Extremsport
NERVENKITZEL ÜBER DEM ABGRUND
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Aber was genau verbirgt sich eigentlich hinter dieser Trendsportart, bei der man wie ein Seiltänzer kurze Strecken von A nach B zurücklegt? Es kommt schon öfter mal vor, dass man gerade bei warmen Temperaturen Menschen sieht, die eine Leine beispielsweise zwischen zwei Bäumen, meist kurz über dem Boden, gespannt haben und drüber laufen. Ok, klingt eigentlich ganz einfach oder doch nicht? Beim Slacklining balanciert man auf einem Spanngurt, meist aus Nylongewebe, der an zwei Befestigungspunkten angebracht ist. Dieser Gurt wird Slackline genannt. Gut aufgewärmt, betritt man dann die Slackline.
Anfänger merken sofort, dass man eine gewisse Gelenkigkeit, Koordination, Konzentration und Balance mitbringen sollte. Auch einen nicht eingeplanten Abstieg sollte man einplanen. Schnell wird klar, dass die Anforderungen an den Slackliner vielfältig sind und nicht unterschätzt werden dürfen. Im Gegensatz zum Balancieren auf einem Hochseil, wo man das Seil so straff spannt, dass es sich nahezu nicht bewegt, dehnt sich eine Slackline aufgrund des Gewichts des Slackliners. Dadurch ist der Nylongurt ständig in Bewegung, verhält sich also dynamisch, was dazu führt, dass die Eigenbewegung ständig ausgeglichen werden muss.
Sportart mit kurzer Vergangenheit Slacklining wurde Anfang der 80er Jahre im Yosemite Nationalpark, USA entwickelt. Die Kletterer Adam Grosowsky und Jeff Ellington waren die ersten, die auf die Idee kamen, ihre Kletterutensilien dafür zu benutzen. Die beiden begannen zunächst auf Absperrketten von Parkplätzen ihre Balance zu testen. Da dies gut funktionierte, zudem noch eine Menge Spaß machte und ein gutes Grundlagentraining darstellte, begannen sie damit, Kletterseile zwischen Bäumen zu verspannen. Danach verbreitete sich das Slacken in den Camps der Kletterer im Valley, um die Jahrtausendwende in andere Klettergebiete und ist heute auch außerhalb der Kletterszene bekannt.
Mittlerweile werden neun verschiedene Arten von Slacklines unterschieden. Die gebräuchlichste Art des Slackens ist das Trick- oder Lowlining, da man sich dabei kaum Gedanken über Aufbau und Absicherung der Line machen muss. Hierbei versucht man, auf einer etwa auf Knie- bis Hüfthöhe über dem Boden schwach gespannten Line, die ersten Schritte zu wagen und ein gewisses Maß an Grundsicherheit zu erlangen. Man wählt als Untergrund am besten weichen Boden wie Gras und Sand oder legt Matten unter, um Verletzungen zu verhindern, wenn man das Gleichgewicht verliert.
Königsdisziplin des Slacklinen Ob zwischen Wolkenkratzern, Schluchten oder Berggipfeln gespannt: Bei dieser Form dürfte wohl der größte Adrenalinkick zu spüren sein. Die Highline wird meist in bis zu 1000 Meter Höhe über dem Erdboden angebracht. Dadurch ist ein einfaches und vor allem gefahrloses Abspringen nicht mehr gewährleistet. Hierbei spielt nicht nur die Fähigkeit, das Gleichgewicht zu halten, eine Rolle, sondern vor allem die psychische Komponente. Selten werden Highlines auch ohne Sicherungsschlinge begangen. Highlining ist keine Sportart, die alleine absolviert werden kann.
Hierzu sind immer mindestens zwei Personen nötig, die das Seil spannen müssen. Eine Person bleibt dabei auf der Hauptseite stehen, während die andere sich wieder abseilt und auf der gegenüberliegenden Seite wieder aufsteigt. Anschließend wird das Band beidseitig mit Umlenkrollen und Blockern bis zur gewünschten Spannung straff gezogen. Highlining ist eine extreme Herausforderung für den Sportler. Gesichert wird er meist durch ein Fallseil, das am Klettergurt hängt und mit der Hauptlinie oder einer darunterliegenden Zweitlinie verbunden wird. Es gibt auch Sportler, die nur einen Minifallschirm als Schutzmaßnahme haben, andere verzichten sogar ganz auf eine Sicherung, was allerdings nicht zu empfehlen ist.
TIPPS FÜR EINSTEIGER
+ Am Anfang sollte man sich helfen lassen und entweder am Arm oder der Schulter eines Helfers über die Slackline gehen.
+ Immer darauf achten, dass die Fußspitzen nach vorne zeigen.
+ Vor dem Aufstieg beide Beine trainieren. Das macht das Umdrehen später auf der Slackline wesentlich leichter.
+ Beim Laufen auf der Slackline immer nach vorne schauen.
+ Lockerheit in Hüfte und Knien machen es leichter zu balancieren.
+ Die Höhe der Slackline sollte nicht über Kniehöhe liegen.
+ Die Länge sollte zwischen drei und maximal fünf Meter begrenzt werden.
+ Am Anfang sollte man erstmal nur auf einem Bein stehen und mit dem anderen ausbalancieren.
Was sollte man beachten? Waghalsig ist dieser Trendsport auf jeden Fall. Ein wenig Sicherheit erhält man, wenn man sich zuvor Gedanke macht, welches Material man benötigt und wie die Slackline befestigt wird. Im Gegensatz zu anderen Sportarten, wird zum Slacken gar nicht viel benötigt. Das wichtigste Utensil ist die Slackline selbst. Es wird meist ein Flachband mit 25 mm Breite verwendet. Manchmal werden gerade für Anfänger oder in der Therapie auch 30 mm, 35 benutzt. Die breiteren Bänder haben eine höhere Bruchlast und wesentlich weniger Dehnung und hangen kaum durch. Dadurch wird das Balancieren entscheidend erleichtert. Befestigt wird die Slackline an zwei Fixpunkten, wie beispielsweise Bäumen, Felsen oder Mauern. Die Kletterprofis haben ihre ganz eigene Variante, um das Band sicher zu spannen. Aber gerade Einsteigern fehlt das technische KnowHow und natürlich auch die Erfahrung.
Da ist doch eine einfachere Variante sinnvoller. Hierfür wird ein Set benötigt, das aus zwei Teilen besteht. Das sogenannte Band hat eine Schlaufe. Dieser Teil wird um den Baum gelegt und das Seil durch die Schlaufe gefädelt. Das andere Ende besitzt zusätzlich ein kürzeres Seil, das an einer Seite eine Schlaufe und an der anderen Seite eine Ratsche hat. Dieser Teil wird am anderen Baum befestigt. Die lange Line wird nun eingefädelt und mit der Ratsche gespannt. Mit dieser Variante kann die Slackline schnell und ohne Vorkenntnisse aufgebaut werden und man kann loslegen. Ob man mit oder ohne Schuhe auf die Slackline geht, ist Geschmackssache. Viele tendieren allerdings zu barfuß, da man so ein besseres Gefühl für das Laufen auf dem Gurt bekommt.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/17 ab Seite 132.
Nadine Scheurer, Redaktion