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Erfrierungen

SCHÄDEN DURCH KÄLTE

Sie passieren schnell und oft unbemerkt. Bei Wind und nasser Kleidung müssen die Temperaturen nicht einmal unterhalb des Gefrierpunktes liegen, um dauerhafte Probleme durch Erfrierungen zu bekommen.

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Besonders Wintersportler und Bergsteiger haben ein erhöhtes Risiko, sich Erfrierungen zuzuziehen. Aber auch Obdachlose, geistig verwirrte Menschen und solche, die im Freien oder in Kühlhäusern arbeiten, erleiden häufiger Kälteschäden. Meistens sind die Akren, also Hände, Füße, Ohren, Nase oder Kinn, davon betroffen.

Genau wie Verbrennungen werden Erfrierungen in Schweregrade eingeteilt: Bei leichten Erfrierungen wird das Gewebe blass und kühl. Tückisch ist, dass man dabei schnell das Gefühl in der betroffenen Region verliert, sodass die Erfrierung zunächst oft unbemerkt bleibt. Die gute Nachricht: Leichte Erfrierungen heilen in der Regel ohne Narbenbildung ab. Mittelgradige Erfrierungen zeichnen sich durch mit hellem Sekret gefüllte Blasen aus. Diese können sofort nach dem Auftauen auftreten, manchmal aber auch erst nach Stunden oder gar Tagen.

Bei schweren Erfrierungen kommt es zu trockenen Nekrosen oder auch blauroten Blutblasen. Platzen sie, so entstehen nasse Nekrosen. Mittelgradige und schwere Erfrierungen heilen unter Narbenbildung ab; bei schweren Schädigungen können Amputationen nötig werden. Oft bleiben auch nach leichten Erfrierungen Kälteempfindlichkeit oder Missempfindungen in der betroffenen Region zurück. Auch kann sich die Beschaffenheit der Haut langfristig verändern. In der Regel haben schon einmal erfrorene Regionen eine erhöhte Gefahr für weitere Erfrierungen.

Was passiert im Gewebe? Erfrierungen sind meist eine Folge eines Schutzmechanismus, den unser Körper in Gang setzt, wenn die Temperatur im Körperinneren abzusinken droht: Um den Wärmeverlust über gut durchblutete Extremitäten zu verringern, und um den Körperstamm mit den lebenswichtigen Organen mit ausreichend Blut und Sauerstoff zu versorgen, werden die Gefäße in der Peripherie verengt (Vasokonstriktion).

Diese Kreislaufzentralisation hat Folgen: Der Wärmeverlust über die Extremitäten wird zwar vermindert, aber auch die Versorgung mit Sauerstoff nimmt dort ab – dadurch können Gewebeschäden entstehen. Bei andauernder Kälteexposition beginnen sich in den Zellzwischenräumen Eiskristalle zu bilden. Diese zerstören die Zellmembranen und führen dazu, dass Flüssigkeit aus den Zellen in den extrazellulären Raum strömt, um den osmotischen Druck auszugleichen. Schrumpfen die Zellen zu stark, können sie untergehen.

Auch die Zellen der Kapillaren und des Endothels werden auf diese Weise geschädigt, sodass Flüssigkeit aus den Gefäßen in das umlegende Gewebe austritt. Es bilden sich einerseits Ödeme, andererseits verdickt sich das Blut in den Gefäßen, wodurch sich der Blutstrom verlangsamt und die Gefahr für Thrombosen steigt. Je länger die Kälteexposition und je niedriger die Temperaturen, desto umfangreicher und tiefer die Schädigungen.

Maßnahmen Wichtig ist zunächst festzustellen, ob der Betroffene nur Erfrierungen hat oder ob möglicherweise auch eine allgemeine Unterkühlung vorliegt. In letzterem Fall ist diese zuerst zu behandeln. Bei milden Hypothermien sind Atmung und Kreislauf gesteigert, der Körper versucht durch Kältezittern der Unterkühlung entgegenzuwirken. Dabei ist der Betroffene bei Bewusstsein, zunächst eher erregt, später ruhiger.

Geeignete Maßnahmen in diesem Fall sind, den Betroffenen an einen warmen Ort zu bringen und nasse, kalte Kleidung auszuziehen und ihn stattdessen in warme Decken zu wickeln. Gezuckerte, warme Getränke sind hilfreich; Alkohol hingegen sollte vermieden werden, weil er eine Weitstellung der Gefäße verursacht, was wiederum zu einem gesteigerten Wärmeverlust führt. Bei einer mittelgradigen Unterkühlung verlangsamt sich die Atmung, die Muskeln werden starr und das Schmerzempfinden lässt nach.

Der Betroffene wird zunehmend müder bis hin zu Bewusstlosigkeit. Das Deutsche Rote Kreuz empfiehlt in diesem Fall, den Betroffenen zuzudecken und zu betreuen bis Hilfe kommt. Eine Herz-Lungen-Wiederbelebung kann erforderlich werden.

Behandlung von Erfrierungen Die betroffenen Körperteile sollten so bald wie möglich aufgetaut werden, allerdings nur, wenn keine Gefahr einer erneuten Erfrierung besteht. Dazu können beispielsweise die geschädigten Finger unter die Achselhöhle oder auf den Bauch gelegt werden. Versuche, die Finger aufzuwärmen, indem man sie anhaucht, sind kontraproduktiv, weil ihnen durch die Verdunstung der Feuchtigkeit weiter Wärme entzogen wird. Auch ein Reiben oder Massieren sollte unbedingt unterbleiben, da dadurch die Zellen mechanisch weiter geschädigt werden.

Sobald die Möglichkeit besteht, sollten erfrorene Extremitäten in einem Wasserbad aufgetaut werden. Dabei beginnt man mit lauwarmem Wasser und fügt stetig warmes Wasser hinzu, bis eine Temperatur von circa 41 °C erreicht ist. Da dies sehr schmerzhaft sein kann, empfiehlt sich der Einsatz von Analgetika. Leichte Erfrierungen heilen von selbst und ohne Narbenbildung ab. Bei mittelgradigen und schweren Erfrierungen, also bei Blasenbildung, ist auf jeden Fall ein Arzt oder ein Krankenhaus aufzusuchen. Oft wird allerdings das Ausmaß der Schädigung erst nach mehreren Stunden bis Tagen sichtbar.

Zur Behandlung kann der Arzt, je nach Bedarf, Aggregationshemmer, Vasodilatoren, Thrombolytika, Fibrinolytika und Schmerzmittel einsetzen. Die betroffene Extremität sollte hoch gelagert werden, um Ödemen vorzubeugen. Offene Wunden sind steril abzudecken, und es sollte an eine Tetanusimpfung gedacht werden. Bei schweren Erfrierungen kann die Abheilung Monate dauern.

ZUSATZ-INFORMATIONEN

Vorbeugen
Auch bei Temperaturen oberhalb des Gefrierpunktes kann es, vor allem aufgrund des Windchillfaktors, zu Erfrierungen kommen. Nasse, enge Kleidung und Schuhe verstärken den Effekt. Sie sollten daher gut sitzen sowie angemessen warm und möglichst wasserdicht sein. Das Gesicht lässt sich durch fettreiche Kälteschutzcremes und -lippenstifte schützen.

Besonders gut aufpassen sollte, wer weiß, dass er zu Durchblutungsstörungen neigt, also zum Beispiel unter dem Raynaud-Syndrom (Weißfingerkrankheit) leidet. Aber auch Alkohol und Nikotin erhöhen das Risiko für Erfrierungen: Alkohol durch die gefäßerweiternde Wirkung (gesteigerter Wärmeverlust) und Nikotin durch die Verengung von Blutgefäßen (verminderte Durchblutung). Vorsicht ist auch bei Ohrringen und Piercings geboten, weil das Metall sehr kalt werden und das Gewebe ringsum erfrieren kann.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/13 ab Seite 66.

Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

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