplett von ihrem Speiseplan streichen. Vor allem Obst mit einem hohem Fruktosegehalt (über 4 Gramm pro 100 Gramm) wie Weintrauben, Kirschen, Birnen, Äpfel, Kiwi, Heidelbeeren, Stachelbeeren sowie Dörrobst (z. B. Rosinen, Datteln, Feigen, Aprikosen, Pflaumen) oder Obstsäfte, Obstkompott, Marmeladen, Obstkonserven und Honig sollten konsequent gemieden werden. Saccharose (Haushaltzucker) mit der gleichzeitig enthaltenen Glukose stellt hingegen eine Alternative dar, denn er besteht aus einem Teil Glukose und einem Teil Fruktose.

Ebenso sollten die Betroffenen vorerst auf ballaststoffreiche und blähende Lebensmittel wie grobe Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte, Zwiebeln, Lauch, Kohl etc. verzichten, um den Darm nicht unnötig zu stressen.

Testphase: individuelle Toleranzgrenze ausloten Sind die Beschwerden abgeklungen, kann die individuelle Toleranzgrenze über etwa sechs Wochen ausgelotet werden. Dies geschieht per behutsamem und vorsichtigem Herantasten mit den Obst- und Gemüsesorten, die relativ wenig Fruktose enthalten. Dazu zählen beispielsweise Zitronen, Orangen, Johannisbeeren sowie Feldsalat, Gurken, Tomaten, Möhren, Kürbis, Rote Bete, Brokkoli und viele mehr.

Ganz langsam können nach einigen Wochen dann auch kleine Mengen kritischer Lebensmittel mit einem höheren Fruktosegehalt sowie blähende Speisen ausgetestet werden. Die vorübergehende Führung eines Ernährungstagebuches hat sich dabei bewährt, denn hier können die Patienten auch später noch gut nachvollziehen, was und in welcher Menge Beschwerden bei ihnen ausgelöst hat.

Diagnose über den H2-Atemtest
Eine breit gefächerte Differenzialdiagnostik ist zwingend erforderlich, um ein Reizdarmsyndrom, Zöliakie oder eine Laktoseintoleranz auszuschließen. Häufig jedoch liegt eine gleichzeitige Fruktose- und Laktosemalabsorption vor, sodass eine parallele Diagnostik empfehlenswert ist. Beide kann der Gastroenterologe mithilfe des Wasserstoffatemtests (H2-Atemtest) sicher herausfinden.

Langzeiternährung: langfristig gesund und beschwerdefrei Das Hauptziel des Drei-Stufen-Plans ist, dass sich Betroffene mit einer Fruktosemalabsorption langfristig so abwechslungsreich wie möglich ernähren, um ihren (Mikro-)Nährstoffbedarf zu decken ohne ihre individuelle Fruktosetoleranzgrenze zu überschreiten. Dieses Gefühl entwickeln Betroffene automatisch über die „Testphase“, denn in dieser Zeit lernt man, bewusster mit Lebensmitteln umzugehen.

Die Verträglichkeit fruktosereicher Lebensmittel wird zudem gesteigert, wenn Obst auf mehrere kleine Portionen aufgeteilt wird und die Sorten bevorzugt werden, die ein ausgewogenes Verhältnis von Glukose und Fruktose aufweisen. Äpfel und Birnen haben beispielsweise weitaus mehr freie Fruktose als Glukose. Ratgeber mit derartigen Tabellen liefern hier eine Entscheidungshilfe.

Zusatztipps Eine intakte Mikroflora ist eine gute Basis für die Ernährungsumstellung. So ist eine Darmsanierung mit einem probiotischen Produkt im Rahmen der Karenzphase empfehlenswert. Dieses sollte jedoch keine Präbiotika enthalten, da diese einen Zusatz von Inulin oder Oligofruktose enthalten. Das kann im Darm zu Verdauungsbeschwerden führen.

Zu Beginn der Ernährungsumstellung hilft vielen Betroffenen ein Präparat mit dem Enzym Xylose-Isomerase. Es ist in Kapseln zur Unterstützung der Fruktoseverdauung erhältlich. Die Ergänzung von Mikronährstoffen kann zudem helfen, die eigenen Reserven aufzufüllen, denn häufig kommt es durch die andauernden Durchfälle und die veränderte Darmflora auch zu einem Mangel zum Beispiel an Zink und Folsäure.

Einige Mediziner plädieren für eine initiale Behandlung mit einem Antibiotikum. Einige Studien zeigten, dass die Zerstörung der Darmflora eine gute Voraussetzung gibt, um sie dann mittels einer Darmsanierung in eine „gesunde“ Richtung zu lenken. Dieser Zusammenhang ist jedoch derzeit noch nicht ausreichend erforscht.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/13 ab Seite 76.

Andrea Pütz, Dipl. Oecotrophologin

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