Viruserkrankungen | Bornavirus
LEBENSGEFÄHRLICHE GEHIRNENTZÜNDUNG DURCH VIRUS-INFEKTION
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„Die hitzige Kopfkrankheit der Pferde“ erhielt ihren Namen 1894, als ein ganzer Stall voller Kavalleriepferde in der Stadt Borna in der Nähe von Leipzig erkrankte. Das Virus BoDV-1 befällt Gehirn und Rückenmark der Vierbeiner und führt dort vermutlich zu einer Störung des Gleichgewichts der Neurotransmitter. Es treten facettenreiche Störungen in Verhalten, Bewegung, Nahrungsaufnahme und Leistungsniveau auf, die sich aus diesem Ungleichgewicht ergeben: absondern von der Herde, Depression, gesenkte Kopfhaltung, Zähne knirschen mit zum Teil gesteigerter Aggressivität, Schreckhaftigkeit und Bewegungsdrang. Im Endstadium reihen sich Spasmen, Speicheln, Festliegen und Fieberschübe dazu, meist sterben die Tiere an den Folgen der Infektion. Wie sich die Tiere genau anstecken ist noch nicht endgültig geklärt, Kleinnager wie beispielsweise die Spitzmaus als Erregerreservoir werden diskutiert – über Urin und Speichel könnten sich die Huftiere infizieren. Da sie Fehlwirte des Virus darstellen, kommt es zum Ausbruch der Bornaschen Krankheit und letztlich zum Tod der Tiere.
Auch beim Menschen sorgten Infektionen bereits für Schlagzeilen, so zum Beispiel Anfang des Jahres, als durch ein infiziertes Spenderorgan zwei Patienten an einer vermutlich durch das Borna-Virus ausgelösten Gehirnentzündung starben. „Die Dunkelziffer von Bornavirus-Infektionen bei tödlichen Gehirnentzündungen ist unbekannt, da die Infektion bislang bei Routineuntersuchungen nicht in Betracht gezogen wurde“, bestätigt auch Professor Dr. Armin Essner vom Virologischen Institut des Universitätklinikums Erlangen. Das Team von Dr. Essner untersuchte die Gewebeproben zweier Patienten, die ohne bekannte Risikofaktoren und trotz intensiver Behandlung den Folgen einer Gehirnentzündung unbekannter Ursache erlagen. Mit Hilfe hochmoderner Sequencing-Verfahren konnten virusspezifische Nukleinsäuresequenzen des klassischen Borna-Disease-Virus 1 (BoDV-1) nachgewiesen werden. Die Ergebnisse decken sich mit denen weiterer Forschergruppen, die sich mit dem Tod der erwähnten Organ-Empfänger beschäftigten.
Zurzeit wird bei einer Gehirnentzündung nicht auf das Borna-Virus getestet, doch gerade in den Risikogebieten Ost- und Süddeutschlands, Österreichs, der Schweiz und Liechtensteins könnte dies sinnvoll sein. Nun stehen weitere Untersuchungen an. Es soll geklärt werden, wie häufig Bornavirus-Infektionen beim Menschen tatsächlich sind, wie das Virus rechtzeitig diagnostiziert und der tödliche Infektionsverlauf verhindert werden kann, denn aktuell gibt es noch keine zugelassene antivirale Therapie.
Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft