Pharmazeutische Institutionen
KRANKENKASSEN – PRIVAT ODER GESETZLICH?
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Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sind Körperschaften des öffentlichen Rechts und Teil des Gesundheits- und Sozialversicherungssystems in Deutschland. Im Sozialgesetzbuch (Fünftes Buch, SGB V) sind alle Bestimmungen zur GKV zusammengefasst, dieses trat am 1. Januar 1989 in Kraft. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung regeln die Krankenkassen ihren Haushalt eigenverantwortlich, wobei sie die Pflichtleistungen zu erfüllen haben. Man unterscheidet verschiedene Kassenarten: Die Betriebskrankenkassen (BKK) werden von Arbeitgebern mit mindestens 1000 Versicherungspflichtigen gegründet, dürfen ihre Leistungen allerdings auch für Betriebsfremde anbieten. Die Ersatzkassen (EK) entwickelten sich aus Selbsthilfevereinigungen und sind im Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek) organisiert. Mitglieder des Verbandes sind die Barmer EK, DAK-Gesundheit, HEK – Hanseatische Krankenkasse, Handelskrankenkasse, Kaufmänni- sche Krankenkasse und Techniker Krankenkasse. Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) wurden für örtliche Bezirke, meist für den Bezirk eines Stadt- oder Landkreises, geschaffen und bilden heute meist größere Einheiten auf der Ebene der Bundesländer durch Zusammenschlüsse einzelner Ortskrankenkassen.
Derzeit gibt es in Deutschland elf rechtlich selbstständige AOK. Die Innungskrankenkassen (IKK) sind aus den sogenannten Gesellenbruderschaften (selbstständige Handwerkergesellenorganisationen) hervorgegangen. Sie sind in erster Linie für Mitglieder von Innungen (Fachorganisationen für Handwerker) sowie für ihre Beschäftigten zuständig. Seit der Öffnung der gesetzlichen Krankenversicherungsträger sind sämtliche Innungskrankenkassen in Deutschland auch für andere Personen zugänglich. Die Landwirtschaftlichen Krankenkassen (LKK) sind Teil der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG). Es sind berufsständische Krankenkassen, somit gilt bei ihnen nicht das allgemeine Kassenwahlrecht. Landwirtschaftliche Unternehmer und mitarbeitende Familienangehörige sind in der LKK versicherungspflichtig. Die Knappschaften (KBS) richteten sich ursprünglich an die Arbeitnehmer des Bergbaus, sind seit dem 1. April 2007 allerdings für jedermann zugänglich.
Dauer der Mitgliedschaft Seit dem 1. Januar 1996 können alle Versicherungsnehmer der GKV ihren Anbieter frei wählen (Ausnahme LKK). Die Mitglieder sind über einen Zeitraum von 18 Monaten an die GKV gebunden und können im Anschluss zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats ohne Angabe von Gründen zu einer anderen Kasse wechseln. Ein Sonderkündigungsrecht gilt, wenn der Anbieter erstmals einen Zusatzbeitrag fordert, einen bereits vorhandenen Zusatzbeitrag erhöht oder eine Prämienzahlung vermindert. Durch das Inkrafttreten des GKV-Finanzierungsgesetzes gilt seit dem 1. Januar 2011 das Sonderkündigungsrecht auch für Versicherte, die sich in einen Wahltarif eingeschrieben haben.
Und die Privaten? Bei privaten Krankenversicherungen (PKV) handelt es sich um privatwirtschaftliche Unternehmen, die Krankenversicherungen als Leistung anbieten. Grundlage des Versicherungsverhältnisses ist ein privatrechtlicher Vertrag. In Deutschland ist eine PKV sowohl ergänzend als auch für spezielle Personengruppen anstelle der GKV möglich. Es gibt zahlreiche Tarife in der PKV, in deren Kalkulation unter anderem das Alter, der Gesundheitsstatus, die Selbstbeteiligung sowie das Gesundheitsverhalten der Versicherten einfließen.
Wer ist in der GKV pflichtversichert? Jeder Arbeitnehmer, dessen Bruttoarbeitsentgelt die aktuell geltende Jahres- arbeitsentgeltgrenze (auch Beitragsbemessungsgrenze oder Versicherungspflichtgrenze) nicht übersteigt, ist verpflichtet, sich in einer GKV zu versichern. Im Jahr 2019 liegt diese Grenze bei 60 750 Euro beziehungsweise 5063 Euro monatlich. Laut SGB Paragraph V sind folgende Personengruppen versicherungspflichtig: Arbeitnehmer, deren Entgelt bei mehr als 450 Euro monatlich liegt, aber die aktuell geltende Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigt, Auszubildende, Studierende und Praktikanten, die eine berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, Rentner mit bestimmten Vorversicherungszeiten, Bezieher von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld, Künstler und Publizisten, land- und forstwirtschaftliche Unternehmer sowie mitarbeitende Familienangehörige, Menschen ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall, die zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder der GKV zuzuordnen sind. In den ersten zwei Wochen nach Aufnahme der beruflichen Tätigkeit müssen sich Arbeitnehmer spätestens für eine Krankenkasse entscheiden, ansonsten meldet der Arbeitgeber sie bei einer GKV seiner Wahl an. Nicht gesetzlich versicherungspflichtig sind hingegen hauptberuflich Selbstständige, freiberuflich Erwerbstätige, Beamte, Richter und Zeitsoldaten. Niemand, der einmal in einer GKV Mitglied war, muss diese zwingend verlassen. Existenzgründer sind daher nicht verpflichtet, in die PKV einzutreten, sondern können freiwillig in einer GKV versichert bleiben.
Besser gesetzlich oder privat versichert? Einer Studie des Beratungsunternehmens Premium Circle zufolge sollen gesetzliche Krankenversicherungen bessere Leistungen bieten als private Krankenkassen (selbst bei deren Premiumtarifen). Für diesen Vergleich wurden 103 Mindestkriterien, wo- von 100 Bestandteile des Leistungskatalogs der GKV sind, definiert. Zusätzliche Kriterien waren höhere Leistungen beim Zahnersatz sowie eine Kostenerstattung bei Brillen ohne Altersbeschränkung. Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass bei den Toptarifen der privaten Kassen im Schnitt mehr als 25 Prozent der als unverzichtbar eingestuften Mindestanforderungen nicht erreicht wurden, bei den GKV waren es lediglich drei Prozent. Defizite und schlechtere Bedingungen bestehen für privat Versicherte beispielsweise in Bezug auf Kuren, Rehabilitation, die häusliche Krankenpflege, Psychotherapien, Impfungen sowie die Palliativversorgung.
Zurück in die GKV Privatversicherte kommen nicht so einfach wieder in die gesetzliche Krankenversicherung, allerdings gibt es für Wechselwillige ein neues Schlupfloch: Das regelmäßige Bruttoeinkommen muss so weit reduziert werden, dass es unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze (60 750 Euro brutto) fällt. Unterschreitet ein Angestellter diese Grenze, darf er nicht mehr privat versichert bleiben, wird in der GKV versicherungspflichtig und kann in eine Kasse seiner Wahl wechseln. Für Personen, die bereits am 31. Dezember 2002 privat versichert waren, gilt 2019 die Lohngrenze von 54 450 Euro brutto. Im neuen Paragraphen 9a des Teilzeit- und Befristungsgesetzes ist nun geregelt, dass Mitarbeiter nach der Teilzeitphase automatisch die alte Stundenzahl in ihrem Betrieb erhalten, vorausgesetzt sie sind bereits länger als sechs Monate in der Firma, die mindestens 45 Arbeitnehmer umfasst, beschäftigt. Betroffene dürfen auch in der GKV versichert bleiben, wenn die Teilzeitarbeit beendet ist und das Gehalt wieder steigt.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 04/19 ab Seite 108.
Martina Görz, PTA, Psychologin und Fachjournalistin