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Hauterkrankungen

KONTAKT UNERWÜNSCHT

Jeder vierte Deutsche reagiert allergisch, wenn seine Haut mit bestimmten Substanzen in Kontakt kommt. Kortison kann die Symptome kurzzeitig lindern, langfristig hilft aber nur, diese Stoffe zu meiden

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Bei einer Kontaktallergie, auch allergisches Kontaktekzem oder allergische Kontaktdermatitis genannt, reagiert der Körper auf eigentlich harmlose Substanzen mit einer überschießenden Immunreaktion. Dabei sensibilisiert die wiederholte Exposition zunächst bestimmte T-Lymphozyten des Immunsystems, die diese Substanz dann als „fremd“ einstufen. Beim nächsten Kontakt schütten sie dann zur Abwehr des Eindringlings Botenstoffe aus, die eine lokale Entzündungsreaktion hervorrufen.

Anders als bei herkömmlichen Allergien treten die Symptome jedoch nicht unmittelbar, sondern zeitverzögert auf. Man spricht daher auch von einer Allergie vom verzögerten Typ oder einer Typ-IV-Allergie. Im Prinzip kann fast jede Substanz, die uns im Alltag umgibt, zu einem Allergen werden, vor allem tierische oder pflanzliche Eiweiße, aber auch künstliche Stoffe. Tatsächlich ist sogar ein Metall der häufigste Auslöser für Kontaktallergien: Nickel.

Gefährliches Metall Als Nickel in den 1980er Jahren verstärkt in günstigem Modeschmuck verarbeitet wurde, häuften sich die Beschwerden bei Hautärzten über juckende und entzündete Stellen. Bis dahin waren eigentlich nur toxische Allergien als Reaktion auf einen direkt hautschädigenden Kontakt mit zum Beispiel Säuren oder anderen reizenden Stoffen bekannt. Jetzt wurden lokal begrenzte Allergien auf der Haut plötzlich zu einem Massenphänomen. Nickel war günstig und wurde daher neben Schmuck auch in vielen anderen Gegenständen verarbeitet, wie Reißverschlüssen, Knöpfen oder Brillengestellen.

Seit Nickel als Allergieauslöser Nummer eins enttarnt wurde, wird es seltener eingesetzt. Doch mit dem Nickel fing es nur an - plötzlich reagierten auch immer mehr Menschen allergisch auf Parfüm- oder Duftstoffe in Pflegeprodukten, auf ätherische Öle oder Parabene – oder sogar auf Heilpflanzen wie Arnika und Kamille. Selten ist hingegen die bekannte Reaktion auf Latex, das für Einweghandschuhe oder Kondome verwendet wird. Die meisten allergischen Kontaktekzeme verschwinden, wenn das Allergen gemieden wird.

Besteht der Hautkontakt zu lang, können sich die Symptome allerdings chronifizieren. Dann werden die betroffenen Stellen borkig, sie verhornen und es bilden sich Furchen. Chronisch wird eine Kontaktallergie häufig bei Menschen, die etwa von Berufs wegen den Reizstoffen ständig ausgesetzt sind, wie Friseure oder Reinigungspersonal. Hier hilft dann nur ein Abdecken der Haut durch Handschuhe – im besten Fall latexfreie.

Unangenehm und unansehnlich Die Symptome sind immer gleich: Die betroffene Hautstelle rötet sich zunächst (Erythem), dann schwillt sie an und die Haut wird warm, juckt oder brennt. Im schlimmsten Fall bilden sich kleine Bläschen. Wer an der Haut herummanipuliert, kratzt sie unter Umständen auf, sodass aus den Entzündungen nässende Wunden werden, in die leicht Krankheitskeime eindringen können. Ist es zu einer Superinfektion gekommen, müssen Antibiotika oder Antimykotika eingenommen werden.

Meist leiden die Betroffenen nicht nur wegen der unangenehmen Symptome unter der Allergie, sondern sie schämen sich in Gesellschaft auch für die unansehnlichen Hautveränderungen, die ja meist dort auftreten, wo keine Kleidung die Haut bedeckt, also an Händen, Unterarmen, Hals und Gesicht. Dazu kommt, dass viele Kontaktallergien lange bestehen bleiben, weil der Auslöser durch die zeitverzögert auftretenden Symptome nicht sofort identifiziert werden kann.

Schnell testen Bei den typischen Symptomen wird der Hautarzt daher schnell einen Allergietest durchführen. Anders als beim Prick-Test, bei dem die Haut angeritzt wird, nutzt man beim Verdacht auf Kontaktallergie den Patch-Test (Epikutantest). Dabei werden verschiedene Substanzen auf die Rückenhaut aufgetragen und mit einem Pflaster abgeklebt. Nach zwei Tagen werden die Pflaster entfernt und geprüft, auf welche Substanz die Haut reagiert hat. Auch, wenn die Symptome sich meist erst nach einem Tag zeigen, liegt die Reaktionszeit bei Typ-IV-Allergien zwischen 4 und 72 Stunden.

Bei früh eintretendem Juckreiz unter den Patches sollte man daher sofort den Arzt aufsuchen, um eine stärkere Reizung unterbinden zu können. Ebenso sollten die gepatchten Hautstellen noch bis zu drei Tage nach dem Abnehmen der Pflaster auf Spätreaktionen hin beobachtet werden. Ist das Allergen ermittelt, gilt es, den Hautkontakt mit diesem Stoff zu meiden. Die Symptome verschwinden dann meist nach zwei bis drei Wochen. Um den Heilungsprozess zu unterstützen, können die betroffenen Stellen mit duftstofffreien Ölen oder rückfettenden Cremes behandelt werden.

Als Creme aufgetragen oder in schweren Fällen auch als Tablette eingenommen, kann Kortison den Juckreiz und die Entzündungssymptome lindern. Diese Behandlung sollte aber nur kurzfristig und unter ärztlicher Aufsicht erfolgen. Tauchen die Symptome weiterhin auf, obwohl der Auslöser vermieden wurde, muss erneut getestet werden, denn nicht selten sind Betroffene gegen mehr als eine Substanz allergisch. Manchmal kann das Allergen auch so selten sein, dass sich die Diagnose sehr lange hinzieht. Geheilt werden kann eine Kontaktallergie nicht, da auch nach vielen Jahren T-Zellen gegen das Allergen vorhanden sind.

Hilfe bei chronischen Problemen Ist eine Kontaktallergie bereits chronisch geworden, kann UV-Licht helfen. Die betroffenen Hautstellen werden entweder mit reinem UVB-Licht bestrahlt oder mit einer Kombination aus UVA-Licht und dem fotosensibilisierenden Wirkstoff Psoralen, der zuvor in einer Salbe auf die Haut aufgetragen wird (PUVA-Therapie). Diese Therapie wird nur in schweren Fällen angewendet, da sie nicht nebenwirkungsfrei ist. So sind die Patienten noch bis zu zwölf Stunden nach der Therapie erhöht fotosensibel; zudem kann es zu Haarbalgentzündungen, Akne oder Nagelbetteinblutungen kommen. Für Schwangere ist die Therapie kontraindiziert.

Gleichzeitig zu sauber und zu schmutzig Dass viele Menschen überhaupt Allergien gegen eigentlich unbedenkliche Stoffe entwickeln, führen Experten auf zwei Faktoren zurück: eine immer höhere Belastung durch Umweltschadstoffe sowie eine übertriebene Hygiene im Kleinkindalter. Denn wie bei allen Allergien gilt, dass ein Aufwachsen in einer maßvoll keimbelasteten Umgebung das Immunsystem so ausbilden kann, dass Allergien gar nicht erst entstehen. Wissenschaftlich erwiesen ist zudem, dass Stillen das spätere Allergierisiko senkt.

Da Nickelallergien immer noch die häufigste Kontaktallergie darstellen, sollte man bei Schmuck am besten immer darauf achten, dass Ösen und Verschlüsse, zum Beispiel bei Ohrsteckern, aber auch Metallteile an Brillen, nicht aus Nickel gefertigt sind. Edelmetalle wie Silber und Gold sind teurere, aber sichere Alternativen. Übrigens spielen auch Faktoren eine Rolle, die bei anderen Allergieformen das Risiko erhöhen. Wer genetisch vorbelastet ist, raucht oder sich fettreich ernährt, läuft eher Gefahr, eine allergische Kontaktdermatitis zu entwickeln.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/17 auf Seite 138.

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