Verhütung & Fruchtbarkeit – Teil 3
NOTFALLVERHÜTUNG
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Eine Notfallverhütung mit der „Pille danach“ ist keine klassische Methode zur Empfängnisverhütung, sondern eine Nachverhütung. Sie wird nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr, aber vor dem Einnisten des Eis in der Gebärmutter angewandt, um eine ungewollte Schwangerschaft zu verhindern.
Zwei Wirkstoffe Die „Pille danach“ gibt es in Form von zwei unterschiedlichen Wirkstoffen, die beide verschreibungspflichtig sind. Das Präparat mit dem synthetischen Gelbkörperhormon ist quasi die herkömmliche „Pille danach“ und war schon in den vergangenen Jahren mit unterschiedlichen Warennamen in verschiedenen Dosierungen und Einnahmeschemata erhältlich. Aktuell steht nur noch ein Präparat zur Verfügung, das aus einer Tablette mit einer Dosis von 1,5 Milligramm Levonorgestrel besteht.
Seit gut zwei Jahren ist zusätzlich noch eine neues Präparat als „Pille danach“ mit 30 Milligramm Ulipristalacetat (ellaOne®) zugelassen. Es ist ein selektiver Progesteronrezeptormodulator mit hoher Bindungsaffinität zum Progesteronrezeptor im menschlichen Körper. Man geht davon aus, dass beide Wirkstoffe je nach Einnahmezeitpunkt den Eisprung verhindern oder verzögern, sodass vorhandene Spermien absterben, bevor sie auf eine befruchtungsfähige Eizelle treffen. Eine bereits bestehende Schwangerschaft können sie aber nicht beeinflussen, sodass die „Pille danach“ keine Abtreibungspille ist.
Möglichst rasch reagieren Die „Pille danach“ mit Levonorgestrel sollte vorzugsweise innerhalb von 12 Stunden nach dem ungeschütztem Geschlechtsverkehr und nicht später als 72 Stunden geschluckt werden. Mit Ulipristal hat die Frau sogar noch 2 Tage mehr Zeit. Der Progesteronrezeptormodulator wirkt bis zu 120 Stunden, zeigt aber die beste Wirkung bei einer Einnahme innerhalb von 24 Stunden. Die neue „Pille danach“ erfordert wie die ältere Methode mit Levonorgestrel nur die Einnahme einer einzigen Tablette. Für beide Präparate gilt: Je früher sie eingenommen werden, desto sicherer wirken sie.
Auf Nummer sicher gehen Da der Zeitpunkt des Eisprungs nie sicher bekannt ist, muss praktisch immer die Möglichkeit einer Schwangerschaft nach ungeschütztem Verkehr in Erwägung gezogen werden. Um eine ungewollte Schwangerschaft möglichst zu vermeiden, sollte die Notfallverhütung daher zu jedem Zeitpunkt im Zyklus angewendet werden. Dies ist mit beiden Präparaten durchführbar. Allerdings muss vor Anwendung des Progesteronrezeptormodulators eine bereits bestehende Schwangerschaft vorher ausgeschlossen werden, da ausführliche Daten zur Teratogenität noch fehlen. Bislang wurde allerdings kein teratogenes Potenzial festgestellt und in bisher dokumentierten Schwangerschaften wurde nicht Auffälliges beobachtet.
Bei Levonorgestrel geht man davon aus, dass das Gestagen eine bestehende Schwangerschaft nicht schädigt.
Verschieben der Monatsblutung denkbar
Als Nebenwirkungen kann bei beiden Präparaten das kurzfristige Auftreten von Übelkeit, Spannungsgefühl in der Brust, Schmierblutungen, Schwindel, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Unterleibsschmerzen, Durchfall oder Erbrechen auftreten. Kommt es innerhalb von drei Stunden nach Einnahme des Notfallkontrazeptivums zu Erbrechen, wird eine weitere Tablette benötigt.
Die nachfolgende Menstruationsblutung bleibt nach Behandlung mit der Notfallpille meist unbeeinflusst. Im Allgemeinen tritt sie in normaler Stärke und zum erwarteten Zeitpunkt auf. Zuweilen kann sie aber auch wenige Tage früher oder später einsetzen, worauf man die Kundin bei der Abgabe unbedingt aufmerksam machen sollte. Empfehlen Sie ihr einen Schwangerschaftstest, falls die Blutung länger als sieben Tage ausbleibt oder deutlich schwächer sein sollte.
Nur in Ausnahmefällen Trotz der als mild bis moderat beschriebenen unerwünschten Wirkungen ist die „Pille danach“ als dauerhaftes Verhütungsmittel ungeeignet. Grundsätzlich gilt zu bedenken, dass durch eine Notfallverhütung eine Schwangerschaft nicht zu 100 Prozent der Fälle verhindert werden kann und die Verhütung mit üblichen hormonellen Kontrazeptiva (z. B. Pille, Verhütungsring, Hormonpflaster oder -spirale) deutlich zuverlässiger und verträglicher ist als die Notfallpille. Auch wird eine wiederholte Anwendung innerhalb eines Monatszyklus nicht empfohlen.
Für Ulipristal sind Sicherheit und Wirksamkeit unter diesen Umständen noch nicht in Studien untersucht worden. Bei Levonorgestrel verweist der Hersteller auf eine unerwünscht hohe Hormonbelastung und die Gefahr von schweren Zyklusstörungen.
Zusätzliche Verhütung notwendig Da die Notfallpille nur rückwirkend einen Empfängnisschutz bietet, kann zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb des Zyklus wieder eine Schwangerschaft auftreten. Die Kundin sollte daher darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie bis zum Eintreten der nächsten Blutung erneut verhüten muss. Dafür sollte sie mechanische oder chemische Barrieremethoden (z. B. Kondom, Spermizid, Diaphragma, Portiokappe) verwenden, da nach Einnahme der „Pille danach“ die Wirksamkeit eines hormonellen Empfängnisschutzes nicht mehr gewährleistet ist. Frauen, die bisher mit oralen Kontrazeptiva verhütet haben, wird geraten, diese weiter einzunehmen, um Zyklusstörungen zu vermeiden.
„Pille danach“ ohne Rezept In vielen europäischen Ländern ist sie inzwischen rezeptfrei erhältlich. Hier zu Lande fordern immer wieder verschiedene Organisationen, dass Notfallkontrazeptiva aus der Verschreibungspflicht entlassen werden sollten, um Betroffenen einen niedrigschwelligen Zugang zu ermöglichen.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 01/12 ab Seite 54.
Gode Meyer-Chlond, Apothekerin