Neugeborene | Hirnentwicklung
SCHLUCKAUF NOTWENDIG FÜR LEBENSWICHTIGE LERNPROZESSE
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Für ihre Studie werteten die Forscher das Schluckauf-Profil von 13 Neugeborenen aus, mittels EEG (Elektroenzephalografie). Somit lag ihnen eine grafische Auswertung der Hirnaktivität der Säuglinge vor. Diese Probanden befanden sich auf unterschiedlichen Entwicklungsstadien, waren teilweise bereits nach 30 Wochen geboren oder erst nach 42 Wochen. Das zeigte Einflüsse auf den Schluckauf und auf die Reaktionen, die sich im Hirn der Säuglinge abspielen, erklärten die Wissenschaftler um Lorenzo Fabrizi vom University College London.
Im Lauf der Entwicklung wird der Zusammenhang zwischen Hicksen und Gehirnwellenmuster ersichtlich: Nach dem Schluckauf können zwei Ausschläge verzeichnet werden, kurz darauf verzögert ein dritter. Das Muster erinnert an Aufzeichnungen, die bei Babys nach einem Geräusch verzeichnet werden. Die Vermutung liegt also nahe, dass der Säugling seinen eigenen Schluckauf hört, ihn mit dem wahrgenommenen Gefühl im Zwerchfell verknüpft und dadurch einen Lernprozess fördert, es also zur Neuverknüpfung verschiedener Neuronen kommt.
Gerade frisch nach der Geburt prasseln so viele neue Eindrücke auf einen Säugling ein, dass ständig Lernprozesse stattfinden und neue Nerven miteinander verknüpft werden. Der Schluckauf fungiert dabei, nach Ansicht der Wissenschaftler, wie eine Art Reizfeedback, das der Großhirnrinde hilft, die eigenen Körperprozesse zu katalogisieren. Eine ähnliche Funktion könnten Tritte im Mutterleib oder das typische Armwedeln von Babys haben.
Aber warum hört der Schluckauf dann nicht einfach auf? Warum leiden auch Senioren unter der lästigen Zwerchfellkontraktion? Zwar wird der Schluckauf mit der Zeit weniger, ganz aufhören tut er aber nie. Die Forscher vermuten dahinter ein lästiges Übel aus der Jugendzeit, das nie ganz verschwindet. Vielleicht liegt dem Ganzen auch ein schützender Effekt zugrunde: Wenn sich ein älterer Mensch aufgrund des Schluckaufs durch neuronale Rückkopplungen einer körperlichen Gefahr gewahr wird – beispielsweise beim Verschlucken oder Aufnahme giftiger Substanzen. Denn bei einer plötzlichen Druckänderung im Brustkorb können Problemstoffe schneller wieder aus der Speiseröhre heraus befördert werden.
Farina Haase,
Apothekerin/Online-Redaktion
Quelle: https://www.spektrum.de/news/schluckauf-hilft-babys-gehirn/1685412