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Unser Immunsystem – Teil 1

KRANKHEITSABWEHR

Infektionserreger wie Bakterien oder Viren sind immer und überall. Um uns vor ihnen zu schützen, nutzt unser körpereigenes Abwehrsystem verschiedene Strategien.

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Ein Entkommen vor Bakterien, Viren und Pilzen ist unmöglich. Dafür, dass wir trotzdem – in aller Regel – nicht krank werden, ist unser Immunsystem verantwortlich. Und dafür, dass wir wieder genesen, wenn es uns doch einmal erwischt hat, ebenfalls.

Zwei Komponenten: Angeboren und erworben Diese beiden Teile unseres Immunsystems arbeiten zusammen und fungieren als eine Art doppelter Verteidigungsring. Zur Keimabwehr noch vorgeschaltet sind aber zunächst physikalische und biochemische Barrieren wie unsere Haut, die Flimmerhärchen und der Schleim in unseren Atemwegen sowie die Magensäure. Überwindet ein Keim diese Hindernisse, greift zunächst die angeborene Immunabwehr: Sie besteht aus einem zellulären sowie einem humoralen Anteil.

Zu den Zellen, die Eindringlinge in unserem Körper sofort attackieren, gehören Granulozyten, Makrophagen und natürliche Killerzellen. Sie identifizieren den Eindringling mithilfe von Mustererkennungsrezeptoren, die sie auf ihrer Oberfläche tragen und mit denen sie für Pathogene typische Strukturen erkennen. Makrophagen und Granulozyten werden zusammen als Fresszellen bezeichnet. Die Aktivität der natürlichen Killerzellen richtet sich gegen Viren beziehungsweise gegen von Viren befallene Zellen. Das Immunsystem ist zudem für die Beseitigung der Reste zuständig, wenn sich alte oder geschädigte Zellen in Form des programmierten Zelltods selbst aufgelöst haben.

Die humorale Komponente des angeborenen Immunsystems ist das Komplementsystem, eine komplexe Kaskade von Plasmaproteinen im Blutserum, die mit Pathogenen interagieren, um deren Zerstörung zu vermitteln. Dies geschieht einerseits durch Lyse der Pathogene und andererseits durch ihre Opsonierung. Darunter versteht man eine Markierung ihrer Oberfläche, sodass sie wiederum von Makrophagen und Granulozyten aufgenommen und verdaut werden können.

Zudem stimuliert das Komplementsystem die Entzündungsreaktion, um den Schaden durch die Krankheitskeime zu begrenzen und Fremdsubstanzen sowie abgestorbenes Zellmaterial zu entfernen. Schließlich geben Zellen des angeborenen Immunsystems Botenstoffe wie Zytokine ab, die unter anderem den zweiten Verteidigungsring, das erworbene oder adaptive Immunsystem, stimulieren.

Erworbenes Immunsystem Dieses braucht ein paar Tage, bis es einsatzfähig ist. Millionen B- und T-Lymphozyten in unserem Körper tragen jeweils eine einzige Art Antigenrezeptor auf ihrer Oberfläche, mit der sie ein spezifisches Antigen eines Erregers erkennen und binden können. Trifft eine B- oder eine T-Zelle auf einen passenden Eindringling, den sie mit ihrem Rezeptor erkennt, so vermehrt sie sich – diesen Vorgang bezeichnet man als klonale Expansion. Auf diese Weise wird eine spezifische Immunantwort gegen genau diesen Erreger ins Leben gerufen.

Auch diese adaptive Immunantwort besteht aus einer zellulären und einer humoralen Komponente. Letztere beruht im Wesentlichen auf der Sekretion von spezifischen Antikörpern durch die B-Lymphozyten nach ihrer Vermehrung und Differenzierung. Sie binden an die Erreger und spielen eine wesentliche Rolle bei der Abwehr von Bakterien und der Neutralisierung von Toxinen.

Hier kommen wiederum das Komplementsystem sowie Makrophagen ins Spiel, indem sie durch Antikörper markierte Toxine und Erreger beseitigen. T-Lymphozyten stellen die zelluläre Komponente dar: Sie tragen ihre Rezeptoren zur Erkennung und Bindung der Eindringlinge auf ihrer Oberfläche. Damit sie die Eindringlinge erkennen, müssen sie ihnen „präsentiert“ werden. Dazu nehmen etwa Makrophagen, dendritische Zellen oder B-Zellen die Eindringlinge auf, zerlegen sie in kurze Aminosäure- Ketten und präsentieren diese zusammen mit MHC-Molekülen auf ihrer Oberfläche.

T-Lymphozyten eliminieren einerseits infizierte Zellen, andererseits arbeiten sie mit Zellen des angeborenen Immunsystems bei der Eliminierung von Fremdsubstanzen zusammen.

Immunologisches Gedächtnis Dieser komplexe Prozess der Erkennung, Vermehrung und Differenzierung ist der Grund, warum die adaptive Immunantwort erst nach einigen Tagen einsetzt. Nach der Eliminierung des Erregers bleiben spezifische Antikörper gegen ihn im Blut zurück. Zudem entstehen während der Abwehrreaktion Gedächtniszellen. Kommt der Körper später ein weiteres Mal mit demselben Erreger in Kontakt, so erkennt das adaptive Immunsystem ihn sofort und bekämpft ihn ohne Verzögerung.

Bei manchen Krankheiten sorgt das immunologische Gedächtnis auf diese Weise für eine lebenslange Immunität. Es bildet auch die Grundlage für Schutzimpfungen: Weil der Körper durch sie ein immunologisches Gedächtnis ausbildet, kann er bei Kontakt mit dem echten Erreger so schnell reagieren, dass wir nicht erkranken.

Anatomie Gebildet werden alle Immunzellen in den primären lymphatischen Organen, das heißt im Knochenmark (engl.: bone marrow, B-Zellen) und im Thymus (T-Zellen). Der Antigen-Kontakt sowie die Vermehrung der Lymphozyten finden in den sekundären lymphatischen Organen statt. Dazu gehören die Lymphknoten, die Milz, die Rachen- und Gaumenmandeln und die lymphatischen Gewebe der Schleimhäute im Darm (Blinddarm, Peyersche Plaques), in den Bronchien und im Atmungsepithel sowie andere Schleimhäute.

Aktiv gegen entartete Zellen Vielfach bilden Zellen, wenn Mutationen auftreten und sie zu Krebszellen werden, sogenannte Tumorantigene. Dies sind Proteine, die nur auf entarteten Zellen vorkommen. Unser Immunsystem ist in der Lage, diese Tumorantigene zu erkennen und betroffene Zellen zu eliminieren. Allerdings bilden nicht alle Krebszellen Tumorantigene und manche verlieren sie mit der Zeit wieder.

Solche Krebszellen sind für das Immunsystem nicht (mehr) als solche zu erkennen und können daher nicht beseitigt werden. Manche Krebszellen tarnen sich auch regelrecht oder senden Signale aus, die eine Immunantwort unterdrücken. So gelingt es ihnen der Immunüberwachung entgehen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/14 ab Seite 104.

Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

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