Politik

NEUE APOTHEKENBETRIEBSORDNUNG

Mitte 2010 gelangte ein nicht autorisierter Arbeitsentwurf in die Öffentlichkeit, der für viel Wirbel sorgte. Nun liegt ein offizielles Positionspapier vor, das weitreichende Änderungen vorsieht.

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Nach rund 25 Jahren ist eine Weiterentwicklung der Apothekenbetriebsordnung unausweichlich. Seit Juni des letzten Jahres wird deshalb vor und hinter den Kulissen intensiv über eine Novelle diskutiert. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), das mit Zustimmung des Bundesrates die neue Rechtsverordnung erlassen wird, hat nun mit einem Eckpunktepapier Pflöcke eingeschlagen. Hauptziele der geplanten Überarbeitung sollen eine Verbesserung der Arzneimittelsicherheit und -versorgung sein. Zudem sind Erleichterungen vorgesehen. Die wichtigsten Pläne in der Übersicht von B wie Beratung bis Q wie Qualität.

Beratungspflicht Die Beratung soll als Kernaufgabe der Apotheken gestärkt werden. Während die bisherige ApBetrO lediglich eine Beratung „soweit dies aus Gründen der Arzneimittelsicherheit erforderlich ist“ vorsah, ist nun geplant, einen Beratungsbedarf „aktiv“, also durch Nachfrage, festzustellen und erforderlichenfalls eine Beratung anzubieten. Zudem soll die Vertraulichkeit vorrangig durch organisatorische Maßnahmen, etwa durch farbliche Kennzeichnung auf dem Boden, Umstellung der Handverkaufstische oder Aufstellen von Abtrennungen, gewährleistet werden.

Botendienste Apotheken soll erlaubt werden, selbst zu entscheiden, ob sie einen Botendienst für ihre Kunden über den derzeit erlaubten Einzelfall hinaus anbieten wollen. Diese Liberalisierung ist in Anbetracht von Versand und Pick-up- Stellen nicht nur überfällig, sie trägt auch der in vielen Fällen bereits heute üblichen Praxis Rechnung.

Bürokratieabbau Geplant ist zudem, die lange Auflistung der vorzuhaltenden Laborgeräte und Reagenzien zu streichen. Die Apotheken hätten dann die Freiheit, aber auch in eigener Verantwortung zu entscheiden, welche modernen und dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechenden Prüfgeräte anzuschaffen sind. Gestrichen werden soll in Anbetracht der neuen technischen Möglichkeiten ferner die Auflistung vorzuhaltender Literatur. Schließlich soll die Liste der Notfallarzneimittel überarbeitet werden.

Filialapotheken Stoff für Diskussionen wird die Absicht liefern, Filialapotheken ohne Labor, und ohne Herstellungsbereich betreiben zu können. Der Notdienst von Filialen soll zudem gebündelt werden dürfen. So ließe sich dann leichter eine Filiale gründen und die Arzneimittelversorgung auch in der Fläche sicherstellen. Man muss kein Hellseher sein, um vorherzusagen, dass dann sowohl die Zahl der Filialen als auch der Wettbewerb zunehmen würden.

Herstellung Mit Mehraufwand ist insbesondere bei Rezepturarzneimitteln zu rechnen. Herstellung und Prüfung sollen zukünftig dokumentiert werden. Zudem muss ein Apotheker die Rezeptur freigeben. Eine Großherstellung ohne Erlaubnis nach Arzneimittelgesetz wird nicht mehr möglich sein. Während die Anforderungen der zukünftigen ApBetrO für die manuelle Verblisterung in Apotheken (manuelles „Stellen“) unverändert bleiben, sollen die Anforderungen an die maschinelle Verblisterung im Sinne der Arzneimittelsicherheit erhöht werden. Entsprechendes gilt für die Herstellung patientenindividueller steriler Infusionslösungen.

Hygiene Die geltende ApBetrO schreibt vor, dass Apothekenbetriebsräume in einem einwandfreien hygienischen Zustand gehalten werden müssen. Zur Konkretisierung sieht das Eckpunktepapier zur neuen ApBetrO einen Hygieneplan und die entsprechende Dokumentation vor.

Nebensortiment Im Vorfeld der Novellierung sorgten Diskussionen um eine eventuelle prozentuale Begrenzung des Nebensortiments für heftige Diskussionen. Das BMG stellte nun klar, dass in der überarbeiteten ApBetrO der Verkauf von Kosmetika, Hygieneartikeln oder Vitaminpräparaten nicht weiter beschränkt werden. Es werde lediglich verdeutlicht, dass die Versorgung mit Arzneimittel im Vordergrund stehe und insoweit Apotheken auch als solche erkennbar sein müssen.

Rezeptsammelstellen Statt wie im Koalitionsvertrag angekündigt Pickup- Stellen zu verbieten, beabsichtigt das BMG nun, (fast) alle Schleusen zu öffnen. Künftig soll eine Bedarfsprüfung für Rezeptsammelstellen entfallen und lediglich die Aufstellung von Sammelbehältern in Arztpraxen und bei Angehörigen der Heilberufe verboten bleiben.

QMS Viele Apotheken haben schon heute auf freiwilliger Basis ein Qualitätsmanagementsystem etabliert. Nun soll mit einer Übergangsfrist QMS für bestimmte Tätigkeiten zwingend werden. Gedacht ist hier an die Herstellung steriler Arzneimittel, die maschinelle Verblisterung sowie die Herstellung im größeren Maßstab („Hunderterregel“). Die vorgelegten Eckpunkte und die neue ApBetrO werden sicherlich noch für reichlich Diskussionsstoff in den nächsten Monaten sorgen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/11 ab Seite 66.

Dr. Michael Binger, Hessisches Sozialministerium

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