In den letzten Phasen der Erkrankung nehmen die motorischen Fähigkeiten immer weiter ab und Betroffene sind zunehmend auf Rollstuhl und Pflege angewiesen. Ein in der Studienphase befindlicher Arzneistoff verspricht Hoffnung. © Vladimirs Poplavskis / 123rf.com

Neurologie | Arzneistoffentwicklung

NEUES IN DER PIPELINE GEGEN CHOREA HUNTINGTON

Gegen die neurodegenerative Erkrankung gibt es bislang keine ursächliche Behandlung. Lediglich die Symptome können mit beispielsweise Neuroleptika oder Bewegungstherapie behandelt werden, bis der Patient nach durchschnittlich 15 Jahren nach Diagnosestellung verstirbt. Ein neuer Wirkstoff, der sich aktuell in der Phase-I-Studie befindet, scheint vielversprechend.

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Erste Symptome treten meist zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr auf. Bevor die bekannten Bewegungsstörungen (ungewollte, übermäßige Bewegungen, später zunehmende Bewegungsarmut) durch einen veränderten Muskeltonus auftreten, machen sich bereits erste psychische Veränderungen bemerkbar. Depressionen, mangelnder Antrieb und im weiteren Krankheitsverlauf impulsives und enthemmtes Verhalten erschweren ein normales Leben mit der Krankheit. Auch eine abnehmende Verarbeitung von Informationen und eine damit sinkende kognitive Leistungsfähigkeit sind typische Symptome der Huntingtonschen Erkrankung. Durch eine zunehmende Zerstörung der Hirnregion (Stratium), die vor allem für Bewegungsabläufe zuständig ist, geht die kontrollierte Muskelsteuerung immer weiter zurück. Durch einen genetischen Defekt wird ein fehlerhaftes Protein gebildet, das maßgeblich zum Abbau der Nervenzellen beiträgt. Das Gen, das dieses Eiweiß fälschlicherweise produziert, wurde nach seinem Entdecker „Huntington-Gen“ genannt. Seit Anfang der 90er Jahre lässt sich der Defekt mittels Gentest nachweisen.

Ein britisches Forscherteam vom University College London unter der Leitung von Professor Dr. Sarah Tabrizi hat nun erste Ansatzpunkte der ursächlichen Bekämpfung mit Hilfe eines neuen Wirkstoffes publiziert. An der Phase-I-Studie, bei der es erst einmal um Sicherheit und Verträglichkeit des Wirkstoffes ging, nahmen 46 Patienten mit der autosomal-dominanten Erbkrankheit teil. Dabei applizierten die Wissenschaftler den Arzneistoff, der zuvor am Mausmodell getestet wurde, direkt ins Rückenmark, wo er tatsächlich zu einem Rückgang der fehlerhaften Eiweiß-Konzentration führte. Der potenzielle Arzneistoff Ionis-HTTRx unterbricht die Signalweitergabe zur Produktion des neurotoxischen Proteins durch das Huntington-Gen und greift damit in den Abbau der Nervenzellen im Gehirn ein. Es wäre der erste Schritt einer ursächlichen Therapie der Erkrankung. Anschluss-Studien sollen den Effekt jetzt noch weiter untersuchen. Und obwohl es bis zur Markteinführung noch Jahre dauern wird und noch viele Informationen benötigt werden, zeigt sich das Forscherteam hoffnungsvoll und zuversichtlich über die bisherigen Ergebnisse.

Farina Haase,
Volontärin, Apothekerin

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

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