Gefahrstoffe
PRÄGNANTE PIKTOGRAMME
Seite 1/1 4 Minuten
Als Fallbeispiel dient eine Rezepturherstellung. Diese besteht aus dem Wirkstoff Miconazolnitrat, Triclosan und der Grundlage Basiscreme DAC. Nachdem die Plausibilitätsprüfung und auch die Herstellungsanweisung erfolgreich geschrieben sind, werden die Ausgangsstoffe zusammengesucht. Beim Blick auf die Aufbewahrungsgefäße nebeneinander fällt auf, dass verschiedene Warnhinweise angebracht sind. Basis für diese Auszeichnung ist die CLP-Verordnung der EU (siehe Ausgabe September „Gefährlich aber nicht kompliziert“).
Basierend darauf, dass alle Gefahrstoffe in drei Bereiche, 28 Klassen und sieben Kategorien eingeteilt werden, bestimmt diese Einteilung auch die Etikettierung der Ausgangsstoffe. Abgesehen von den allgemeinen Angaben wie Inhalt und Konzentration werden drei Gruppen von Sicherheits- und Warnhinweisen definiert: Gefahrenpiktogramme, H- und P-Sätze und Signalwörter. Im Folgenden wird die erste Gruppe erläutert, um den sicheren Umgang der herstellenden Person mit den jeweiligen Gefahren besser garantieren zu können.
PiktogrammeDie CLP-Verordnung definiert insgesamt neun Piktogramme. Diese sind rot umrandete Rauten mit einem schwarzen Symbol in der Mitte auf weißem Grund. Die einzelnen Piktogramme werden den Gefahrenkategorien zugeordnet; nicht den Gefahrenklassen. So soll das Ausmaß der Gefahr sofort erkannt werden. Die seit dem 31. Mai 2017 verpflichtend geltenden Piktogramme lösen die bis dahin geltenden Gefahrensymbole ab. Aufgrund der Herkunft der Piktogramme aus dem Global Harmonised System, werden diese mit der Abkürzung GHS in Kombination mit einer Zahl von eins bis neun beschrieben. In der untenstehenden Tabelle sind die jeweiligen korrespondierenden Symbole nebeneinander aufgeführt, vorausgesetzt es gibt einen Vorläufer.
Chemisch-physikalische Gefahren Außer der Zuordnung zu einer der sieben Gefahrenkategorien werden die Piktogramme ebenfalls den Gefahrenbereichen zugeordnet. Die erste Gruppe der Piktogramme „GHS01“ bis „GHS04“ wird dem Bereich der „chemisch-physikalischen Gefahren“ zugesprochen. Zu beachten ist hierbei die Hierarchie, die mit den Nummern einhergeht. „GHS01- explodierende Bombe“ beschreibt die größtmögliche Gefahr. Dieses Piktogramm wird allen Stoffen zugeschrieben, die als explosiv gelten, thermisch instabil sind oder nicht unter normalen Bedingungen zu verwenden oder zu transportieren sind. Diese Stoffe sind in der verarbeitenden chemischen und pharmazeutischen Industrie geläufig. Vor allem Reinstoffe sind mit diesem Piktogramm ausgezeichnet.
Als nächstes etwas schwächeres, aber nicht zu unterschätzendes Piktogramm wird „GHS02 – Flamme“ definiert. Es vereinigt die beiden Kategorien der Gefahrensymbole „Hoch- und Leichtentzündlich“. Alle Stoffe, die entzündbar sind, sich bei Be- rührung mit Luft entzünden, selbsterhitzungsfähig oder wasserreaktiv sind, werden so ausgezeichnet. Abgrenzend dazu steht die Gruppe der oxidierend wirkenden Stoffe. Das Gefahrensymbol „Brandfördernd“ wird nun durch das Piktogramm „GHS03 – Flamme über einem Kreis“ ersetzt. Diese Stoffe sind nicht immer brennbar, aber sie können einen Brand anderer Gefahrstoffe der Kategorien GHS01 oder GHS02 verursachen oder zumindest unterstützen, da sie die bereits vorhandenen Brände mit der Abgabe von Sauerstoff anheizen. Das neu eingeführte Piktogramm „GHS04 – Gasflasche“ kommt immer dann zur Anwendung, wenn Gase in einem Behälter unter Druck von mindestens 200 kPa stehen, verflüssigt oder tiefgekühlt sind.
Toxikologische Gefahren Die nächsten vier Piktogramme „GHS05“ bis „GHS08“ beschreiben die Risiken, die für die Gesundheit der herstellenden Person von Bedeutung sind. „GHS05 – Ätzwirkung“ ersetzt den Bereich des Gefahrensymbols „Ätzend“. Dieses Piktogramm bekommen alle Stoffe, die auf Metalle korrosiv wirken oder reizend bis ätzend auf menschliche Schleimhäute. Beim Piktogramm „GHS06: Totenkopf mit gekreuzten Knochen“ ist besonders vorsichtig zu arbeiten. Dieses steht für den zusammengefassten Bereich der Gefahrensymbole „sehr giftig“ und „giftig“. Ein einmaliger direkter Kontakt mit diesen Stoffen kann unter Umständen schon für eine schwerwiegende bis tödliche Vergiftung verantwortlich sein. Als Abstufungen des „GHS06“ gelten „GHS07 –Ausrufezeichen“ und „GHS08 – Gesundheitsgefahr“.
Diese beiden Kategorien teilen sich das vorherige Gefahrensymbol „Gesundheitsschädlich/reizend“. „GHS07“ warnt vor reizenden und schleimhautsensibilisierenden Stoffen. Weiterhin können diese Stoffe schon bei einmaliger Exposition eine spezifische Zielorgantoxizität auslösen. „GHS08“ kommt zusammen mit GHS07 am häufigsten in deutschen Apotheken vor. In den Bereich des „GHS08“ fallen alle CMR-Stoffe. Somit verbindet man mit dem sogenannten „Torso“ meistens DNA- Schäden, Schäden der Fortpflanzungsorgane und auch Fehlbildungen bei Neugeborenen. Weiterhin wird vor einer niedrigen Zielorgantoxizität gewarnt, die auf Dauer auch in kleinen Dosen erhebliche Schäden verursachen kann. Abschließend lässt sich zu den drei zuletzt genannten GHS-Symbolen sagen, dass die Gefahr mit der steigenden Zahl von akuter Gefahr zu chronischer Gefahr übergeht. Trotzdem sollte man das Gefährdungspotenzial speziell von „GHS08“ nicht unterschätzen.
Umweltgefahren Als letztes Symbol wird das Gefahrensymbol „Umweltgefährlich“ durch das Piktogramm „GHS09 – Umwelt“ ersetzt. Hierunter werden alle Stoffe geführt, die sowohl akut als auch chronisch gewässergefährdend wirken. In diesem Zusammenhang wird auch noch einmal „GHS07“ verwendet, dass auf die ozonschädigende Wirkung eines Gefahrstoffs verweist. Wie beschrieben hat jeder Bereich seine zugewiesenen Piktogramme. Allerdings muss nicht für jede ausgehende Gefahr ein Piktogramm verwendet werden. So werden bei einer Kennzeichnung mit „GHS01“ automatisch alle Gefahren, die bei „GHS02“ und GHS03“ bedacht sind, mit vorausgesetzt.
Die einzige Ausnahme ist gegeben, falls bestimmte Piktogramme verbindlich vorgeschrieben sind. Wo die Informationen zur genauen Gefahrstoffauszeichnung zu finden sind, welche weiteren Kennzeichnungsgruppen zu beachten sind und welche Informationen benötigt werden um die geeignete Schutzkleidung für die Herstellung einer Rezeptur zu erkennen, wird in den nächsten Artikeln der Gefahrstoffreihe ausführlicher besprochen.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 10/19 ab Seite 100.
Manuel Lüke, Apotheker, PTA-Lehrer für Gefahrstoffkunde