Frühjahrsmüdigkeit
NUR NOCH EIN VIERTEL STÜNDCHEN ...
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Der Wechsel zur Sommerzeit kommt bei den Deutschen gar nicht gut an. Die meisten halten die halbjährliche Zeitumstellung für überflüssig. Sie kommen aus ihrem gewohnten Rhythmus und haben deshalb Probleme mit dem Einschlafen und folglich auch mit dem Aufstehen. Andere haben das Gefühl, auch tagsüber nicht in die Gänge zu kommen, gähnen den ganzen Tag und beklagen die Frühjahrsmüdigkeit. Bei den Betroffenen tun sich Stoffwechsel und Hormonhaushalt schwer, sich der Veränderungen der jahreszeitlichen Lichtverhältnisse anzupassen: Ist es im Winter länger dunkel und kalt, zeigen auch Menschen Symptome des Winterschlafs: die Körpertemperatur wird einige Zehntel Grad reduziert, der Blutdruck steigt etwas an und die Zirbeldrüse schüttet mehr von dem Schlafhormon Melatonin aus.
Von wegen Frühlingserwachen Wenn die Temperaturen jetzt wieder ansteigen, reguliert das Gehirn die Solltemperatur wieder nach oben, die Blutgefäße weiten sich, wodurch der Blutdruck abfällt. Insbesondere Menschen, die ohnehin eher zum niedrigen Blutdruck neigen, empfinden das als unangenehm. Sie fühlen sich schlapp oder sogar schwindelig. Der Melatonin-Spiegel passt sich den neuen Lichtverhältnissen nun allmählich an und überlässt dem Glückshormon Serotonin schrittweise das Parkett. Das passiert umso schneller, je mehr der Körper von den veränderten Lichtverhältnissen mitbekommt. Wer noch im Dunkeln zur Arbeit fährt und dort bestenfalls von Computerbildschirm beschienen wird, bei dem kann es etwas dauern, bis genügend UV-Strahlen auf die Sinneszellen der Netzhaut getroffen sind und das Gehirn ausreichend informiert ist.
Die Lösung liegt also auf der Hand: Mit möglichst langen Aufenthalten im Tageslicht ohne Sonnenbrille gelingt es die Müdigkeit zu überlisten. Wer diesen Tipp umsetzt, macht es dem Körper leichter, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. Die Bildung von Melatonin geht zurück und stattdessen übernimmt der Muntermacher Serotonin, der gute Laune fördert, wieder das Ruder. Tipp Nummer zwei lässt das Herz höherschlagen: den Kreislauf durch Bewegung anregen, im Alltag beispielsweise lieber Treppensteigen statt den Lift zu benutzen, in der Freizeit wieder öfters walken oder radeln. Tipp drei geht auf Pfarrer Kneipp zurück, kostet aber ein bisschen Überwindung: morgens unter der Dusche nach dem Waschen nochmal kurz zum Herzen hin kalt abbrausen; alternativ Wechselduschen warm und kalt.
Die Ernährung spielt natürlich auch eine Rolle. Mal ehrlich, auch wenn es heutzutage rund ums Jahr frisches Obst und Gemüse in großer Auswahl zu kaufen gibt, wer hat schon im Winter Lust auf Salat? Den meisten steht der Appetit eher nach Deftig-Fettigem und Süßem. So kann es selbst im Überfluss dazu kommen, dass Vitamin- und Mineralstofflage eher bescheiden ist. Darüber hinaus sorgt Schwerverdauliches dafür, dass der Verdauungsnerv, der Parasympathikus, seinem Gegenspieler, dem Sympathikus, der uns wach und aktiv macht, die Show stiehlt.
Frühlingsleicht Da sich die meisten ja jetzt ohnehin vom Winterspeck trennen wollen, lautet Tipp vier: kalorienmäßig etwas runterfahren, leichter und gut verdaulich essen. Frische Kräuter als Grüne Sauce oder Bärlauchpesto und Frühlingszwiebeln mit saisonalem Gemüse – auch mal roh verzehren. Vollwertige Lebensmittel, wie Vollkornprodukte und Hülsenfrüchten und ein wenig mageres Fleisch ergänzen den Speiseplan. Statt Eintopf wärmt ein heißer Tee aus Pfefferminze, Brennnessel und Birkenblättern und hilft beim Entwässern. Ingweraufgüsse mit Zitrone und Honig unterstützen das Wachwerden in der Früh und stärken das Immunsystem. Vielen hilft auch eine Wochenkur mit hochdosierten Vitaminen, um wieder in die Gänge zu kommen. Der Blutspiegel des Hormons Vitamin D kann nach dem Winter im Keller sein. Tägliche, 20-minütige Lichtduschen mit unbedecktem Oberkörper, ohne Lichtschutzcremes regen die Bildung aus seiner Vorstufe an. Alternativ lässt sich der Hormon-Spiegel durch Vitamin-D-Einnahme anheben.
Think positiv! Eine Situation kann man immer so und so bewerten. Tipp fünf heißt deshalb schlechte Gedanken in positive umwandeln. Das könnte so aussehen: Anstatt Nieselregen entnervt als Schietwetter anzusehen, mal die gute Seite betrachten: Endlich wird die Erde mal wieder gründlich durchfeuchtet! Und zum Glück bin ich heute an einem warmen und trockenen Ort tätig. Hilfreich ist auch Tipp sechs: Die „gestohlene“ Stunde im Voraus zu zerschnippeln: Wer seinen Wecker bereits ab dem 20. März jeden Tag 5 Minuten früher stellt, hat am Montag nach der Zeitumstellung die fehlende Stunde schon eingespart. Mit Tipps können Sie nicht jedem Kunden weiterhelfen. Wenn der Blues über mehrere Wochen anhält, sollten die Betroffenen Hilfe beim Arzt oder Psychotherapeuten suchen.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 03/2020 ab Seite 90.
Dr. Susanne Poth, Apothekerin/Redaktion