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Früh erkannt ist ein Prostatakrebs gut heilbar, doch meist wird er erst spät erkannt. © eugenekeebler / iStock / Getty Images

Krebserkrankungen

KEIN KREBS FÜR JUNGE MÄNNER

Prostatakrebs ist der häufigste Tumor bei Männern – im Durchschnitt sind die Betroffenen 70 Jahre alt. Hinsichtlich der Todesfälle steht die Erkrankung nach Lungen- und Dickdarmkrebs auf Platz drei.

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Knapp 60 000 Männer erkranken jedes Jahr in Deutschland neu an Prostatakrebs, einer bösartigen Wucherung der Vorsteherdrüse. Die Erkrankung tritt hauptsächlich im Alter auf, unter 50-Jährige sind davon so gut wie nie betroffen. Die Prostata ist eine kastaniengroße Drüse, die aus zwei Lappen besteht, die den oberen Teil der Harnröhre rechts und links umschließen. Sie liegt unterhalb der Harnblase, wobei ihr hinterer Teil an den Enddarm grenzt, so dass sie rektal zu ertasten ist. Als wichtiges Sexualorgan produziert sie ein Sekret, das beim Orgasmus in die Harnröhre entleert wird und zusammen mit den Spermien das Ejakulat bildet. Es verdünnt das Ejakulat, damit die Spermien sich schnell fortbewegen können. Dafür ist ein Enzym verantwortlich, das prostataspezifische Antigen (PSA), das auch eine wichtige Rolle in der Therapiekontrolle der malignen Erkrankung spielt.

Anfangs ohne Symptome Früh erkannt ist ein Prostatakrebs gut heilbar, doch meist wird er erst spät erkannt. Denn Beschwerden machen sich erst dann bemerkbar, wenn die Erkrankung bereits weit fortgeschritten ist und der Tumor auf benachbarte Gewebe und Strukturen wie Harnblase, Darm oder Wirbelsäule drückt. Dann kann es zu Problemen und Schmerzen beim Wasserlassen oder Ejakulieren kommen und dem Urin und der Samenflüssigkeit kann Blut beigemischt sein. Auch Erektionsstörungen können auftreten, ebenso wie Schmerzen am unteren Rücken. All diese Symptome müssen aber nicht zwangsläufig auf Prostatakrebs hindeuten. Denn viele von ihnen können auch bei einer gutartigen Vergrößerung der Vorsteherdrüse auftreten, wie sie bei älteren Männern häufig ist, oder auch ganz andere Gründe haben.

Früherkennung: Zwei Seiten einer Medaille Damit die Erkrankung bereits im Frühstadium erkannt werden kann, haben Männer ab 45 Jahren einmal im Jahr Anspruch auf eine von den Krankenkassen bezahlte Untersuchung, die ein Abtasten der Prostata durch den After beim Urologen beinhaltet. Früher wurde danach noch der PSA-Wert im Blut bestimmt, der beim Vorliegen eines Prostatakarzinoms erhöht ist. Da der PSA-Wert jedoch auch aus anderen Ursachen ansteigen kann, wie etwa durch längeres Fahrrad fahren oder Entzündungen, wurde er in Deutschland als Früherkennungsmethode wieder abgeschafft. Durch die Vorsorgeuntersuchungen werden Prostatakarzinome heute früher erkannt. Das führte einerseits zu höheren Fallzahlen, andererseits konnte auch die Sterblichkeit gesenkt werden. Allerdings weiß man nie, ob die entdeckten kleinen Tumoren rasch wachsen und gefährlich werden können. Oft wachsen sie nur sehr langsam und werden dann als „Haustierkrebs“ bezeichnet.

Umfangreiche Diagnostik Sind bereits krebstypische Symptome aufgetreten, ist jedoch schnelles Handeln erforderlich. Der Arzt wird Hoden und Lymphknoten auf Schwellungen prüfen und eine digital-rektale Untersuchung durchführen. Ist die Prostata dabei unauffällig, kann eine transrektale Ultraschalluntersuchung helfen, Tumoren zu erkennen, die sich der Tastuntersuchung entziehen, weil sie seitlich oder nach vorne gewachsen sind. Eine Gewebebiopsie kann schließlich Gewissheit bringen. Mittels des Gleason-Scores wird das Tumorgewebe hierbei histologisch bewertet.

Je höher der Score, der von zwei bis zehn Punkten reicht, desto aggressiver wachsen die Tumorzellen und desto schlechter ist die Prognose. Für das weitere Vorgehen ist es wichtig herauszufinden, ob der Tumor sich noch in der Gewebekapsel des Organs befindet, schon darüber hinaus gewachsen ist oder bereits gestreut hat. Eine etwaige Metastasierung kann man durch bildgebende Verfahren erkennen. Da Knochenmetastasen bei Prostatakrebs am häufigsten sind, führt man auch eine Knochenszintigrafie durch und bestimmt den Wert der Alkalischen Phosphatase im Blut, der bei Knochenmetastasen erhöht ist.

Nicht immer operieren Normalerweise wird man bei einer Krebserkrankung versuchen, den Primärtumor zu entfernen. Beim Prostatakrebs ist man davon in der vergangenen Zeit immer mehr abgewichen, vor allem bei älteren Patienten. Denn ein operativer Eingriff ist oft mit Folgen verbunden, die die Lebensqualität beeinträchtigen. Bei kleineren, langsam wachsenden Tumoren, die noch innerhalb der Prostatakapsel liegen, wird man daher eher ein „watchful waiting“ bevorzugen, also ein beobachtendes Abwarten unter ärztlicher Kontrolle, oder eine engmaschige ärztliche Kontrolle („active surveillance“), bei der Betroffene alle drei Monate untersucht werden. Bei fortgeschrittenen Tumoren oder einem hohen Gleason-Score wird man sich jedoch dafür entscheiden, die Geschwulst zu entfernen.

Individuelle Therapie Dazu gibt es verschiedene Optionen. Bei der Operation werden die Prostatakapsel, der von ihr umschlossene Teil der Harnröhre, Samenbläschen, Samenleiter sowie umgebende Lymphknoten operativ entfernt (radikale Prostatektomie). Nach einer Operation können sich Inkontinenz und Impotenz einstellen, weshalb viele Männer Angst davor haben. Eine ebenso wirksame Alternative kann die Strahlentherapie sein. Neben der Bestrahlung von außen gibt es mittlerweile gute Erfolge mit der Bestrahlung von innen, der Brachytherapie: Kleine radioaktive Strahlungsquellen werden direkt in den Tumor eingebracht, wodurch das umliegende gesunde Gewebe geschont wird. Der Tumor kann auch durch Kälte (Kryotherapie) oder hochfokussierten Ultraschall (HIFU-Therapie) zerstört werden, die sich jedoch nicht für jeden Patienten eignen. Hat der Tumor bereits gestreut, ist keine Heilung mehr möglich. Dann zielt die Therapie auf die Verlängerung des Lebens und die Linderung der Symptome ab.

Kampf dem Testosteron Da das Wachstum der Tumormetastasen durch Testosteron angeregt wird, versucht man dies durch eine antihormonelle Behandlung (chemische Kastration) zu verhindern, die entweder die Bildung von Testosteron unterbindet oder seine Wirkung blockiert. Alle Hormontherapien sind mit zum Teil schwerwiegenden Nebenwirkungen behaftet und können den Krebs nicht heilen, sondern nur sein Wachstum bremsen. Außerdem verlieren sie mit der Zeit ihre Wirkung. Solche „kastrationsresistenten“ Tumoren können dann weiter mit einer Chemotherapie behandelt werden, die jedoch zumeist wenig effektiv ist.

Umso wichtiger sind neue Therapieverfahren, die sich in der Entwicklung befinden wie etwa Immuntherapien, die derzeit bei vielen anderen Krebsformen erfolgreich eingesetzt werden. Ebenfalls wichtig ist die Linderung der Symptome, vor allem der sehr schmerzhaften Skelettmetastasen, die zu Knochen- und Wirbelbrüchen bis hin zur Querschnittlähmung führen können. Neben dem Einsatz von Bisphosphonaten zur Knochenstabilisierung gibt es hierzu mittlerweile auch radioaktive Moleküle wie Radium-223, die gezielt in die wachsenden Knochenmetastasen aufgenommen werden und sie zerstören können.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/19 ab Seite 26.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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