Aktionstage
POSITIV ZUSAMMEN LEBEN
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Weltweit gibt es 37,9 Millionen Menschen, die sich mit dem Humanen Immunodeficiency-(HI-)Virus infiziert haben, in Deutschland leben mit dem Virus rund 90 000 Menschen. Mit etwa 54 Prozent der HIV-Neuinfektionen sind Ost- und Südafrika am stärksten betroffen. HIV-Positive erleben noch immer einen gewissen Grad an Stigmatisierung und Ausgrenzung, obwohl sie bei rechtzeitiger Therapie ein relativ normales Leben führen können beziehungsweise könnten. Denn in vielen Ländern der Welt haben Infizierte keinen Zugang zu den lebensnotwendigen Arzneimitteln. Das ist vor allem dramatisch, da Aids vermeidbar ist, vorausgesetzt die HIV-Infektion wird rechtzeitig diagnostiziert und behandelt.
Der Welt-AIDS-Tag findet seit 1988 jährlich statt und erinnert mit zahlreichen Aktionen an die Krankheit. Vereine und Organisatoren rufen weltweit dazu auf, Solidarität mit Infizierten zu zeigen. Politik, Medien, Wirtschaft und die Gesellschaft sollen darauf aufmerksam gemacht werden, dass das HI-Virus noch längst nicht besiegt ist und Maßnahmen zur Vorbeugung, Aufklärung und Behandlung erforderlich sind. In Deutschland wird der Welt-AIDS-Tag durch die Zusammenarbeit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit der Deutschen Aidshilfe e.V. beziehungsweise der Deutschen AIDS-Stiftung organisiert.
Prominente wie Anni Friesinger, Christiane Paul oder Philipp Lahm sind hierzulande als Botschafter im Kampf gegen HIV und Aids aktiv, zeigen sich solidarisch mit HIV-Infizierten und tragen zur Medienwirksamkeit des Welt-AIDS-Tag bei. Der Aktionstag wird in Deutschland traditionell von einem speziellen TV-Programm begleitet, in dem die Sender Filme, Dokumentationen oder Moderationen zum Themenkomplex HIV und Aids zeigen. Ziele der Kampagne sind die Reduzierung der Neuinfektionen sowie die Verbesserung von Versorgung und Therapie. Außerdem soll für HIV-Betroffene und deren Familien ein würdevolles Leben selbstverständlich sein, ohne dass sie unter sozialen oder wirtschaftlichen Auswirkungen leiden.
The Red Ribbon Die rote Schleife ist ein Erkennungszeichen für alle die, die Solidarität mit HIV-Positiven und AIDS-Kranken ausdrücken. 1991 entwickelte die Künstlertruppe „Visual Aids“ in New York ein Symbol im Kampf gegen Aids: Die Idee der roten Schleife ist an die in den USA berühmten „Yellow Ribbons“ angelehnt – hierbei handelt es sich um gelbe Bänder, mit denen Familien auf die Heimkehr ihrer Kinder aus dem Krieg hoffen. Im Golfkrieg 1990/91 standen die gelben Bänder für die Verbundenheit der Vereinigten Staaten mit ihren kämpfenden Truppen. Die „Red Ribbon“ kam erstmals im Jahr 1992 nach Europa und wurde damals auf einem Freddy-Mercury-Gedächtniskonzert verteilt. 100 000 Personen trugen sie im Londoner Wembley-Stadion und wurden mit den Stoffbändern von mehr als einer Milliarde Menschen im Fernsehen gesehen. In Deutschland unterliegen die Rechte an der Schleife der Deutschen AIDS-Stiftung. Heutzutage verteilen Freiwillige sie am Welt-Aids-Tag rund um den Globus an die Bevölkerung.
Welt-Aids-Konferenz Im diesjährigen Juli fand die 23. Welt-Aids-Konferenz aufgrund der Corona-Pandemie virtuell statt. Dabei wurde auf verschiedene Probleme aufmerksam gemacht – unter anderem darauf, dass es bei Transpersonen hohe HIV-Zahlen gibt und Betroffene viele Diskriminierungserfahrungen im Gesundheitsbereich machen. Eine Studie hat zum Beispiel gezeigt, dass in den USA jede fünfte schwarze Transfrau HIV-positiv ist. Die Experten der Konferenz sind davon überzeugt, dass die Welt aus der Bekämpfung von HIV Lehren für die Corona-Krise ziehen kann. Sie hoffen jedoch auch, dass über die Corona-Krise die Aids-Forschung nicht vergessen wird und ihnen weiterhin Fördermittel zur Verfügung stehen.
HIV positiv? Die Diagnostik einer HIV-Infektion findet bei Gesundheitsämtern, beim Arzt, bei der Aidshilfe oder bei Checkpoints (anonym oder mit Beratung) statt. In der Apotheke sind seit 2018 Selbsttests erhältlich, mit denen sich Kunden zuhause eigenständig auf HIV testen können. Der Zeitpunkt darf nicht zu früh gewählt werden: Etwa zwei bis zehn Wochen nach der Ansteckung sind die spezifischen Antikörper erstmals nachweisbar, sind nach zwölf Wochen noch immer keine Antikörper vorhanden, liegt keine Infektion vor.
Die rote Schleife, das Erkennungszeichen für alle, die sich mit HIV-Positiven solidarisch zeigen, wurde in Europa erstmals auf einem Freddy-Mercury-Gedenkkonzert verteilt.
Wege der Infektion Die körpereigenen Abwehrzellen werden durch das HI-Virus zerstört – ohne Behandlung führt das zu der Krankheit Aids. Bei den HI-Viren handelt es sich um lymphotrope Lentiviren aus der Familie der Retroviren. Sie vermehren sich in speziellen Immunzellen, den sogenannten T-Helferzellen, in welche sie ihre genetischen Baupläne einschleusen. Eine Ansteckung ist durch Blut oder andere Körperflüssigkeiten wie Sperma, Vaginalsekret oder den Flüssigkeitsfilm der Darmschleimhaut möglich.
Eine Weitergabe der Viren über die oralen Schleimhäute ist sehr unwahrscheinlich. Riskant sind insbesondere ungeschützte Sexualkontakte, wobei die Höhe der Viruslast in den Sekreten ausschlaggebend für das Ansteckungsrisiko ist. Drogenabhängige laufen Gefahr einer parenteralen Inokulation, wenn sie kontaminierte Injektionsinstrumente (zum Beispiel beim Drogenmissbrauch) gemeinsam mit potenziell Infizierten nutzen. Auch während des Geburtsvorgangs oder beim Stillen ist eine Weitergabe der Erreger von Müttern auf das Kind denkbar.
Therapie ermöglicht normales Leben Die HIV-Infektion verläuft in drei Phasen und zwar in der primären, akuten Infektion und der symptomfreien Latenzphase, bis sie unbehandelt im Ausbruch von Aids mündet. Zwei bis drei Wochen nach dem Erstkontakt berichten Betroffene über unspezifische, grippeähnliche Beschwerden, da sich die Viren in diesem Stadium stark vermehren. Zu den Symptomen gehören Fieber, Nachtschweiß, Abgeschlagenheit, Durchfall, Lymphknotenschwellungen sowie schmerzhafte Schluckbeschwerden, diese verschwinden nach kurzer Zeit wieder.
Im Anschluss gibt es eine lange Zeit ohne Beschwerden (Latenzphase), die Monate bis Jahre bestehen kann. Ohne Therapie ist das Immunsystem irgendwann so geschwächt, dass es zum Ausbruch von Aids kommt. Allerdings muss das nicht sein, denn dank der antiretroviralen Medikation haben Betroffene mit HIV teilweise eine ähnliche Lebenserwartung wie die Allgemeinbevölkerung. Bei jungen Menschen mit HIV ist die Lebenserwartung aufgrund der modernen Arzneimittel nahezu normal – zu diesem Schluss kommt eine im Fachjournal „The Lancet“ veröffentlichte Studie.
Ausbruch von AidsUnbehandelt bricht als Spätfolge der Infektion mit dem HI-Virus die Krankheit Aids aus. Zuvor erkranken Betroffene an Gürtelrose oder an Pilzinfektionen der Haut und Schleimhäute, außerdem schwellen die Lymphknoten oft an. Das Immunsystem ist so stark geschwächt, dass es sich gegen Krankheitserreger nicht mehr behaupten kann. Beim Ausbruch von Aids kommt es zu schweren Lungenentzündungen, Pilzerkrankungen oder Erkrankungen des Nervensystems sowie des Gehirns.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/2020 ab Seite 98.
Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie und Fachjournalistin