Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG | Magen-Darm
PHYTOTHERAPIE BEI FUNKTIONELLEN MAGEN-DARM-STÖRUNGEN
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Prof. Dr. Martin Storr, niedergelassener Gastroenterologe in Starnberg, berichtete von einer 36-jährige Patientin, die seit mehreren Jahren unter abdominellen Krämpfen, postprandialem Völlegefühl und wechselnder Stuhltextur litt. Die Patientin war ansonsten gesund und hatte keine gastrointestinalen Vorerkrankungen. Im Urlaub besserten sich die Beschwerden. Die Diagnostik einschließlich Ösophagogastroskopie und Koloskopie brachte keinen wegweisenden Befund, so dass die Diagnose funktionelle Verdauungsbeschwerden gestellt wurde.
Gute Evidenz für Pfefferminzöl
„In dieser Situation lohnt sich immer ein Blick in die Leitlinien“, betonte Storr. Dort finden sich zur Behandlung des Leitsymptoms „abdomineller Schmerz“ neben chemisch definierten Spasmolytika auch Phytotherapeutika wie hochkonzentriertes Pfefferminzöl. Der Empfehlungsgrad „A“ basiert auf einer Metaanalyse der Cochrane Agency aus dem Jahr 2011, die 13 klinische Studien bezüglich der Therapie dieses Leitsymptoms untersucht hatte [1].
Storr riet seiner Patientin, für mehrere Wochen morgens und mittags (1-1-0) spasmolytisch wirksame Pfefferminz-Kümmelöl-Kapseln (Carmenthin® bei Verdauungsstörungen) einzunehmen. Bei der erneuten Vorstellung nach sechs Wochen berichtete die Patientin über eine deutliche Linderung der Krämpfe und des Völlegefühls.
„Um die gleiche Menge Öl in den Körper zu bringen, müsste man täglich elf Liter Tee trinken“, hob Storr hervor. Auf diesem Weg würde der Wirkstoff allerdings in den Magen statt in den Darm gelangen. Wichtig sei deshalb die Kapseltechnologie mit magensaftresistentem Überzug des Präparates. So lösen sich die Weichkapseln erst am Zielort auf, im alkalischen Milieu des Dünndarms.
Wie Storr betonte, sollte Carmenthin® 30 Minuten vor den Mahlzeiten eingenommen werden, damit der Freisetzungsprozess durch die nahrungsbedingte pH-Änderung im Magen nicht schon früher beginnt. Ebenso zu beachten sei ein zeitlicher Abstand zu Antazida und Protonenpumpenhemmern.
Carmenthin®: Breite Wirkung auf die Symptome
Im Gegensatz zu chemischen Wirkstoffen, die meist nur auf ein Symptom wirken, adressiert die pflanzliche Fixkombination verschiedene Beschwerden: Pfefferminzöl moduliert die Schmerzwahrnehmung und hat einen entspannenden Effekt auf die glatte Muskulatur des Verdauungstrakts. Dies erklärt die schmerzlindernde und krampflösende Wirkung [2, 3]. Kümmelöl hat nach Aussage von Prof. Dr. Heiner Krammer, Mannheim, einen antimikrobiellen Effekt auf die intestinale Bakterienflora und hemmt dadurch die Gasbildung im Darm. In einem in-vitro-Versuch reduzierte Carmenthin® darüber hinaus dosisabhängig die Schaumbildung von künstlichem Magen- sowie Darmsaft [4]. „Auf diese Weise können die Gärungsgase leichter über die Darmschleimhaut resorbiert werden.“ Beide Wirkstoffe verstärken sich gegenseitig und reduzieren die viszerale Hyperalgesie [5].
In einer Anwendungsbeobachtung wirkte Carmenthin® am besten auf die Symptome „Blähungen, Völlegefühl, Blubbern im Bauch und Aufstoßen“ [6]. Eine Head-to-Head-Studie mit dem früher verfügbaren Prokinetikum Cisaprid zeigte eine vergleichbare Reduktion der abdominellen Schmerzintensität [7].
Storr wies daraufhin, dass bei einer chronischen Erkrankung wie funktionellen Magen-Darm-Beschwerden keine Sofortwirkung zu erwarten sei. „In klinischen Studien baut sich die Carmenthin®-Wirkung über mehrere Tage auf und wird erst im Verlauf signifikant versus Plazebo [6, 3].“ Der Gastroenterologe empfiehlt eine Mindest-Einnahmedauer von zwei bis drei Monaten.
Reduktion der viszeralen Hyperalgesie
Wie PD. Dr. Matthias Engel vom Universitätsklinikum Erlangen, ausführte, unterscheidet sich die viszerale Schmerztherapie fundamental von den klassischen analgetischen Behandlungsoptionen. In der Pathophysiologie der viszeralen Schmerzempfindung scheinen der Kümmelölrezeptor TRPA1 und der Pfefferminzölrezeptor TRPM8 eine zentrale Rolle zu spielen. Interessanterweise führte im Mausmodell der kolorektalen Distension sowohl die Blockade als auch die Überstimulation dieser Rezeptoren zu schmerzlindernden Effekten. Dies funktioniere über die Desensibilisierung von Ionenkanälen und Nervenfasern, wie man sie beispielsweise auch von Capsaicinpflastern her kenne. „Aktiviert man einen Rezeptor dauerhaft, wird er unempfindlicher“, erklärte Engel. Dies sei ein weiterer Grund, die Patienten zu einer längerfristigen Einnahme des Präparates zu motivieren, zumal es sehr gut verträglich sei.
Dr. Martina-Jasmin Utzt
Literatur
[1] Ruepert et al., Cochrane Database of Systematic Reviews 2011
[2] Hills JM et al. Gastroenterology 1991, 101:55-65
[3] Harrington AM et al. Pain 2011, 152(7):1459-68
[4] Koch et al. Z Phytother 2015, 36 (Suppl 1):34-35
[5] Adam et al. Scand J Gastroent 2006, 41:155-160
[6] Noe S Der Internist 2016, 57 (Suppl 1): pp 42
[7] Madisch A et al. Arzneim Forsch/Drug Res 1999, 49 (II), 11:925-932