Zwei Bauarbeiter graben mit schweren Maschinen einen Tunnel.
Tunnelgräber: Abwehrzellen graben Tunnel, durch die nachfolgende Zellen schnell hindurchgelangen. © dalomo84 / iStock / Getty Images Plus

Krebstherapie | Immunsystem

PIONIERZELLEN BEREITEN KAMPFTRUPPS DEN WEG

Jeden Tag suchen T-Lymphozyten in unserem Körper entartete Zellen. Welche Tricks die „Körperpolizei“ dabei nutzt, um sie aufzuspüren, erstaunt manchmal: So haben Forscher nachgewiesen, dass sie sich regelrechte Gänge graben, in denen sich die nachfolgenden Truppen in Form von weiteren Abwehrzellen leichter einen Weg bahnen.

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Jeden Tag entstehen in unserem Körper Krebszellen. Wenn das Immunsystem sie nicht effektiv genug eliminiert, können sie sich zu Tumoren entwickeln und zu einer lebensgefährlichen Krebserkrankung führen. Sie möglichst früh zu erkennen, das ist die Aufgabe der zytotoxischen T-Lymphozyten. Diese Abwehrzellen patrouillieren durch die Gewebe unseres Körpers und prüfen dabei anhand bestimmter Merkmale den Zustand von Zellen. Dann töten sie diejenigen ab, die den Organismus gefährden.

Kollagen um Tumor: schwer zu durchdringen
Um die entarteten Zellen zu finden, müssen sie sich durch komplexe biologische Mikroumgebungen bewegen. Diese sind meist von der extrazellulären Matrix geprägt, die Zellen umgibt und hauptsächlich aus Kollagen besteht. Bei verschiedenen Krebsarten wird das Kollagennetz in der Nähe von Tumoren dicht und steif.

„Zu verstehen, wie T-Zellen in solchen Geweben wandern, könnte zu neuen therapeutischen Strategien bei der Verhinderung von Metastasenbildung in frühen Krebsstadien führen“, meint Heiko Rieger von der Universität des Saarlandes in Saarbrücken. Sein Forscherteam hat dazu Nachbildungen der extrazellulären Matrix aus Rinderkollagen hergestellt, durch die sich die Zellen bewegen konnten.

Drei Geschwindigkeits-Stufen
Sie legten dabei die Gangarten schnell, langsam und gemischt ein und wechselten auch dazwischen. Um Kollagenfasern zur Seite zu schieben und so Kanäle in der extrazellulären Matrix zu bilden, sind sie beispielsweise eher langsam unterwegs. Es zeigte sich, dass wandernde T-Zellen einander auf genau derselben Bahn folgen können. Nachfolger bewegen sich dann besonders schnell in den kanalähnlichen Gängen der Kollagenmatrix.

Beinahe militärisch
Man kann diese Art der Abwehr geradezu militärisch nennen. Bevor ein Angriff im unwegsamen Gelände erfolgreich durchgeführt werden kann, stoßen zunächst die Pioniere vor und bereiten den Kampftruppen den Weg. Im Fall des Immunsystems heißt das: Langsam fortschreitende T-Lymphozyten graben Tunnel vor, durch die sich dann andere Immunzellen sehr schnell bewegen können, um die Tumorzellen zu erreichen und zu vernichten – „Kollagennetzwerke“ nennen das die Forscher. Sie vermuten einen gemeinsamen Migrationsmechanismus für beide Zellarten.

Das Team hofft, dass die Einblicke in das Bewegungsverhalten von Immunzellen im Körper zur Entwicklung neuer Ansätze im Kampf gegen Krebs beitragen und zur Entdeckung neuer therapeutischer Strategien führen.

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Hier geht´s zur Serie "Unser Immunsystem":
Teil 1 - Krankheitsabwehr
Teil 2 - Fehler mit Folgen
Teil 3 - Ausfall der Abwehr

Alexandra Regner,
PTA und Medizinjournalistin

Quelle: wissenschaft.de

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