Botanicals
MEISTENS DIE INDISCHE ART
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Die Pflanzen zählen alle zu den Wegerichgewächsen (Plantaginaceae) aus der der Gattung der Wegeriche (Plantago): Indischer Flohsamen, Plantago ovata Forssk. (Syn. Plantago ispaghula Roxb.), Flohsamen-Wegerich, Plantago afra L. (Syn. Psyllum afrum (L.) Mirb.) und Sand-Wegerich, Plantago indica L. (Syn. Plantago arenaria Waldst. et Kit.).
Verschiedene Flohsamen Alle drei sind im Europäischen Arzneibuch monographiert. Die Flohsamen des in Indien und im Iran beheimateten Indischen Flohsamens sind als Plantaginis ovatae semen und seine Samenschalen als Plantaginis ovatae seminis tegumentum aufgeführt. Unter Psyllii semen finden sich die reifen Samen von den beiden anderen Plantaginaceen, also von Plantago afra L. und/oder Plantago indica L., die aus dem Mittelmeerraum stammen. Bei uns werden am häufigsten der Indische Flohsamen beziehungsweise seine Samenschalen vertrieben, sei es als ganze oder zerkleinerte Droge oder in Form von Fertigpräparaten. Letztere sind wiederum als Arzneimittel zugelassen oder als Nahrungsergänzungsmittel im Handel, teilweise pulverisiert und als Granulat (u. U. mit Geschmackskorrigenzien) verarbeitet.
Indischer Flohsamen Die getrockneten, reifen Samen von Plantago ovata sind 1,5 bis 3,5 Millimeter lang, kahnförmig und variieren in ihrer Farbe von rötlich-gelb bis bräunlich-grau-rosa. Im Unterschied zu Psyllii Semen, die eine rotbraune bis schwarzbraune Farbe haben, sind sie deutlich heller. Gleich ist ihre Form, die an Flöhe erinnert und Droge sowie Pflanze den deutschen Namen Flohsamen eingebracht hat. Der deutsche Pflanzenname nimmt zudem seine Heimat auf.
Sowohl der Gattungsname Plantago (von lat. planta = Fußsohle) als auch die deutsche Bezeichnung Wegerich beziehen sich auf das reichliche Vorkommen des niedrig wachsenden Krautes auf Wegen, wo es mit den Füßen platt getreten wird. Die einjährige Pflanze erreicht lediglich eine Wuchshöhe von 20 Zentimetern und besitzt grundständige, lange, lineale, weiß-flaumig behaarte Blätter, die in eiförmigen Rosetten flach am Boden wachsen. Die kleinen Blüten bilden einen kurzen, unscheinbaren Blütenstand mit dichten Ähren, die kaum über die Blätter hinausragen. Sie reifen zu elliptischen Kapselfrüchten heran, in denen sich die Samen befinden.
Vielseitiges Darmregulanz Die Verwendung als Arzneidroge beruht auf ihrem hohen Gehalt an Schleimstoffen (20 bis 30 %). Diese befinden sich in der äußeren Schicht der Samenschale und bestehen aus verschiedenen verzweigten Polysacchariden, die in Wasser stark aufquellen und eine gelartige Masse bilden. Daneben enthalten die Samen im Endosperm Proteine und fettes Öl. Das wesentliche Wirkprinzip der Droge beruht auf ihrem starken Quellungsvermögen im Verdauungstrakt. Damit tragen die Flohsamen zur Normalisierung einer gestörten Darmfunktion bei. Zum einen binden die Schleimstoffe Wasser und vergrößern damit das Stuhlvolumen bis auf das 10- bis 15-Fache.
Die Volumenzunahme löst einen Dehnungsreiz auf die Darmwand aus und regt damit die Peristaltik an, was schließlich zur Verkürzung der Transitzeit des Darminhaltes führt. Zudem führen die Schleimstoffe zu einem Gleiteffekt, der durch das fette Öl verstärkt wird und für eine gute Gleitfähigkeit des Stuhls sorgt. Neben den laxierenden Eigenschaften wird auch eine antidiarrhoische Wirkung erzielt, indem die Schleimpolysaccharide überschüssige Flüssigkeit im Darm aufnehmen und so den Darminhalt eindicken. Gleichzeitig verzögert sich durch die Wasserbindung die Darmpassage.
Darüber hinaus wirken die Quellstoffe cholesterinsenkend, da sie Gallensäuren und Cholesterin im Dünndarm binden, sodass sie nicht mehr rückresorbiert und folglich mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Zudem ist eine Hemmung der Resorption von Nährstoffen und damit eine verzögerte intestinale Glucoseabsorption zu beobachteten. Dies kann Auswirkungen auf den Blutzucker haben, vor allem werden Blutzuckerspitzen verhindert. Schließlich besitzt die Droge entzündungshemmende Eigenschaften durch den mikrobiellen Abbau der Schleimpolysaccharide zu kurzkettigen Fettsäuren (z. B. Buttersäure) im Dickdarm.
Höchstmengen
Seltener als Plantago ovata kommen Psyllii semen zur Anwendung. Zu beachten sind immer die jeweiligen Dosierungen, die bei den verschiedenen Drogen variieren. Während vom Indischen Flohsamen 40 Gramm am Tag zur Anwendung kommen dürfen, sind es bei den beiden anderen Wegericharten nur 30 Gramm.
Vor allem ein mildes LaxansIndische Flohsamen und ihre Schalen haben sich bei den Indikationen habituelle Obstipation und Erkrankungen, bei denen eine erleichterte Darmentleerung mit weichem Stuhl erwünscht ist (z. B. Analfissuren, Hämorrhoiden, nach rektal-analen operativen Eingriffen), bewährt. Ihre Verwendung als mildes Abführmittel gilt auch in der Schwangerschaft als unbedenklich. Außerdem kommen sie zur unterstützenden Therapie bei Durchfällen unterschiedlicher Genese sowie beim Reizdarm zur Anwendung.
Neben diesen in der Monographie der Kommission E genannten Indikationen berücksichtigen das HMPC und die ESCOP darüber hinaus die cholesterinsenkende Wirkung und erkennen die Indischen Flohsamen und Flohsamenschalen im Rahmen einer Cholesterin-senkenden Diät zur unterstützenden Behandlung einer leichten bis mäßig starken Hypercholesterinämie an. Zudem führt das HMPC die Anwendung bei Divertikulose, beim Vorliegen eines künstlichen Darmausgangs und als unterstützende Maßnahme bei Morbus Crohn auf.
Nie ohne Wasser Äußerst wichtig ist bei der Beratung der Hinweis, dass auf eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme geachtet werden muss. Praktisch bedeutet dies, dass ein bis zwei Teelöffel (etwa fünf bis zehn Gramm) Indischer Flohsamen oder ein halber Teelöffel seiner Schalen in mindestens 150 bis 200 Milliliter Wasser (entspricht etwa einem Glas Wasser) eingerührt werden. Diese sind anschließend zügig zu trinken, also bevor sie quellen. Hintergrund dafür ist, dass die Volumenzunahme erst im Darm, also am Wirkort, stattfinden soll. Weiterhin sollte über den Tag verteilt eine reichliche Flüssigkeitsaufnahme (etwa zwei Liter) gewährt sein.
Milch eignet sich als Flüssigkeit nicht, da sie nicht in die Schleimstoffe eingelagert wird und somit zu keiner Quellung führt. Häufig wird noch empfohlen, ein bis zwei Gläser Wasser nachzutrinken, um ein Verklumpen der Droge (in Speiseröhre oder Darm) unbedingt zu verhindern. Um einen optimalen Transport der Droge zu gewährleisten, sollte die Einnahme zudem nicht unmittelbar vor dem Schlafengehen oder auch nicht im Liegen erfolgen. Optimal kommen sie im Laufe des Tages 30 bis 60 Minuten vor einer Mahlzeit oder zwei Stunden danach zur Anwendung. Diese kann mehrmals am Tag wiederholt werden, dabei ist aber die Tageshöchstdosis zu beachten. Die Schalen sind niedriger zu dosieren, da die Quellwirkung der Samenschalen vielfach höher als die des ganzen Samens ist.
Achtung Kontraindikationen und WechselwirkungenDie Droge darf nicht bei Verengungen (Stenosen) der Speiseröhre oder des Darms eingenommen werden, auch nicht, wenn ein Darmverschluss droht oder bereits in der Vergangenheit vorgelegen hat. Ebenso sind Flohsamen und seine Schalen nicht für Personen geeignet, die nur beschränkt Flüssigkeit aufnehmen dürfen (z. B. aufgrund einer Nierenerkrankung). Da die Schleimstoffe eine Resorption von Arzneistoffen verhindern können, sollten deren Applikation erst 30 bis 60 Minuten nach der Einnahme der Indischen Flohsamen erfolgen. Bei insulinpflichtigen Diabetikern kann eine Dosisreduktion des Insulins erforderlich sein.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 04/2021 ab Seite 116.
Gode Chlond, Apothekerin