Berühmte Apotheker
PHARMAZEUTISCHER KÜNSTLER
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Mittelalter beziehungsweise Übergang zur frühen Neuzeit: Im Jahr 1613 erscheint eines der teuersten Bücher, die es bis dahin überhaupt gab: die erste und kurz darauf zweite Ausgabe des „Hortus Eystettensis“ (übersetzt: „Der Garten von Eichstätt“). Es war die erste umfassende Beschreibung eines botanischen Gartens. Die Herstellungskosten sollen sich – je nach Quelle – auf 12 000 bis 67 000 Gulden belaufen haben! Das Werk war mithilfe von feinen Kupferstichen im „Atlas-„ beziehungsweise im „Imperialfolio“, historischen großen Papierformaten auf schwerem Papier gedruckt, in der teureren Erstausgabe vornehmlich mit „de luxe“-Kolorierung.
Ein kolorierter Band soll anfangs gut 5000 Gulden, ein nichtkolorierter ein Zehntel davon gekostet haben. Die zweite etwas günstigere Buchhandelsausgabe mit einer Auflage von 300 Stück soll zu Stückpreisen zwischen 35 und 48 Gulden verkauft worden sein. Preisvergleich: Monatslohn eines Knechtes war etwa 8 Gulden, ein großes, stattliches Haus in Nürnberg konnte zwischen 600 und gut 2500 Gulden erworben werden. Das Besondere: Das Buch enthält nahezu alle zu dieser Zeit bekannten Kulturpflanzen, darunter 329 heimische Arten, 209 süd- und südosteuropäische, 63 asiatische, 23 amerikanische und neun afrikanische Arten.
Alle äußerst detailgenau, zweifelsfrei bestimmbar und genau beschrieben. Der Kupferstich ermöglichte detaillierte Feinheit und auch eine plastische Wiedergabe der dargestellten Pflanzen. Etwa 250 der beschriebenen Pflanzen waren Arzneipflanzen. Verfasser dieses beeindruckenden barocken Werkes war der Nürnberger Apotheker Basilius Besler. Er war der „Impresario“, verantwortlich für den Text, die Illustration (teils sollen auch die Zeichnungen von ihm stammen), den Druck und die Vermarktung. Doch wie war es dazu gekommen?
Existenzaufbau als Apotheker Basilius Besler wurde am 13. Februar 1561 als Sohn des an der Marienkirche in Nürnberg wirkenden Predigers Michael Besler (1512 bis 1577) und dessen Ehefrau Anna geboren. Über seine Jugend ist wenig bekannt, allerdings lässt sich seine Heirat mit Rosina Flock (1558 bis 1596), Tochter eines Nürnberger Arztes, am 31. Januar 1586 nachweisen. Schon damals muss er wohlhabend gewesen sein, denn noch im gleichen Jahr erwarb er die 1554 von der Apothekerfamilie Zimmermann betriebene Apotheke „Am Heumarkt“ in Nürnberg, später in Apotheke „Am Marienbild“ umbenannt.
Das dazugehörige Haus am Heumarkt, Ecke Egidienplatz, heute Theresienplatz genannt, kaufte er nur ein Jahr später für überliefert 640 Gulden. Die Apotheke in guter Lage muss weiter gut Gewinn eingebracht haben, denn 15 Jahre später erwarb er ein weiteres Haus mit Brunnen am Schwabenberg gegenüber der Stadtmauer für 1350 Gulden. Sein Ansehen als wohlhabender Apotheker kommt auch in seiner Position in der Stadt Nürnberg zum Ausdruck, denn von 1594 bis zu seinem Tod 1629 gehörte er als „Genannter“ dem Größeren Rat in Nürnberg an. Verheiratet war Besler praktisch immer: Als seine erste Frau mit 38 Jahren starb, heiratete er kurz darauf Susanna Schmidt (1576 bis 1628) und hatte mit ihr 10 Töchter und einen Sohn.
Steckenpferd Botanik Als Apotheker pflegte Besler einen eigenen botanischen Garten und unterhielt ein berühmtes Naturalienkabinett, welches er ebenfalls in zwei reich bebilderten Werken beschrieb. Mit den berühmtesten Botanikern seiner Zeit, etwa Carolus Clusius (1526 bis 1609) und Johannes Aichholtz (1520 bis 1588) stand er in engem Austausch und Kontakt. Beeinflusst vom Nürnberger Stadtarzt Heinrich Wolf (1520 bis 1581) widmete er sich auch der Herstellung chemiatrischer Präparate, ließ 1593 deswegen sogar einen „Catalogus Materialium arte chymica praeparatorum“ drucken mit chemischen, pflanzlichen und „Paracelsus-Medizin“-Produkten.
Dass Besler diese natürlich alle auch via seiner Apotheke vermarktete, also käuflich erwerblich anbot, versteht sich von selbst. 1597 beauftragte der Fürstbischof von Eichstätt, Johann Konrad von Gemmingen (1561 bis 1612) Besler mit der Anlage und Ausgestaltung eines botanischen Gartens auf dem Gelände der Willibaldsburg. Auf dem etwa einen Hektar großen Gelände wurde auf acht Terrassen der bald berühmte „Eichstätter Garten“ angelegt – unterstützt durch die Botaniker beziehungsweise Ärzte Joachim Camerarius d. J. (1534 bis 1598), Ludwig Jungermann (1572 bis 1653) sowie Carolus Clusius, der bereits den Residenzgarten in Wien geschaffen hatte.
Die Anlage des mit kostbaren und exotischen Pflanzen gefüllten Gartens war auch Repräsentation der fürstbischöflichen Macht. Die Pflanzen des Gartens abmalen und in einem Buch nach Jahreszeiten geordnet veröffentlichen zu lassen, kam anschließend auf Anraten und Initiative Basilius Beslers zustande. Besler veranlasste dann auch alle dazu notwendigen Arbeiten ab 1607. Konrad von Gemmingen sollte damit ein repräsentativer Band gewidmet werden, der gleichzeitig Fortsetzung der fürstbischöflichen Machtpräsentation darstellte – und natürlich auch den mit der Ausführung betrauten Besler ins rechte Licht rücken sollte. Fürstbischof Konrad von Gemmingen erlebte die Erstveröffentlichung allerdings nicht mehr – er starb 1612. Sein Nachfolger Christoph von Westerstetten (1562 bis 1637) protegierte den „Hortus Eystettensis“ jedoch weiter.
„... kam es, daß ich mich der pharmazeutischen Kunst zuwandte; denn ich mußte ja darauf sehen, daß ... möglichst viele der beschriebenen und präparierten Gräser, Pflanzen, Blüten, Wurzeln und Samen unverändert blieben ...“
Beslers Vermächtnis Aber auch anderweitig war Besler weiter aktiv. Er ließ 1608 einen äußerst markanten Erker am Eckhaus der Apotheke „Am Heumarkt“ errichten, kaufte 1616 ein weiteres Apothekenhaus „Am Herrenmarkt“ gegenüber der Lorenz-Kirche für 2500 Gulden für seinen einzigen Sohn Michael (1594 bis 1634), der dann dort eine Apotheke betrieb. Und nachdem seine zweite Frau 1628 gestorben war, heiratete er schon im Folgejahr erneut: Magdalena Hopfer (1598 bis 1632).
Doch schon sieben Tage nach dieser Hochzeit, am 13. März 1629, starb Basilius Besler in Nürnberg und wurde auf dem dortigen Johannisfriedhof beigesetzt. Tatsächlich hat Belser mit dem barocken Pflanzenmeisterwerk und seiner umfassenden Beschreibung Entscheidendes für seinen Nachruhm getan. Der „Hortus Eystettensis“ zählt auch heutzutage noch zu den großen Kostbarkeiten der botanischen Literatur.
Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin und Fachjournalistin
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/17 auf Seite 106.