Übergewicht | Mutter-Kind-Studie LiNA
STRESS DER MUTTER MACHT KINDER DICK
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Deutschland wird immer dicker, das betrifft auch die Kinder. Fast zehn Prozent der Kinder zwischen zwei und sechs Jahren sind übergewichtig, drei Prozent sogar adipös. Zwei Dinge stehen dabei als Ursache sicher fest: zu viel hochkalorische Nahrung und zu wenig Bewegung. Doch auch weitere Gründe werden diskutiert. „Mütterlicher Stress steht ebenfalls im Verdacht, zu einer Entwicklung von Übergewicht bei Kindern beizutragen“, sagt Ernährungswissenschaftlerin Dr. Kristin Junge vom Department Umweltimmunologie am UFZ. „Gerade das Zeitfenster während der Schwangerschaft und in den ersten Lebensjahren ist in der kindlichen Entwicklung sehr sensibel für äußere Einflüsse, die zu Krankheiten oder auch Übergewicht führen können.“ Die UFZ-Wissenschaftlerin untersucht daher zusammen mit der Biochemikerin Dr. Beate Leppert der Universität Bristol in ihrer aktuellen Studie wie sich mütterliches Stressempfinden während der Schwangerschaft sowie in den ersten beiden Lebensjahren auf die Gewichtsentwicklung des Kindes bis zum fünften Lebensjahr auswirkt. Passende Daten entnimmt sie dazu der Mutter-Kind-Studie LiNA, eine Langzeitstudie, in der sensible kindliche Entwicklungsphasen unter besonderer Berücksichtigung von Lebensstil, Umweltbelastungen und dem späteren Auftreten von Allergien, Atemwegserkrankungen und Übergewicht untersucht werden. Insgesamt konnten die Wissenschaftlerinnen auf die Daten von 498 Mutter-Kind-Paaren zurückgreifen und Fragebögen sowie BMI-Angaben auswerten.
Das Ergebnis: Ein hohes Stressempfinden im ersten Lebensjahr des Kindes erhöht das Risiko für das Kind einen hohen BMI zu entwickeln. „Die Auswirkungen durch mütterlichen Stress scheinen langfristig prägend zu sein“, sagt Kristin Junge. Und dies scheint besonders bei Mädchen der Fall zu sein. „Es gibt Studien, die zeigen, dass solche psychologischen Faktoren wie das Stressempfinden der Mutter von Jungen möglicherweise weniger intensiv wahrgenommen oder besser kompensiert werden“, erklärt Dr. Saskia Trump, Mitautorin der Studie. Im ersten Lebensjahr verbringen Mutter und Kind in der Regel sehr viel Zeit miteinander – genügend Zeit für das Kind, mütterlichen Stress aufzufangen. „In dieser Zeit sollte dem Befinden der Mutter daher besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden“, ergänzt Trump. Keine signifikanten Auswirkungen auf die Entwicklung scheint der empfundene Stress im zweiten Lebensjahr zu haben.
Mutter-Kind-Befragungen ergaben außerdem, dass bestimmte Stressoren zu einem erhöhten Stressempfinden der Mutter beitragen können. Dazu zählen laut Studie: (Verkehrs)Lärm, erschwerte Lebensbedingungen wie ein ungünstiges Wohnumfeld oder ein niedriges Haushaltseinkommen. Solche Voraussetzungen können nach den Autoren bei den Kindern langfristig zu Übergewicht führen. „Der von Müttern empfundene Stress sollte ernstgenommen werden“, sagt Junge. „Hebammen, Frauen-, Kinder- und Hausärzte sollten im ersten Jahr nach der Geburt des Kindes besonders aufmerksam sein für Anzeichen von Stress.“ Ein frühzeitiges Eingreifen oder Unterstützungsangebote sind dabei wichtig – so könnte nicht nur der Mutter, sondern auch dem Kind geholfen werden.
Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft