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PKA-Fortbildung 11/12 2012

QUALITÄT MACHT SPASS

Mit der Pflicht zum pharmazeutischen Qualitätsmanagement gemäß Apothekenbetriebsordnung erlangt der Begriff noch einmal stärkeres Gewicht. Was sollten Sie als PKA hierzu wissen?

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Traditionell in der Apotheke beheimatet und gelebte Realität sind Qualität und Qualitätssicherung, also sind dies keine neuen Themen. Nach der neuen, seit 12. Juni gültigen Apothekenbetriebsordnung müssen alle Apotheken ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) haben. Apotheken, die noch kein QMS haben, ist zu empfehlen, möglichst sofort mit der Einführung zu beginnen. Zwei Jahre Zeit gibt die ApBetrO bis zur vollständigen Umsetzung.

Dabei ist es nicht damit getan, sich einen neuen Dokumentationsordner zu kaufen, Papier auszufüllen und abzuheften oder einen Dienstleister mit der Einführung des QMS zu beauftragen. Apothekenleiter, die denken, es reicht, auf rein bürokratischem Weg den neuen Anforderungen zu genügen, verschenken eine Chance – denn QMS ist eine Methode der Unternehmensführung. Und: Es schafft ja keine neuen Vorschriften, sondern hilft die bestehenden besser einzuhalten. Ziel dabei ist eine ständige Verbesserung der erbrachten Leistungen. Ein Gesamtkonzept hilft Ihnen hierbei.

QMS umsetzen Zuerst sollte überlegt werden, welchen Nutzen der eigene Betrieb haben könnte. Dann gilt es die Einführung zu planen und Schritt für Schritt mit dem gesamten Team zu entwickeln. Ein QMS beantwortet ganz konkrete Fragen, die für jede Apotheke unterschiedlich ausfallen. Zum Beispiel: Wie können wir in unserem Team die Verwechslung von Arzneimitteln vermeiden? Was ist beim Beratungsgespräch alles zu beachten? Wie werden komplizierte Rezepturen Schritt für Schritt dokumentiert?

Qualitätsmanagementsysteme lassen sich nicht einfach von der Stange kaufen, sie müssen in jedem Betrieb eingeführt, gelebt und weiterentwickelt werden. Denn auch die Organisation von Betriebsabläufen ist in den einzelnen Apotheken durchaus unterschiedlich. QMS ist also kein Handbuch, das im Regal oder in der Schublade vor sich hin staubt. Ein Qualitätsmanagementsystem ist ein lebendes, kontinuierlich weiter zu entwickelndes Instrument. Hilfestellung bei Erstellung und Umsetzung bieten neben externen, auf Qualitätswissenschaft spezialisierten Unternehmen, einige Apothekenkooperationen sowie die Apothekerkammern.

Die Landes-Apothekerkammern bieten schon seit längerem QMS auf der Basis der allgemein gehaltenen DIN-Norm EN 9001:2000 an. Diese ist in Industriebetrieben übliche Praxis. Ergänzt werden diese Vorgaben durch wesentlich weitergehende höhere Anforderungen, was die apothekenspezifischen Elemente betrifft. Die gesetzlich vorgeschriebenen höheren Qualitätserfordernisse, dokumentiert in einschlägigen apotheken- und arzneimittelrechtlichen Bestimmungen und dem Bestreben verpflichtet, dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu entsprechen, werden dadurch umgesetzt.

Die ABDA hat 1999 mit einer Mustersatzung für das Qualitätsmanagementsystem der deutschen Apotheken begonnen und in jahrelanger Fortentwicklung eine Vielzahl von Leitlinien zur Qualitätssicherung erlassen sowie für die Zertifizierung ein bundeseinheitliches Gütesiegel (BAK-Qualitätssiegel) eingeführt. Gefordert wird eine externe Zertifizierung durch die neue ApBetrO allerdings nicht. Selbstinspektion, also die zu dokumentierende Selbstbewertung, ist Pflicht, eine externe Kontrolle wird lediglich empfohlen.

Dokumentation im Handbuch Es empfiehlt sich bei der Einführung zunächst mit der Normierung kleiner, überschaubarer Prozesse zu beginnen. Erfahrungen zeigen, dass eine kurz aber eindeutig formulierte Aneinanderreihung einzelner Schritte am einfachsten zu schreiben und nachzuvollziehen ist.

Jeder beschriebene Prozess sollte auf jeden Fall folgende Inhalte bieten:

  • eine Überschrift, zum Beispiel bei PKA: „Annahme und Bearbeitung von Direktsendungen”;
  • ein Erstellungs- beziehungsweise Freigabedatum;
  • eine Versionsnummer; infolge der Chronologie können Änderungen leicht nachvollzogen werden. Zur Versionsnummer sollte auch noch eine Änderungsbeschreibung in Form einer leicht nachzuvollziehenden Tabelle vorhanden sein, in der stichpunktartig die geänderten Teile aufgelistet sind, etwa Version 2: Änderung bei der Medikamentenablage. Version 3: Änderung an den ersten drei Prozessschritten.
  • Zielsetzung und Zweck des dargestellten Arbeitsablaufes innerhalb der betrieblichen Organisation;
  • Beschreibung der einzelnen Prozessschritte;
  • eine Unterschriftenleiste, damit problemlos die Kenntnisnahme durch die Mitarbeiter dokumentiert wird;
  • Benennung eines Prozessverantwortlichen, der auf Aktualität und sich verändernde gesetzliche Rahmenbedingungen achtet.

Ein Register ist praktisch, um die Nutzung des Handbuches im Apothekenalltag zu erleichtern. Ein elektronisches Qualitätsmanagementhandbuch (eQMH), wie es ebenfalls mittlerweile sowohl von externen Anbietern wie Apothekerkammern angeboten wird, vereinfacht es durch nutzerfreundliche Vorgaben, ansprechendes Design und einfache Handhabung wesentlich, das individuell auf die Einzelapotheke zugeschnittene QMS-Handbuch zu erstellen und zu pflegen. Der Aufwand für das Einpflegen neuer Prozesse, die Vernetzung mit bereits bestehenden Prozessen, die Umverteilung von Aufgaben und die Dokumentation der regelmäßigen internen Kontrolle (Audit) werden auf ein Minimum reduziert.

Zertifizierung – noch freiwillig! Sind die Prozesse optimiert, die Qualifizierung abgeschlossen und die Arbeitsschritte dokumentiert sowie die dafür Verantwortlichen benannt, muss die Apotheke sich mindestens selbst kontrollieren (internes Audit). Werden die festgelegten Arbeitsabläufe und -vorschriften auch tatsächlich eingehalten? Klare Verantwortlichkeiten und ein Mitspracherechte für Verbesserungen für alle Mitarbeiter helfen dabei, der vielgescholtenen „Betriebsblindheit” vorzubeugen. Nichts soll schließlich nur deshalb gemacht werden, weil es immer schon so gemacht wurde.

QUALIFIZIERUNG BRINGT SYSTEM
QMS soll möglichst großen innerbetrieblichen Nutzen erzielen. Arbeitsabläufe werden strukturiert. Durch schriftlich formulierte, standardisierte Arbeitsanweisungen (englisch: Standard Operations Procedures, SOP) mit klaren Beschreibungen und Zuständigkeiten sollen Fehlerquellen eliminiert sowie Arbeitsgänge effizienter gestaltet werden. Bei diesem Schritt der QMS-Erarbeitung fällt zunächst der fachbezogene Gewinn auf. Durch die notwendige Information und Schulung profitieren Mitarbeiter auch von den Erfahrungen der Kollegen. Missverständnisse werden vermieden, die Abfolge der Arbeitsschritte wird optimiert.

Indem überflüssige Tätigkeitsvorgänge abgebaut werden, kann dies auch Personalresourcen freisetzen, die an anderer Stelle sinnvoller einzusetzen sind. Bei Fehlen einer für die Arbeit sonst zuständigen Mitarbeiterin kann eine ungeübte Kollegin anhand des QMS-Handbuches diese Arbeit zwar sicherlich langsamer, aber ebenfalls korrekt erledigen. Neue Mitarbeiter können sich schneller einarbeiten und stellen weniger Fragen. Das Vermeiden von Fehlern und Missverständnissen verbessert die Kundenzufriedenheit und vermittelt eine positive Außenwirkung.

QMS-Änderungen sind kein Zeichen bisher schlechter Qualität, sondern zeugen von laufender Qualitätsverbesserung durch ein kreatives Apothekenteam, das QMS mit Leben füllt. Zusätzlich – aber nicht durch die ApBetrO-Novelle vorgeschrieben – kann die Apotheke sich extern zertifizieren lassen (externes Audit). Auditoren begutachten dann das Handbuch und seine praktische Anwendung in den Apothekenräumen und stellen den erfolgreichen Apotheken ein QMS-Zertifikat aus.

In der Außenwirkung bietet dieses, etwa das BAK-Qualitätssiegel, deutliche Wettbewerbsvorteile – und das nicht nur fürs Marketing, indem die Qualität für den Patienten und Kunden offenkundig gemacht wird! Heimversorgung oder Krankenhausbelieferung werden heute immer stärker an Apotheken gebunden, die ein entsprechendes Zertifikat vorzeigen können.

Gegenwärtige Knackpunkte Dass die Verpflichtung zum QMS gemäß ApBetrO nur pharmazeutische Tätigkeiten umfasst, nicht aber beispielsweise Botendienst, apothekenübliche Dienstleistungen und die wichtige kaufmännische Arbeit der PKA, ist nicht konsequent. So manche Apotheke hat hier ihre Betriebsabläufe auch schon genau festgelegt und dokumentiert – mit entsprechendem Kompetenzgewinn.

Typische und vorrangige Prozesse im PKA-Bereich sind die Bestellung, Warensendungsbearbeitung, sei es Großhandel oder Direktlieferung, Retourenvorgänge, anfallende Arbeiten beim Verfall von Ware, kurzum die gesamte Lagerpflege. Nicht nur rein betriebliche Abläufe, auch „weiche” Faktoren, wie Kundenumgang, Mitarbeiterorientierung und Resourcen, Produktauswahl, Dienstleistungen können unter QMS-Gesichtspunkten betrachtet und formuliert werden. Und auch weitere Elemente wie die arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Anforderungen lassen sich integrieren. Die Fehlerquote reduziert sich deutlich, so die Erfahrung von Apothekenleitern, die QMS konsequent umsetzen.

Gelebtes QMS bringt der Apotheke also einen deutlichen Mehrwert. Allerdings: Qualität hat auch ihren Preis. Dies scheint von der Politik, den Bürokraten, den Kassen noch nicht ausreichend erkannt worden zu sein. So werden beispielsweise die Durchführung regelmäßiger Selbstinspektionen und deren Dokumentation pro Jahr lediglich mit 35 Minuten für eine PTA angesetzt. Jeder Apothekenleiter, der schon mit einem QMS arbeitet, weiß, dass diese Aufwandsschätzung viel zu kurz bemessen ist. Wird ein QMS jedoch richtig eingesetzt, ist es keine überflüssige Bürokratie, sondern ein Instrument, die (pharmazeutischen) Prozesse zu hinterfragen und zu optimieren. QMS muss dabei vom ganzen Apothekenteam gelebt werden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/12 ab Seite 134.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin

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