© Die PTA in der Apotheke
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Krankheiten berühmter Persönlichkeiten

MIT ALZHEIMER DIE WELT BERÜHRT

Die Öffentlichkeit informieren statt Versteck zu spielen für den politischen Frieden – das zeichnete den 40. US-amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan bei seinen Erkrankungen aus.

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Dass die Staatsoberhäupte der USA nicht vor schweren Krankheiten gefeit sind, konnte schon von John F. Kennedy berichtet werden. Doch während bei diesem alle gesundheitlichen Makel feinsäuberlich versteckt wurden und erst 2002 mit der Erlaubnis zum Einsehen der Krankenakten voll ans Tageslicht kamen, pflegte Ronald Reagan einen offeneren Umgang mit seinen Erkrankungen.

Noch so manche weitere Gegensätze begleiten die beiden Regenten: Reagan stammte aus ärmlichen Verhältnissen, sein Vater war Nachkomme irischer Immigranten. Beim reichen „Kennedy-Clan“ spielten hingegen Geld und Macht von Anfang an eine dominierende Rolle. Und im Vergleich zu Kennedy, dem am jüngsten verstorbenen US-Präsidenten, lebte Ronald Reagan länger als alle anderen bisherigen Staatschefs der Vereinigten Staaten. Auch ein Attentat überlebte er – im Gegensatz zu John F. Kennedy!

Zur Politik kam er spät Reagan studierte Wirtschaftswissenschaften, Soziologie, Theaterwissenschaften, war Sportkommentator und Schauspieler in Hollywood, wo er oft Hauptrollen in BFilmen spielte, später trat er auch als Fernsehmoderator auf. Seit 1952 war er in zweiter Ehe mit Nancy Reagan (geboren 1921) verheiratet. Schon in jungen Jahren, so ist dokumentiert, litt er an Hörproblemen und Tinnitus.

In den 1960er-Jahren drängte es Reagan in die Politik. 1962 gab er seine Mitgliedschaft bei den Demokraten auf und schloss sich den Republikanern an. 1966 wurde er zum Gouverneur von Kalifornien gewählt. 1980 schlug der Politikquereinsteiger den amtierenden Präsidenten Jimmy Carter, dem die depressive Stimmung im Land zum Verhängnis wurde, und wurde 40. Präsident der Vereinigten Staaten.

VORSCHAU
In unserer neuen Serie „Krankheiten berühmter Persönlichkeiten“ stellen wir Ihnen demnächst folgende Menschen vor:
+ Ludwig van Beethoven (schwerhörig/Tinnitus/Morbus Crohn)
+ Vincent van Gogh (Ohrensausen/Tinnitus, schizoaffektiv, bipolar]
+ Papst Johannes Paul II. (Parkinson)
+ Sven Hannavald (Burnout/psychologische Krankheiten)
+ Evita (Gebärmutterkrebs)
+ Sigmund Freud (Gaumenkrebs)
+ Ludwig II (Hirnhautentzündung und Folgen)
+ Friedrich Nietzsche (paranoide Schizophrenie)

Reagan trat außenpolitisch für die Befreiung von „Millionen von Menschen, versklavt hinter dem Eisernen Vorhang“ ein, innenpolitisch für die weitestgehende Zurückdrängung staatlichen Einflusses. 1983/84 wurde er mit dem berühmten Slogan „Geht es Ihnen heute besser als vor vier Jahren?“ wieder zum US-Präsidenten gewählt.

Das Attentat Am frühen Nachmittag des 30. März 1981, gut zwei Monate nach seiner Vereidigung zum US-Präsidenten, schoss ein verwirrter und letztlich für unzurechnungsfähig erklärter Attentäter, John Hinckley Junior, vor dem Hilton Hotel in Washington D.C. sechs Mal auf Reagan. Dieser überlebte schwerverletzt. Eine Kugel war seitlich in den linken Lungenflügel eingedrungen und verursachte innere Blutungen. Nach Operation und zehntägigem Krankenhausaufenthalt kehrte Reagan jedoch schon am 25. April 1981 ins Weiße Haus zurück. Noch schlimmer erwischte es jedoch seinen Pressesprecher James Brady, der dauerhaft schwerste Hirnschädigungen und Lähmungen erlitt, sowie einen Polizisten und einen Secret-Service-Agenten.

„Der Präsident hat Krebs!“ Dass Reagan einen offeneren Umgang mit Krankheiten pflegte, humorvoll Unausweichliches aufnahm und sich optimistisch auch nach einer Krebsdiagnose äußerte, ist belegt. Bei einer Routineuntersuchung entdeckten Ärzte 1985 beim mittlerweile 74-Jährigen einen Tumor im Dickdarm. Dokumentiert ist: Darmkrebs liegt in seiner Familie. Der Vater war zwölf Jahre vorher, ein Bruder erst zwei Wochen vor dem Präsidenten mit dieser Diagnose operiert worden.

„Das offene Bekenntnis „Der Präsident hat Krebs“ des angesehenen Spezialisten vom Nationalen Institut für Krebsforschung Dr. Rosenberg, im zum Pressezentrum umfunktionierten Hörsaal des Marinehospitals, hat unsere politische Landschaft, vielleicht sogar die Welt verändert“, schrieb unmittelbar danach die Kolumnistin Mary McGrory. Verschweigen von Krankheiten war bei früheren Präsidenten – schon aus wahlkampftaktischen Gründen – immer das Gebot der Stunde gewesen. Mehrere Krebsoperationen folgten. Reagan verlor seine Zuversicht jedoch nicht und wurde tatsächlich wieder gesund.

Das Stocken der Welt Fünf Jahre nach Ende seiner Amtszeit wurde bei Reagan jedoch die offizielle Diagnose Alzheimer gestellt. Auch hier zeichnet ihn der offene Umgang mit Krankheiten aus. Am 5. November 1994 wandte er sich in einem offenen Brief an die amerikanische Öffentlichkeit mit den Worten „Liebe Landsleute, vor kurzem habe ich erfahren, dass ich, wie Millionen anderer Amerikaner, an der Alzheimerkrankheit leide. Nancy und ich mussten uns entscheiden, ob wir als Privatleute das als private Angelegenheit betrachten oder ob wir diese Nachricht in der Öffentlichkeit bekannt machen sollten.

»Reagan verlor seine Zuversicht jedoch nicht und wurde tatsächlich wieder gesund.«

In der Vergangenheit litt Nancy an Brustkrebs und ich hatte Krebsoperationen. Durch unsere öffentliche Bekanntgabe konnten wir in der Bevölkerung ein Bewusstsein bilden. Wir waren glücklich, dass daraufhin mehr Menschen zu Früherkennungstests gingen. Sie konnten in einem Frühstadium behandelt werden und zu einem normalen, gesunden Leben zurückkehren. Deswegen finden wir es wichtig, es [die Nachricht der Erkrankung, Anm. d. Red.] zu teilen. Indem wir unsere Herzen öffnen, hoffen wir, dass die Alzheimerkrankheit bekannter wird. Vielleicht hilft das, dass das Verständnis für die Betroffenen und ihre Familien wächst.“

Dieser Brief mit seinem Abschiedssatz „Ich beginne nun die Reise, die mich zum Sonnenuntergang meines Lebens führt, in der Gewissheit, dass über Amerika immer wieder ein strahlender Morgen heraufdämmern wird“ führte weltweit zu einem Stocken und Aufrütteln. Die Alzheimer- Demenz als unheilbare Erkrankung wurde urplötzlich nicht mehr versteckt, sondern ins Bewusstsein aller Menschen gerückt, sie wurde öffentlich wahrgenommen.

Sein Sohn, Ronald „Ron“ Prescott Reagan, äußert in seinem Buch „My father at 100“ die Vermutung, dass sein Vater schon als Präsident an Alzheimer erkrankte. Es sei beispielsweise erschreckend gewesen, dass sein Vater sich 1986, als sie zusammen über vertraute Canyons nördlich von Los Angeles geflogen seien, nicht mehr an deren Namen habe erinnern können. Sein Vater habe sich verändert, Wörter vergessen. Wäre damals schon die Krankheit diagnostiziert worden, hätte sein Vater das Präsidentenamt sicherlich vorzeitig aufgegeben, ist sich Ron Reagan sicher.

Auch Edmund Morris, der offizielle Biograf Ronald Reagans, berichtet, dass dieser schon lange vor der offiziellen Diagnose und ihrer Bekanntmachung an extremen Erinnerungsschwächen litt. Im Anschluss an den weltweit beachteten offenen Brief Reagans, in dem er auf seine Erkrankung aufmerksam machte, gab es immer wieder Spekulationen über die Gesundheit des einstmals mächtigsten Mannes der Welt. Fast zehn Jahre, nachdem er den öffentlichen Brief geschrieben hatte, starb er: im Juni 2004, im Alter von 93 Jahren – an den Folgen einer Lungenentzündung.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 04/14 ab Seite 98.

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin

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