Ozon
SOMMER, SONNE, SCHLECHTE LUFT
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In einer Höhe von mehr als zehn Kilometern über der Erde, in der Stratosphäre, ist Ozon erwünscht und äußerst nützlich, hält es uns doch einen Teil der gefährlichen UV-Strahlen der Sonne vom Leib. In Bodennähe ist das aus drei Sauerstoffatomen bestehende Gas mit der chemischen Formel O3 hingegen ein großes Ärgernis – vor allem dann, wenn es in erhöhter Konzentration auftritt. Der Grund: Als Hauptbestandteil des berüchtigten Sommersmogs kann Ozon die Gesundheit belasten und unter anderem Atemwegsbeschwerden, Kopfschmerzen und Augenreizungen hervorrufen. Möglich auch, dass bei hohen Ozonwerten der Körper insgesamt schlapp macht und die Leistungsfähigkeit abnimmt.
Höchstwerte am Nachmittag In Bodennähe bildet sich Ozon durch komplexe Reaktionen von Sauerstoff und Luftverunreinigungen unter Einfluss von UV-Strahlen. Insbesondere flüchtige organische Verbindungen (volatile organic compounds, kurz VOCs) und Stickstoffoxide sind an diesen Reaktionen beteiligt. Diese Ozon-Vorläuferstufen werden größtenteils durch den Menschen verursacht – durch Autoverkehr und die Anwendung von Lacken und Lösungsmitteln. Wenn es jetzt im Sommer sonnig und heiß ist, bildet sich Ozon verstärkt. Hohe Werte werden meist in den Monaten zwischen Mai und September gemessen. Nachmittags herrscht dabei die höchste Ozonkonzentration, morgens ist sie am geringsten. Besonders hohe Ozonwerte werden am späten Nachmittag in ländlichen Regionen erreicht. Denn durch die Luftströmung können Ozonvorläufer und bereits gebildetes Ozon mühelos größere Entfernungen zurücklegen und so aufs Land und in verkehrsarme Gebiete transportiert werden.
Grenzen kennen Um gesundheitliche Risiken durch zu viel Ozon in der Luft zu verhindern, hat der Gesetzgeber Informations- und Alarmschwellenwerte festgelegt. Sie sind in der „39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes“, kurz 39. BImSchV, aufgeführt. Folgende Werte sind von Bedeutung:
• Der Zielwert: Zum Schutz unserer Gesundheit liegt der seit 2010 europaweit einheitliche
Zielwert für Ozon bei 120 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m3) – berechnet als
8-Stunden-Mittelwert. Er soll nicht öfter als 25 Mal pro Jahr (gemittelt über drei Jahre)
überschritten werden. „Langfristig soll der acht-Stunden-Mittelwert von 120 Mikrogramm
pro Kubikmeter während eines Kalenderjahres nicht mehr überschritten werden“, so das
Umweltbundesamt (UBA). Nach heutigen Erkenntnissen ist bei Ozonwerten bis zu
diesem Zielwert bei gesunden Menschen nicht mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen
zu rechnen. Dennoch empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 100
Mikrogramm pro Kubikmeter als Mittelwert über acht Stunden nicht zu überschreiten.
• Der Informationsschwellenwert: Bei einer Ozonkonzentration von mehr als 180
Mikrogramm pro Kubikmeter, gemessen als einstündiger Mittelwert, wird die
Bevölkerung durch staatliche Stellen über die Medien informiert. Gut so, denn durch
deutlich erhöhte Ozonwerte können vor allem bei empfindlichen Menschen
Beschwerden auftreten. Sinnvoll ist es für sie deshalb, ein paar Verhaltensregeln
zu befolgen. Das bedeutet zum Beispiel: Anstrengende Tätigkeiten im Freien vermeiden.
• Der Alarmschwellenwert: Er ist bei einer Ozonkonzentration ab 240 Mikrogramm pro
Kubikmeter, gemessen als einstündiger Mittelwert, erreicht. Gesundheitliche
Beeinträchtigungen müssen jetzt quer durch alle Bevölkerungsgruppen befürchtet
werden. Bei Überschreitung dieses Grenzwertes wird die Bevölkerung ebenfalls rasch
informiert und dazu aufgefordert, Anstrengungen im Freien zu vermeiden, vor allem
in den Mittags- und Nachmittagsstunden. Insbesondere gefährdete Personen sollten sich
bevorzugt in Innenräumen aufhalten. Der Alarmschwellenwert wird bei uns mittlerweile
nur noch sehr selten gemessen. Im bevölkerungsreichsten Bundesland
Nordrhein-Westfalen war die Ozonkonzentration im Sommer 2016 an einem Tag so hoch,
dass die Alarmschwelle überschritten wurde, im Sommer 2015 an zwei Tagen. In
Bayern wurden alarmierende Ozonwerte letztmalig im Jahrhundertsommer 2003 erreicht.
Grund zur Entwarnung ist das allerdings nicht, denn der gültige Zielwert von 120 Mikrogramm pro Kubikmeter wird auch bei uns immer noch zu häufig überschritten. Und bereits dann kann die Gesundheit in Mitleidenschaft gezogen werden. Dabei gilt: Je höher die Ozonkonzentration und je länger man ihr ausgesetzt ist, umso eher sind Probleme zu erwarten – wobei die Sensibilität gegenüber dem Reizgas individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. „Man geht davon aus, dass etwa zehn bis 15 Prozent der Bevölkerung besonders empfindlich auf Ozon reagieren“, so das UBA.
Ozonloch wird kleiner
Während in Bodennähe zu hohe Ozonwerte für Aufregung sorgen, mangelt es in der Atmosphäre an schützendem Ozon. Die dünner werdende Ozonschicht über der Antarktis, besser als Ozonloch bekannt, bereitet Grund zur Sorge. Doch die gute Nachricht lautet: Das Ozonloch scheint sich – rund drei Jahrzehnte nach dem globalen Entschluss, die ozonzerstörenden Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) zu verbieten – langsam zu schließen. Ein Forscherteam um Susan Solomon vom US-amerikanischen Massachusetts Institute of Technology (MIT) fand heraus, dass das Ozonloch zwischen September 2000 und September 2015 um mehr als vier Millionen Quadratkilometer geschrumpft ist. Das entspricht einer Fläche, die größer ist als Indien.
Angriff auf die Atemwege Vor allem die Atemwege leiden unter der Ozoneinwirkung. Neben Reizungen der Schleimhäute in den oberen Atemwegen kann das Gas bei tiefer und häufiger Einatmung verstärkt bis in tiefe Lungenabschnitte gelangen und dort durch seine hohe Reaktionsbereitschaft Gewebe schädigen und Entzündungen auslösen. Und das bedeutet auch: Wer sich bei hoher Ozonkonzentration im Freien körperlich anstrengt – zum Beispiel intensiv Sport treibt oder schwer arbeitet – und dabei tief ein- und ausatmet, ist besonders gefährdet. Säuglinge und Kleinkinder, Kranke und alte Menschen gelten ebenfalls als Risikogruppen. Atemwegsprobleme, Kopfschmerzen, tränende Augen, Leistungsabfall: Damit ist die Liste möglicher Gesundheitsschäden durch zu hohe Ozonwerte noch nicht vollständig. Tierexperimentelle Studien deuten darauf hin, dass die Ozoneinwirkung auch Veränderungen in den Zellen des Atemtraktes auslösen kann, die möglicherweise die Krebsentstehung begünstigen können.
Gründe genug, hohen Ozonwerten mit Nachdruck den Kampf anzusagen. Denn: Mit dem Klimawandel wird das Risiko hoher Konzentrationen in Zukunft steigen. Das UBA-Forschungsprojekt KLENOS (Klima Energie Ozon Staub) rechnet bis 2050 mit einem Anstieg von 30 Prozent bei den Tagen, an denen der Ozon-Schwellenwert von 120 Mikrogramm pro Kubikmeter überschritten wird. Lokal, insbesondere in Süddeutschland, könnte der Anstieg sogar noch größer ausfallen. Das Problem könnte allerdings begrenzt werden, wenn die Emissionen der Vorläuferstoffe des Ozons – vor allem Stickstoffoxide aus dem Verkehr und VOCs aus Lösemitteln in Farben und Lacken – sinken. „Nur wenn wir unsere Stickoxidemissionen in den Griff bekommen, können wir erhöhte Ozonbelastungen auch bei fortschreitendem Klimawandeln vermeiden“, so UBA-Präsidentin Maria Krautzberger
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/17 auf Seite 32.
Andrea Neuen, Freie Journalistin