Psychologie in der Apotheke
KOMMUNIKATION
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Stellen Sie sich vor, dass ein Kunde grußlos die Apotheke betritt, sich umschaut und Ihnen dabei den Rücken zukehrt. Nonverbal signalisiert Ihr Gegenüber, dass er an einem Gespräch nicht interessiert ist. Selbstverständlich senden auch PTA und Apotheker Signale über die Körpersprache aus, es spielt demnach eine entscheidende Rolle, ob sie sich dem Kunden zuwenden und ihn anlächeln oder wegschauen und die Arme verschränken. Der Begriff Kommunikation stammt aus dem Lateinischen (Verb: communicare) und bedeutet teilen, mitteilen, teilnehmen lassen, gemeinsam machen, vereinigen.
Kommunikation stellt die Übertragung und den Austausch von Informationen zwischen den Kommunikationspartnern dar. Dabei kodiert der Sender den Inhalt, schickt ihn an den Empfänger, welcher die Nachricht wieder dekodiert und für sich interpretiert. Was in der Theorie so einfach klingt, kann im Alltag jedoch eine Herausforderung darstellen. Dies liegt daran, dass aufgrund der Komplexität der Individuen der Austausch von Informationen von zahlreichen Faktoren beeinflusst werden kann.
Im Apothekenalltag gehört Kommunikation zum täglichen Geschäft und ist für das Apothekenpersonal selbstverständlich. Das Wissen über verschiedene Grundlagen sowie die Beachtung einiger Regeln kann die Verständigung zwischen Kunden, Kollegen, PTA und Apothekern deutlich verbessern. Im Folgenden erhalten Sie daher einen Überblick über die verschiedenen Kommunikationsmodelle und haben die Möglichkeit, Ihr tägliches Handwerkzeug einmal theoretisch zu betrachten.
5 Axiome von Watzlawik Kommunikation ist allgegenwärtig und jegliches Verhalten verfügt über einen kommunikativen Charakter. Menschen stehen immer miteinander in Kommunikation, ob durch Sprache oder nonverbal durch Verhalten, Mimik oder Gestik. Die Voraussetzung für Kommunikation ist, dass sich die Personen gegenseitig wahrnehmen und sich „zueinander verhalten“. Sie senden und empfangen Botschaften auf verschiedenen Ebenen. Auch wenn jemand schweigt, kommuniziert er, denn er zeigt, dass er kein Gespräch wünscht. Genauso wie man nicht nicht kommunizieren kann, kann man sich nicht nicht verhalten (Axiom 1).
Die zweite Grundregel der Kommunikation lautet, dass jede Kommunikation über einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt verfügt. Beim Inhalt geht es darum, was mitgeteilt werden soll, während der kommunikationsrelevante Beziehungsaspekt berücksichtigt, wie die Botschaft verstanden wird oder wie der Sprecher die Beziehung zu seinem Gegenüber einschätzt. Besteht zwischen Kunde und Apothekenmitarbeiter beispielsweise eine negative Beziehung, wird diese häufig auf Inhalte übertragen. Vorschläge der unsympathischen PTA werden abgelehnt, obwohl sie objektiv sehr hilfreich wären. Das dritte Axiom von Watzlawik besagt, dass Kommunikation immer Ursache und Wirkung ist: Das eigene Verhalten wird in der Regel als Reaktion auf das Verhalten des Gegenübers interpretiert.
Im Streitfall führt dies dazu, dass meist der Konfliktpartner als Ursache für die Meinungsverschiedenheit gesehen wird. Das folgende Beispiel zeigt, wie schnell Kommunikation schiefgehen kann: Hat ein Kunde etwa das Gefühl, dass die PTA ihm nicht zuhört, verkürzt er seine Ausführungen und reagiert auf ihre Fragen wortkarg. Durch das vermehrte Nachfragen gerät die PTA unter Zeitdruck, weil sich mittlerweile eine Kundenschlange gebildet hat. Sie beschleunigt die Beratung, während der Kunde die Apotheke verlässt und denkt: „Sie hat sich gar keine Zeit genommen, mir richtig zuzuhören.“ Laut dem vierten Axiom von Watzlawik bedient sich die menschliche Kommunikation analoger und digitaler Modalitäten.
Durch die digitale Kommunikation wird der Inhaltsaspekt der Botschaft übermittelt, die analoge Kommunikation drückt die Beziehungsebene aus und ist in der Regel mehrdeutig. Das nonverbale Verhalten geschieht unbewusst und bietet Anlässe für Störungen in der Kommunikation (zum Beispiel Konflikte). Aufgrund der Komplexität der Situation sollten PTA und Apotheker Kunden stets ausreden lassen, Blickkontakt halten und Verständnis (etwa durch Nicken) zeigen – auf diese Weise signalisieren sie Interesse und Aufmerksamkeit. „Kommunikation ist symmetrisch (gleichwertig) oder komplementär (ergänzend).“ Diesen Satz definierte Watzlawik als letztes Axiom seiner Theorie.
Wie die Verständigung abläuft, hängt unter anderem davon ab, ob die Beziehung zwischen den Partnern auf Gleichheit oder auf Unterschiedlichkeit beruht. Bei einer symmetrischen Unterhaltung existiert eine Beziehung auf Augenhöhe, während es bei der komplementären Form einen starken und schwachen Partner gibt. Die verschiedenen Positionen stellen zunächst kein Problem dar, erst wenn beide Parteien ihre Positionen unterschiedlich einordnen oder die Positionszuweisung des Kommunikationspartners nicht akzeptieren, kann die Situation eskalieren.
Zwischen den Zeilen Das Eisberg-Modell von Siegmund Freud überlappt sich stark mit dem vierten Axiom von Watzlawik und erklärt die unterschiedlichen Ebenen der Kommunikation. Stellen Sie sich das Bild von einem Eisberg vor: Nur ein kleiner Teil (etwa 20 Prozent) ist sichtbar, ebenso verhält es sich nach Freud in Gesprächen. Dieser sichtbare, bewusste Teil der Kommunikation entspricht dem Verhalten (Worte, Taten, Körpersprache), während der unsichtbare, unbewusste Teil (80 Prozent) Emotionen, Wahrnehmung und Willen beinhaltet. Es ist auch für den Apothekenalltag hilfreich, das Modell zu beachten, denn weiß man um den hohen unbewussten Anteil der Beziehungsebene, können Kommunikationspartner so manchen Konflikt durch aktives Zuhören, durch die Beachtung persönlicher Hintergründe oder durch Nachfragen vermeiden.
Kongruente Nachrichten Weisen alle Signale der Botschaft in eine Richtung, gilt sie als kongruent. Schimpft ein Kunde darüber, dass sein Medikament in der Apotheke nicht vorrätig ist, passen ein wütender Blick und eine laute Stimme zu seiner Aussage. Stehen hingegen die verbalen und nonverbalen Signale im Widerspruch zueinander, ist dies für den Empfänger verwirrend.
Fazit Zusätzlich zum Wissen rund um die Kommunikationstheorien spielt die Eigenverantwortung bei der Verständigung eine entscheidende Rolle. PTA und Apotheker sollten möglichst kundenorientiert und kundengerecht kommunizieren, indem sie die Sprache der Patienten übernehmen und komplizierte Fachbegriffe vermeiden. Außerdem empfiehlt sich die Vergewisserung, dass sie Ihr Gegenüber richtig verstanden haben. Dies ist durch Nachfragen oder durch Zusammenfassen der Kundenwünsche möglich. Mit Hilfe der Übernahme der Eigenverantwortung sowie durch die Beachtung der Kommunikationstheorien kommt man einer reibungslos verlaufenden Kommunikation einen großen Schritt näher.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/19 ab Seite 128.
Martina Görz, PTA, Psychologin und Fachjournalistin
Wir kommunizieren jeden Tag mit Menschen – ob wir wollen oder nicht.