Neue Sportarten
SKATEN + BIKEN= SKIKEN
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Bereits ihr Name impliziert, was sie so besonders macht und womit sie den bisherigen Inline-Skates einiges voraushaben: Stockeinsatz, Luftbereifung, robusten Rahmen und ein einzigartiges, hoch wirksames Bremssystem. Anders als Inline-Skates haben sie nur jeweils zwei Räder, die vor und hinter dem Fuß sitzen. Diese Räder sind richtige kleine mit Luft gefüllte Reifen, die ein Profil und einen Durchmesser von 15 Zentimetern haben. Der Vorteil gegenüber Inline-Skates ist auch, dass Skikes keinen integrierten Schuh besitzen. Sie verfügen stattdessen über eine spezielle Halterung, in der mittels Schnallen jeder beliebige Sportschuh befestigt werden kann.
So ist der Schuh nicht fest fixiert und die Skikes können jederzeit schnell ausgezogen werden. Wenn es mal tatsächlich in einem schwierigen Gelände nicht mehr auf den Reifen weitergeht, ist das eine große Hilfe. Schließlich will man ja nicht in Socken oder barfuß über spitze Steine oder durchs Hochmoor laufen. Der größte Clou an den Skikes sind allerdings ihre innovativen Bremsen. Dabei handelt es sich um eine dachförmige Konstruktion aus Messing und Aluminium. Sie blockiert die Räder von oben, indem der Fahrer einfach die Unterschenkel zurückdrückt: die so genannte Waden- oder Rückfallbremse. Eine tolle Idee und inzwischen weltweit patentiert.
Import aus Österreich Der Österreicher Otto Eder hatte die Idee mit dem Skiken. Denn er fand die bisherigen Inline-Skates für sein bergiges Zuhause zu gefährlich. Hinauf geht ja noch, aber wieder hinunter auf steilen und holprigen Pfaden? Nein, da musste sich was ändern. Und so baute Eder im Jahr 1997 seine ersten Skikes, die großen Zuspruch und entsprechend rasante Verbreitung fanden.
Sicherheitshalber vorher zum Arzt
Wer Zweifel an seiner körperlichen Leistungsfähigkeit hat – etwa ein Herzpatient – sollte sich vor dem Einstieg in die Skiker-Szene vom Arzt das OK einholen, dass bei ihm keine gesundheitsbedingten Einwände gegen das Skiken vorliegen.
Bringt von Kopf bis Fuß in Fahrt Beim Skiken wird der gesamte Körper intensiv trainiert. Das ist auch dem Stockeinsatz zu verdanken: Tempo wird gemacht, indem man sich über die beiden Stöcke abstößt und die Beine ausstemmt. Die Knie sind dabei gebeugt und der Oberkörper schwingt mit der Bewegung mit. Auf diese Weise lassen sich übrigens rasch flotte 30 Stundenkilometer erreichen. Radfahrer sind also locker abzuhängen. Und das macht Skiken zu einem so wirksamen Ganzkörpertraining:
- Krafttraining für den ganzen Körper Beim Skiken werden neunzig Prozent aller Muskeln des Körpers beansprucht, jedoch nicht überfordert – das ist ein entscheidender Punkt. Bei dem umfassenden Ganzkörpertraining wird besonders die Rückenmuskulatur und bedingt durch den Einsatz der Stöcke die Armstreckermuskulatur gestärkt. Ein weiterer Fokus liegt auf der Oberschenkelmuskulatur aufgrund des Ausstemmens der Beine unter steter Beugung der Knie. Das trainiert zugleich Beuger und Strecker von Hüfte und Beinen. Dies ist gerade für ältere Menschen sehr wichtig, denn diese Muskeln sind es, die vor Oberschenkelhalsbrüchen und Wirbelfrakturen schützen. Der Stockeinsatz schließlich kräftigt Kilometer für Kilometer jene Muskeln, die Schultergelenk, Schlüsselbein und Armknochen bewegen und schützen.
- Stärkung von Herz und Kreislauf Da beim Skiken so viele Muskeln des Körpers mitarbeiten, trainiert es auch Herz und Kreislauf sehr intensiv. So ist es gut geeignet, um neben Kraft auch Ausdauer zu erlangen.
- Schonendes Training der Gelenke Sämtliche Bewegungsabläufe beim Skiken sind weich und geschmeidig: Anders als beim Joggen, bei dem bei jedem Schritt das bis zu Dreifache des Körpergewichts abgefangen werden muss, bewegt man beim Skiken sein Gewicht gleitend voran. So bekommen die Gelenke und Wirbelkörper keinerlei Stöße und Stauchungen ab. Vielmehr werden die Gelenke sanft trainiert und besser mit Blut und damit auch mit Nährstoffen versorgt. Denn durch die muskulären Druck- und Zugkräfte auf die Knochen werden die Produktion von Gelenkflüssigkeit sowie die Durchblutung der Gelenke angeregt. Das sind die wichtigsten Voraussetzungen, um die Gelenke gesund und funktionsfähig zu erhalten. Skiken ermöglicht also ein schonendes Training der Gelenke, zugleich stärkt es Knochen, Sehnen und Bänder und macht sie erheblich stabiler. Das wiederum entlastet die Gelenke und stabilisiert besonders verletzungsanfällige unter ihnen wie das Sprung-, Knie-, Hüft- und Schultergelenk: Da die Muskelmanschette um das Gelenk herum aufgebaut und gestärkt wird, steigt der Schutz.
- Erhöhte Fettverbrennung Weil beim Skiken Kondition und Kraft zugleich in hohem Maß trainiert werden, wird die Fettverbrennung ordentlich angeregt. Zudem ist der sogenannte Nachbrenneffekt enorm, bei dem die Muskeln zusätzlich Fett verheizen. Ergebnis all dessen ist, dass Skiken ideal zum Erreichen und Halten des Idealgewichts ist.
- Verbesserte Koordination der Bewegung Nicht zuletzt sorgt Skiken auch dafür, dass sich die motorische Koordination – also die Abstimmung und Durchführung von Bewegungen durch die Muskeln – verbessert. Das ist ebenso gerade für ältere Menschen überaus wertvoll, da sie damit besser vor Stürzen und Knochenbrüchen geschützt sind.
On- und Offroader
Man kann mit Skikes auf nahezu jedem Gelände fahren. Ob Asphalt oder Wiese, Waldweg oder Steine – es gibt fast keinen Untergrund, auf dem das Skiken nicht möglich ist. Einzige wirkliche Hindernisse sind Schnee und Eisplatten. Wer darauf sporteln will, holt dann einfach wieder die Langlaufski raus.
Für jedes Alter Skiken können alle in jedem Alter, die etwas für ihre Gesundheit tun möchten. Auch total Ungeübte können einfach in diese neue Sportart einsteigen. Einzige Voraussetzung für das Skiken ist, dass man sicher stehen und laufen kann sowie dass körperliche Belastungen keine Gefährdung darstellen – das, was jede andere Sportart ebenso erfordert.
Das braucht der Skiker Natürlich die Skikes, Stöcke und ansonsten ganz normale Sport- und Freizeitschuhe mit einer festen Sohle. Spezielle Schuhe sind zum Skiken nicht nötig. Allerdings sollten besonders Anfänger einen Schuh tragen, der über den Knöchelbereich hinausgeht und diesen stützt. Das verleiht zusätzliche Sicherheit und Stabilität. Unerlässlich ist das Tragen eines Helms – zur eigenen Sicherheit und in einigen Ländern bereits Pflicht. Klassische Fahrradhelme sind ausreichend. Nicht unbedingt nötig, aber dennoch zu empfehlen sind Fahrradhandschuhe. Denn sie erleichtern die Handhabung der Stöcke und bewahren die Hände bei einem Sturz vor Schrammen. Apropos stürzen: Es empfiehlt sich ferner, Protektoren an Knien und Ellenbogen zu tragen. Sicher ist halt nun einfach mal sicherer.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/2021 ab Seite 110.
Birgit Frohn, Diplom-Biologin und Medizinjournalistin