PKA-Fortbildung 03/04 2014
KOSMETIK
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Der Kosmetiksektor nimmt in der Freiwahl fast jeder Offizin-Apotheke eine herausragende, dominierende Rolle ein. Die Regalmeter sind voll mit den verschiedenen Kosmetikserien. Die Apotheke gilt aus Sicht der Bevölkerung als einer der kompetentesten Marktpartner in punkto Hautpflege – und doch könnten die Verkaufszahlen, so das Credo vieler Apothekenleiter, besser sein.
Während der Versandhandel zweistellig wächst, zeigen die offiziellen IMS-Health-Zahlen, dass die Offizin bei den Packungszahlen an Nachfrage verliert. Praktische Beispiele beweisen: Engagiert sich eine Apotheke im Kosmetiksektor tatsächlich intensiver und macht dies nach außen dem Kunden auch publik, greift sie womöglich ein Spezialthema, wie „Männerkosmetik“, „Sehr Empfindliche Haut“, „Entzündliche Haut“, „Winterhaut“, „Aknehaut“, „Diabetikerhaut“, „Neurodermitis“, aber auch „Anti-Aging im Fokus“ etc. auf, können die Kosmetikumsätze nicht nur für den Augenblick der akuten Marketing- oder Verkaufsaktion deutlich in die Höhe schnellen.
Höhere Margen des Kosmetiksektors im Vergleich zu den Arzneimitteln sollten dabei den größeren Mitarbeiteraufwand wirtschaftlich überkompensieren. Gerade PKA können sich hier gut profilieren und sich Zusatzkompetenzen erarbeiten.
Ziel: Erwartung treffenDer Kunde erhofft in der Apotheke gerade auch bei Kosmetik eine objektive Beratung jenseits firmenorientierter Interessen. Besonders sind sehr gut verträgliche Produkte gefragt, worunter der Kunde meist Eigenschaften wie „hypoallergen“ , „emulgatorfrei“ oder „frei von Duftstoffen und Konservierungsmitteln“ versteht. Durch geschickte Auswahl geeigneter Produkte beziehungsweise Depots kann die besondere Stellung der Apothekenkosmetik für den Verbraucher durch Begriffe wie „Dermokosmetik“ oder „Dermopharmazeutische Produkte“ noch untermauert werden.
Letztere sind kosmetische Mittel, bei denen der Anwendungszweck unter Mitberücksichtigung dermatologischer und pharmazeutischer Gesichtspunkte erreicht wird. Dermokosmetika spielen auch bei Problemhaut, bei Hauterkrankungen zur Vorbeugung, manchmal sogar zur Behandlung eine Rolle. Kosmetik Aussagen über die Wirksamkeit eines Produktes sollten durch wissenschaftlich haltbare Studien seitens der Hersteller nachgewiesen sein – was zusätzlich ein gutes Verkaufsargument schafft.
Eine positive Einstellung zur Kosmetik, Interesse, sich mit den am Markt angebotenen Mitteln und Gegenständen der Körperpflege und Hygiene sowie des Hautschutzes auseinanderzusetzen, das nötige Basis- und Produktwissen auf dem neuesten Stand zu halten sowie verkaufspsychologisches Können sind Voraussetzungen für den erfolgreichen Absatz kosmetischer Mittel.
In der Kommunikation sind verkaufsfördernde Formulierungen wie „verfeinert das Hautbild“, „stärkt sensible Haut“, „wirkt entspannend“, „straffend“, „verjüngt“, „glättet“, „revitalisiert“, „beruhigt“ ,„vitalisiert reife Haut“, „hilft hervorragend beim Abklingen von Rötungen“ etc. sehr hilfreich. Neben Firmenbroschüren und Tipps beziehungsweise Schulungen durch die einzelnen Firmenkosmetikerinnen des Sortiments, bieten Qualifizierungsmaßnahmen zur Kosmetikfachberaterin („ApoSkin Fachberaterin“), „Fachkraft für kosmetische Behandlung (IHK)“ oder gar eine zusätzliche komplette Kosmetikerausbildung Möglichkeiten, sich erweitertes Wissen anzueignen und mit einem Spezialprofil den eigenen Wert der Arbeitskraft zu steigern.
Ziele klar machen Kosmetika sind Pflegeprodukte. Gesunderhaltung und -heitsvorsorge der Haut sind ihre wichtigsten Ziele. Dass regelmäßige Pflege und Schutz eine Verbesserung des Hautzustandes bewirken und damit zum Wohlbefinden des Menschen beitragen, ist unbestritten. Kosmetika unterstützen die Haut also in all ihren Funktionen, vor allem auch bei der so wichtigen Schutzfunktion, normalisieren das Hautbild, was insbesondere bei sehr trockener oder fettiger Haut schnell zum Tragen kommt. Schönheitsmängel werden abgedeckt, der Alterungsprozess hinausgezögert, das Aussehen verbessert.
Als erstes gilt es, sich somit grundsätzlich über den Hautzustand eines Kunden klar zu werden. Dies kann durch Befragung geschehen, aber es existieren unterstützend auch Hautanalysemessgeräte, die Fett- und Feuchtigkeitszustand mithilfe einer Messsonde messen und auf einem Display anzeigen. Mittlerweile sind auch Hautanalysegeräte auf dem Markt, die Poren, Fältchen, Flecken (Pigmentierung), Trockenheit und Fett analysieren und mittels Kameraprogramm/Gesichtsfotografie softwaremäßig auswerten. Selbst Vorschläge für Empfehlungen sind nach Eingabe der vorhanden Marken und Produkte möglich.
Bei Kosmetikaktionen werden solche Geräte als Anreiz für den Kunden, seinen Hautzustand zu überprüfen, gerne angewandt. Für größere Apotheken oder solche mit Dermatologen im Einzugsbereich kann auch das Leasing oder der Kauf eines solchen Gerätes sinnvoll sein. Auf welches Spezialgebiet verstärkt gesetzt wird, hängt natürlich von der Kundenzusammensetzung der Apotheke ab – und dem möglichen Klientel, dass erreicht werden kann. An dieser Stelle werden zwei Möglichkeiten herausgegriffen.
„Spezialgebiet“ Neurodermitispflege Apotheken mit Kinderärzten in der Nähe werden öfters ein jüngeres Klientel bedienen, sodass hier kleine Neurodermitispatienten auftauchen werden. Fakt ist: Die Zahl der Neurodermitiker steigt! Das atopische Ekzem ist eine chronische, nicht ansteckende Hauterkrankung, von der besonders und in steigender Zahl Kinder betroffen sind. Inzwischen sind 15 bis 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen in den Industrieländern daran erkrankt. Sie leiden unter einer entzündeten Haut, vor allem am Hals und in den Gelenkbeugen, und einem oftmals fast unerträglichen Juckreiz.
Ingredienzien
Bekannte Anti-Aging-Wirkstoffe sind Antioxidanzien (Vitamin A, C, E), alpha-Liponsäure, Coenzym Q10, Phytohormone (Isoflavone, Cumestane, Lignane), Flavonoide (Flavonole, Flavanone, Anthocyanidine), alpha-Liponsäure, Ginkgoextrakte, Extrakte aus grünem Tee, Niacinamid (Vitamin B3), Polypeptide, 2-Dimethylaminoethanol (DMAE), Feuchthaltesubstanzen (Hyaluronsäure) und Sonnenschutzfilter. Um die Nachfrage der Verbraucherinnen zu befriedigen, kommen ständig neue Produkte mit manchmal eigenartigen Wirkstoffen oder phantasievollen Wirkstoffkomplexen auf den Markt.
Erkrankte Kinder können wegen des heftigen Juckreizes schlecht schlafen und haben Probleme, sich in der Schule zu konzentrieren. Mit ihnen leidet häufig die ganze Familie. Aus Kindern werden Jugendliche, dann Erwachsene – und auch diese sind immer wieder einmal von Schüben betroffen, meist allerdings nicht mehr ganz so stark wie im Kindesalter.
Bei Neurodermitis ist die Barrierefunktion der Haut gestört. Verantwortlich dafür sind neueren Erkenntnissen zufolge häufig Mutationen des Gens für das Protein Filaggrin, das eine wichtige Rolle für die Barrierefunktion der Haut spielt und für eine ausreichende Feuchtigkeit sorgt. Bei gesunden Menschen schützen die Hornzellen der obersten Hautschicht wie eine Barriere gegen schädliche Einflüsse und verhindern einen Feuchtigkeitsverlust. Ist diese Barriere gestört, können Schadstoffe, Allergieauslöser und Krankheitskeime leichter eindringen. Zudem verliert die Haut viel Feuchtigkeit.
Gekennzeichnet ist die Neurodermitis durch gerötete, schuppende, teilweise nässende Hautareale und einen chronisch oder chronisch-rezidivierenden Verlauf. Standardtherapie und entscheidende Basis einer erfolgreichen Behandlung sind pflegende Mittel zur Befeuchtung der trockenen Haut. In der Kosmetikfreiwahl werden von den einzelnen Firmen teils sehr unterschiedliche Präparate angeboten, die für Neurodermitispatienten geeignet sind.
Gerne werden natürliche Feuchthaltesubstanzen (NMF) wie Glycerol sowie Dexpanthenol, drei bis fünf Prozent Harnstoff (Vorschulalter), ab sechs Jahren sogar bis zu zehn Prozent Harnstoff in einer ansonsten eher lipidhaltigen Grundlage verwendet. Jojoba-, Mandel-, Nachtkerzenöl, Cholesterol, Ceramide und Omega- 3-Fettsäuren sollen die Lipide in der Haut-Lipid-Barriere ersetzen. Unterstützend enthält die Neurodermitiskosmetik häufig noch entzündungshemmende Stoffe wie Bisabolol, Licochalcone und Hyperforin, hautberuhigende Substanzen wie Selectiose oder juckreizstillende Stoffe wie Palmitoylethanolamin. Ebenso existieren spezielle Kinderprodukte für die Pflege.
Die gleichzeitig notwendige rückfettende Komponente darf auch bei der Reinigung nicht außer acht gelassen werden. Neben synthetischen Syndets mit möglichst leicht saurem pH-Wert, sind spreitende Ölbäder und Emulsionsölbäder sinnvoll. Stellen Sie doch – statt wie üblich in vielen Apotheken rein depot- oder markenbezogen – einmal rein indikationsbezogen ein Reinigungs- und Pflegesortiment für Neurodermitiker zusammen. Die Betroffenen danken es ihnen. Und – einmal zufriedengestellt – sind sie sehr treue Kunden. Wenn sich erst der Ruf herumgesprochen hat „In der XY-Apotheke erhält man gute Pflegeberatung bei Neurodermitis“ kommen auch von weiter her Mütter mit ihren Kindern.
ZUSATZINFORMATIONEN
„Spezialgebiet“ Anti-Aging
Der Wunsch den natürlichen Alterungsprozess hinauszuzögern, möglichst lange mit einer glatten, ebenmäßigen Haut jung auszusehen, hat dem Markt der Anti-Aging-Produkte ungeheure Impulse verliehen. Die Hautalterung ist ein allmählicher Verlust bestimmter Eigenschaften der jugendlichen Haut, die für Merkmale wie Straffheit, Dehnbarkeit, Elastizität und Pigmentierung verantwortlich sind.
Bedingt wird die Hautalterung zum einen intrinsisch (genetisch), zum anderen durch äußere Faktoren wie UV-Strahlung, Umweltschadstoffe und mechanische Beanspruchungen. Folge ist eine Abnahme der Hautdicke, der -elastizität, eine verminderte Barrierefunktion sowie ein erhöhter Wasserverlust der Haut samt Zunahme der Empfindlichkeit. Gegen all diese Veränderungen wollen Anti-Aging-Kosmetikprodukte Lösungen bieten.
Um bei der Beratung zu unterstützen, hat die Gesellschaft für Dermopharmazie e.V. in einer Leitlinie „Dermokosmetika gegen Hautalterung“, einzusehen unter www.gd-online.de, die Wirkstoffe gegen Hautalterung nach ihrer belegten Wirksamkeit beurteilt. Wer sich in diesem Dschungel Überblick verschafft und seriös berät, kann bei dem meist kaufkräftigen Klientel der Vierzig- bis Sechzigjährigen viel erreichen.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 03/14 ab Seite 94.
Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin