Chemotherapie | Hightech
KREBSZELLEN ZIELGENAU ANGREIFEN
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„Hochintensiver fokussierter Ultraschall mit thermosensiblen Liposomen“ – klingt noch etwas sperrig, ist aber der derzeitige Name für die Methode. Das Verfahren kombiniert zwei Behandlungsformen, die bereits zur Tumortherapie angewendet werden – und doch auch wieder nicht, denn das neue Verfahren ist hochentwickelt und dabei ebenso spezifisch. Bei der herkömmlichen Hyperthermie wird erkranktes Gewebe mit elektromagnetischen Wellen im Hochfrequenzbereich bestrahlt, der Tumor wird dadurch bei 40 bis 42 Grad Celsius (°C) gegrillt. Dadurch wird der Bereich sensibler für anschließende Strahlen- oder Chemotherapie, er wird aber nicht vernichtet. Umliegendes Gewebe trägt allerdings auch keinen Schaden. Auch die Liposomentechnologie hat bereits Einzug in die Chemotherapie gefunden, zum Beispiel bei metastasierendem Mammakarzinom. Bei gleicher Wirksamkeit kann durch die Technologie eine reduzierte Dosis eingesetzt werden, das Risiko für Nebenwirkungen nimmt dadurch ab.
Die neue Technik arbeitet mit hochintensivem fokussierten Ultraschall (HIFU) und Nano-Liposomen, die mit Doxorubicin befüllt sind. Dadurch wird nicht nur ein Teil des Tumors erreicht, wie es mit der Hyperthermie alleine der Fall wäre, sondern es können auch möglicherweise stehengebliebene Randzellen erreicht werden. Der Ablauf ist folgender: Die Nano-Liposomen werden intravenös appliziert und verteilen sich dann im ganzen Körper. Das betroffene Gewebe wird derweil mit HIFU bestrahlt, wodurch sich eine lokale Temperaturerhöhung auf 42°C einstellt. Die Liposomen sind hitzeempfindlich und zerfallen bei 42°C – sie geben ihre „giftige Fracht“ also erst im Tumorgewebe frei. Außerdem enthalten sie noch eine kleine Menge Kontrastmittel, sodass per MRT verfolgt werden kann wo und in welchem Umfang das Zytostatikum freigesetzt wird. Ein Nachteil wird dadurch aber auch direkt klar: Die Liposomen gelangen nur in gut durchblutetes Tumorgewebe, was gerade bei großen Geschwüren häufig nicht, oder zumindest nur heterogen der Fall ist.
Um dieses Manko aufzufangen haben sich die Wissenschaftler aber bereits etwas einfallen lassen: Das Verfahren wird zunächst wie beschrieben durchgeführt, im Anschluss wird das Gewebe nochmals mit HIFU befeuert, aber bei höheren Temperaturen. Im Tierversuch konnten auf diesem Weg doppelt so hohe Doxorubicin-Konzentrationen gemessen werden wie mit der HIFU-Liposomen-Methode allein. HIFU wird bereits heute schon eingesetzt, um Prostatakarzinome allein mit Hitze zu zerstören.
Vergangenes Jahr September wurde das Verfahren erstmal klinisch angewendet, an einem Patienten mit einem großen, infiltrierenden, metastasierenden Sarkom. Zusätzlich erhielt er seine systemische Therapie weiter, diese wurde lediglich durch die HIFU-Liposomen-Methode ergänzt. Am Haupttumor zeigten sich daraufhin positive Veränderungen: zunehmend starb das Gewebe ab und wuchs nicht weiter. Und das ohne zu beobachtende Nebenwirkungen. Die Lungenmetastasen blieben von diesen positiven Effekten leider unberührt. Da HIFU für alle Gewebe, die hinter Knochen liegen, unzugänglich ist, kann die Methode nicht zur Behandlung von Lungenkarzinomen oder in diesem Fall Metastasen herhalten. Auch räumen die Wissenschaftler ein, noch die Bewegungskorrektur verfeinern zu müssen. Weitere klinische Erprobungen stehen daher noch an.
Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin
Quelle: Medical Tribune, 53. Jahrgang, Nr. 12; 23. März 2018; 8