Schon mal da gewesen?
KUNST AN DER KÜSTE
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Cartoons am Meer gucken? Kurze Hose trifft auf politische Karikatur? Erst ein Eis schlecken, und dann zu „Schlimme Bilder“, dem diesjährigen Motto der Ausstellung! Ja, genau so soll es sein: „Wir wollten ein neues und etwas anderes kulturelles Angebot machen und die Chance nutzen, Urlauber aus allen Ecken und Enden Deutschlands in Cartoonausstellungen zu locken.“
Das schreibt Wolfgang Kleinert, einer der Initiatoren des Freiluftfestivals im Ostseebad Prerow, im begleitenden Magazin darüber, wie die Idee zum Bildergucken an der frischen Luft 2007 entstand: Dem „Cartoonair“. Zum 15. Mal kann man in diesem Jahr mitten im Ortszentrum von Prerow – auf der Wiese hinter dem Kulturkaten – die Cartoons bekannter und beliebter Künstler anschauen. Kleinert freut sich darauf, im Lauf des Sommers den 240 000. Besucher zu begrüßen.
Vor 15 Jahren war die erste Open-Air-Ausstellung ein gewisses Wagnis. „Zur Probe druckten wir Bilder auf licht- und wetterfeste Folien, besprühten sie mit Salzwasser, um zu sehen, ob sie bei ostseeähnlichen Bedingungen ausbleichen, bastelten an Konstruktionen, die dem Seewind standhalten sollten“, erinnert sich Kleinert. Heute sitzt und steht alles wasserfest bei Cartoonair. Nur auf der Erde weht vielerorts ein harter Wind. Wegen des Kriegs in der Ukraine wird in einem Sonderteil zu sehen sein, was den Künstlerinnen und Künstlern speziell dazu eingefallen ist.
Urlaubsstress, Klimawandel, Beziehungswahnsinn, Pflegenotstand, Weltpolitik – sicher wird wieder vieles mit spitzem Stift aufgespießt. Die lieben Kleinen, die nicht zum Strand wollen, sondern lieber „Homebeaching“ auf dem Sofa machen. Die Frau, die ihrem Mann vorwirft, er sei gar nicht beim Kollegen gewesen, sondern bei einer Kollegin, und zur Antwort bekommt: „Fängst Du jetzt auch noch mit dem Genderquatsch an.“ Eine Szene aus der Hölle, wo Adolf Hitler zu Saddam Hussein im gemeinsamen Feuerbad mit Anspielung auf Putin sagt: „Hoffentlich spielt er Skat.“
Das Cartoonair nimmt alles mit Humor, wenn auch manchmal mit bitterem. Ergänzt wird die Ausstellung um satirische Abendshows und hin und wieder Termine mit einzelnen Karikaturisten vor Ort. Jedes Jahr wird auch der Publikumspreis für eine Karikatur verliehen. 2020 prämierten die Urlauber eine Zeichnung von Katharina Greve, in der ein Ehepaar seinen Mäh-Roboter als etwas zu intelligent empfindet: Der schreibt ihnen „Ihr faulen Säcke“ ins Gras.
Prerow und der gesamte Darß sind aber auch ohne Cartoonair eine Reise wert. Bei Rostock rechts oder links abfahren, je nach Ausgangspunkt, und schon kommt man in Ferienstimmung. Die Halbinsel Darß bietet lange Ostseestrände, ausgedehnte Möglichkeiten zu Spaziergängen und Radtouren durch den Darßwald und Ferienorte, die alle unterschiedlich sind: hier das unprätentiöse, ehemalige Fischerdorf Prerow, dort das eher städtische Zingst, die Ex-Künstlerkolonie Ahrenshoop oder das Tor zum Darß Wustrow. Wo immer es einen hinzieht, schlimme Bilder bietet der Darß nicht. Ganz im Gegenteil.
Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 06/2022 auf Seite 126.
Sabine Rieser, freie Journalistin
Infos zur Ausstellung: www.cartoonair.de