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IM ZEITALTER DER HORMONE
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Bereits vor fast 4000 Jahren haben Ägypterinnen kontrazeptive Eigenschaften des Granatapfelsamens genutzt. Im Laufe der Geschichte wurden die Methoden zur Empfängnisverhütung verfeinert, ihre Vielfalt vergrößert und vor allem bedeutend effektiver gestaltet. Heute können Frauen aus einer Vielzahl an Maßnahmen individuell die passende für sie wählen.
Pearl-Index Ein wichtiges Entscheidungskriterium bei der Auswahl der Verhütungsmethode ist ihre kontrazeptive Wirksamkeit. Ein Maß dafür, wie sicher und zuverlässig eine Methode eine ungewollte Schwangerschaft verhindert, ist der Pearl-Index (PI). Er nennt die Zahl der Schwangerschaften pro 100 Frauen, die ein Jahr lang die jeweilige Methode zur Kontrazeption angewendet haben. Beim Kondom lautet der PI beispielsweise 2 bis 12, das heißt es werden im Verlaufe eines Jahres zwei bis 12 von 100 Frauen unter der Verwendung eines Kondoms als Verhütungsmethode schwanger. Im Vergleich dazu liegt der PI beim Einsatz eines oralen Kombinationspräparates aus Estrogenen und Gestagenen bei 0,1 bis 0,9. Grundsätzlich gelten Methoden mit einem PI unter 1 als sicher, zwischen 1 und 5 als relativ sicher und solche mit einem PI zwischen 5 und 10 bieten einen mittleren Schutz.
TYPISCHE SYMPTOME EINER EMBOLIE
+ Starke Schmerzen oder Schwellungen eines Beins, die begleitet sein können von Druckschmerz,
Erwärmung oder Änderung der Hautfarbe des Beins (Verdacht auf tiefe Beinvenenthrombose)
+ Plötzliche unerklärliche Atemlosigkeit, Atemnot oder schnelle Atmung; starke Schmerzen in der
Brust, welche bei tiefem Einatmen zunehmen können; plötzlicher Husten ohne offensichtliche
Ursache, bei dem Blut ausgehustet werden kann (Verdacht auf Lungenembolie)
+ Brustschmerz (meist plötzlich auftretend), aber manchmal nur Unwohlsein, Druck,
Schweregefühl, vom Oberkörper in den Rücken, Kiefer, Hals und Arm ausstrahlende
Beschwerden, zusammen mit einem Völlegefühl, Verdauungsstörungen oder Erstickungsgefühl,
Schwitzen, Übelkeit, Erbrechen oder Schwindelgefühl (Verdacht auf Herzinfarkt)
+ Schwäche oder Taubheitsgefühl des Gesichtes, Arms oder Beins, die auf einer Körperseite
besonders ausgeprägt ist; Sprach- oder Verständnisschwierigkeiten; plötzliche Verwirrtheit;
plötzliche Sehstörungen oder Sehverlust; schwerere oder länger anhaltende
Kopfschmerzen/Migräne (Verdacht auf Schlaganfall)
Mit Hormonen verhüten Mittel zur Kontrazeption auf Hormonbasis gehören zu den sichersten und beliebtesten Methoden. Die erste Verhütungspille wurde vor mehr als 50 Jahren auf dem deutschen Arzneimittelmarkt eingeführt. Heute verwenden in Deutschland knapp sieben Millionen Frauen die Pille. Unter „der“ Pille versteht man üblicherweise orale Kontrazeptiva, die Estrogen und Gestagen kombiniert enthalten. Reine Gestagen-Präparate werden als Minipille bezeichnet. Zudem existieren weitere hormonhaltige Darreichungsformen mit Depotwirkung wie Dreimonatsspritze, Implantat, Vaginalring, transdermales System (Hormonpflaster) und Intrauterinsystem (Hormonspirale).
Die Pille – der Klassiker Die Pille enthält die Hormone Estrogen und Gestagen in unterschiedlichen Kombinationen und Konzentrationen. Dabei werden Ein- und Mehrphasenpräparate unterschieden. Die klassische und am häufigsten verwendete Form der Pille ist das Einphasenpräparat, bei dem jede wirkstoffhaltige Tablette die beiden weiblichen Sexualhormone in konstanter Menge enthält. Bei Mehrphasenpräparaten variieren die Hormondosierungen an den einzelnen Einnahmetagen des Einnahmezyklus, um den natürlichen Verlauf des Menstruationszyklus genauer nachzuahmen. Als Estrogenkomponente dient zumeist Ethinylestradiol, dessen Dosis im Laufe der Zeit immer weiter reduziert wurde, um das Auftreten von Nebenwirkungen zu minimieren.
Gängige Präparate enthalten heute zwischen 35 und 20 Mikrogramm Ethinylestradiol. Sie werden wegen ihres niedrigen Estrogengehaltes auch als Mikropille bezeichnet (cave: nicht zu verwechseln mit der Minipille). Daneben sind Präparate mit naturidentischem Estradiolvalerat und 17-Beta-Estradiol als bioidentisches Estrogen auf dem Markt. Als Gestagenkomponente kommen verschiedene Gestagene in unterschiedlichen Konzentrationen zum Einsatz. Je nach Art des enthaltenen Gestagens und dem Zeitpunkt ihrer Entwicklung werden die Pillen in verschiedene Generationen eingeteilt.
Die ersten Präparate enthielten Norethisteron (Pille der ersten Generation). Heute ist ein gängiger Kombinationspartner Levonorgestrel in unterschiedlichen Konzentrationen (Pille der zweiten Generation) oder neu entwickelte Gestagene wie Desogestrel, Gestoden und Norgestimat ohne androgene Effekte (Pille der dritten Generation) sowie Drospirenon, Chlomadinon, Dienogest und Nomegestrol mit antiandrogener Aktivität (Pille der vierten Generation). Letztere Kontrazeptiva werden bei Frauen mit starker Akne, Seborrhoe oder Androgenisierungserscheinungen, wie einer vermehrten Körperbehaarung (Hirsutismus), verordnet. Drospirenon eignet sich darüber hinaus bei Frauen mit Wassereinlagerungen (Ödemen) aufgrund antimineralkortikoider Eigenschaften.
Sicher und zuverlässigDie Pille täuscht dem weiblichen Organismus eine Schwangerschaft vor und wirkt auf dreierlei Art empfängnisverhütend:
- Sie unterdrückt den Eisprung (Ovulation) über eine Unterbindung der Reifung der Eizellen (Follikel),
- erhöht die Viskosität des Schleimpfropfes am Gebärmutterhals (Zervixschleim), sodass die Spermien den Kanal des Muttermundes kaum passieren können und
- verhindert den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium), wodurch sich ein befruchtete Ei nicht einnisten kann.
Durch diesen komplexen Mechanismus erzielen orale Estrogen- Gestagen-Kombinationen eine hohe Sicherheit (PI 0,1 bis 0,9).
VERHÜTUNG IN DEN WECHSELJAHREN
Verhütung ist auch in den Wechseljahren ein wichtiges Thema, denn in der Prä- und Perimenopause kann eine Frau theoretisch noch schwanger werden. Frauen können erst dann auf die Verhütung verzichten, wenn sie ein Jahr lang keine Menstruation mehr hatten. Hormonelle Kontrazeptiva sind bei älteren Frauen allerdings nur begrenzt einsetzbar, da mit steigendem Alter der Frau auch ihr Risiko für thromboembolische Ereignisse wie Herzinfarkt oder Schlaganfall deutlich zunimmt. Daher sind Kontrazeptiva mit Gestagenen der dritten und vierten Generation in den Wechseljahren kontraindiziert. Der Arzt kann aber individuell abwägen, ob er eine niedrig dosierte Pille der zweiten Generation einer gesunden Frau ohne Risikofaktoren verordnet.
Einphasenpräparate Die meisten Pillen folgen dem 21/7-Schema. Das bedeutet, dass die Präparate 21 Tabletten mit derselben Estrogen-Gestagen- Kombination enthalten. Sind alle Tabletten aufgebraucht, folgt eine siebentätige Pillenpause, in der eine Entzugsoder Abbruchblutung stattfindet. Es sind auch Präparate mit 28 Tabletten auf dem Markt, die neben 21 wirkstoffhaltigen Tabletten sieben Tabletten ohne Wirkstoff anbieten. Hier erfolgt keine Pillenpause. Es werden alle 28 Tabletten nacheinander genommen und im Anschluss daran mit der neuen Packung begonnen. Die Blutung setzt während der Einnahme der Placebo- Tabletten ein.
Hintergrund ist, dass mit den Placebo-Tabletten die Compliance und Sicherheit der Pille gesteigert werden kann. Durch ein konstantes Einnehmen von Pillen ist es leichter, die wirkstofffreie Zeit einzuhalten. Die Pillenpause wird somit seltener versehentlich verlängert. Die wirkstofffreie Zeit darf nur maximal sieben Tage andauern, da ansonsten die Sicherheit der Pille gefährdet ist. Eine erhöhte kontrazeptive Sicherheit sollen auch Einphasenpräparate mit dem 24/4 Schema erzielen. Diese enthalten 24 wirkstoffhaltige und vier Placebo-Tabletten und werden auch 28 Tage lang komplett durchgenommen. Zudem wird durch das verkürzte hormonfreie hormonfreie Intervall die Ovulation zuverlässiger unterdrückt.
Langzyklus möglich Einphasenpräparate können auch längere Zeit ohne Pillenpause zur Anwendung kommen. Dafür werden die wirkstoffhaltigen Tabletten kontinuierlich eingenommen. Man spricht dann vom Langzyklus-Schema. Vorteil sind die ausbleibenden Blutungen, weniger zyklusabhängige Beschwerden und eine noch stärkere kontrazeptive Wirksamkeit. Das ist vor allem für Frauen mit Erkrankungen vorteilhaft, bei denen keine Hormonschwankungen oder Blutungen erwünscht sind (z. B. zyklusbedingte Migräne, Prämenstruelles Syndrom/PMS, Endometriose, polyzystisches Ovarialsyndrom, Myome, Akne, Eisenmangelanämie).
Zudem eignet sie sich für Frauen, die längerfristig Barbiturate, Antibiotika, Antiepileptika oder andere Arzneimittel einnehmen, welche die pharmakologische Wirkung oraler Kontrazeptiva beeinträchtigen können. Üblich ist das 84/7-Schema, bei dem eine kontinuierliche Einnahm der Pille über 12 Wochen mit einem anschließenden siebentätigen einnahmefreien Intervall erfolgt. Möglich ist aber auch eine pausenlose Einnahme der Pille über mehrere Monate hinweg (bis zu einem Jahr und länger). Lange Zeit erfolgte das Langzyklus-Schema off-label. Seit 2014 steht auch ein zugelassenes Präparat zur Verfügung, das flexibel 24 bis 120 Einnahmetage durchgenommen werden kann.
Mehrphasenpräparate Diese Pillen versuchen den weiblichen Zyklus nachzuahmen, um weniger Nebenwirkungen auszulösen. Daher sind bei diesen Präparaten an den einzelnen Einahmetagen jeweils unterschiedliche Mengen an Estrogen und Gestagen enthalten, weshalb diese Pillen unbedingt in der vorgeschriebenen Reihenfolge der Blisterpackung einzunehmen sind. Bei den Mehrphasenpräparaten sind verschiedene Regime (z. B. Zwei- und Dreiphasenpräparate) auf dem Markt, bei denen die Sexualhormone je nach Einnahmezyklus unterschiedlich hoch dosiert einzeln und/oder in Kombination enthalten sind. Darunter sind auch Präparate zu finden, die zusätzlich noch Placebo-Tabletten bereithalten (z. B. Vierphasenpräparat mit 26/2-Schema). Allerdings sind die geringeren unerwünschten Effekte prinzipiell mit einer unsicheren kontrazeptiven Wirkung verknüpft, vor allem, wenn die Einnahme einer Pille vergessen wird.
Minipille Davon zu unterscheiden sind reine Gestagen-Präparate, die 28 Tage lang immer täglich ohne Einnahmepause genommen werden. Sie werden als Minipille bezeichnet. Ältere Minipillen-Präparate enthalten als Gestagen Levonorgestrel und weisen eine geringere Sicherheit (PI 0,5 bis 3) als Kombinationspräparate auf, da sie lediglich peripher über eine verminderte Beweglichkeit der Eileiter, einer Verdickung des Zervixschleims und einer Wachstumshemmung der Gebärmutterschleimhaut wirken. Sie haben in der Regel keine ovulationshemmende Wirkung.
Lediglich die neueren Minipillen mit 75 Mikrogramm Desogestrel können in 97 Prozent aller Anwendungen den Eisprung verhindern. Diese Präparate sind daher ebenso sicher und zuverlässig wie die herkömmliche Pille. Die Minipille ist für Frauen geeignet, die keine synthetischen Estrogene vertragen, und für solche, die stillen, da Gestagene keine negative Wirkung auf die Milchproduktion haben. Nachteilig ist die schlechte Zykluskontrolle mit unregelmäßige Blutungen, Schmier- und Zwischenblutungen, die oft zum Absetzen der Präparate führen.
Werden während der Verwendung hormoneller Kontrazeptiva Arzneimittel eingenommen, die zu einer Abschwächung der empfängnisverhütenden Wirkung führen können (z. B. Antiepileptika, Antibiotika, Johanniskraut), sollte die Frau zusätzlich nicht-hormonell verhüten.
EinnahmeregelnDer volle Verhütungsschutz ist bei der Pille nur gewährleistet, wenn sie täglich möglichst immer zum gleichen Zeitpunkt genommen wird. Eine verspätete Einnahme ohne Einfluss auf den Empfängnisschutz darf bei der klassischen Estrogen-Gestagen- Kombination keine zwölf Stunden überschreiten. Anders kann es sich bei den rein Gestagen- haltigen Minipillen verhalten. So darf das Einnahmefenster bei den älteren Präparaten mit Levonorgestrel als Gestagen- Komponente nur um maximal drei Stunden überschritten werden. Bei der neueren Desogestrel- haltigen Minipille verringert eine um bis zu zwölf Stunden verspätete Einnahme den Empfängnisschutz nicht.
Pille vergessen Ist es bei den üblichen Kombinationspräparaten zu Einnahmefehlern gekommen, kann der Empfängnisschutz verloren sein. Prinzipiell sinkt die Sicherheit mit der Zahl der vergessenen Tabletten, wobei es beim Vergessen nur einer Tablette Unterschiede je nach Zeitpunkt der Verhütungspanne gibt. Prinzipiell ist ein Fehler in der Zyklusmitte weniger schlimm als zu Beginn oder am Ende des Zyklus. Wurden allerdings zwei Tabletten oder gar mehr innerhalb eines Einnahmezyklus nicht genommen, besteht generell kein ausreichender Empfängnisschutz mehr.
Als Faustregel beim Vergessen nur einer Pille einer Estrogen- Gestagen-Kombination im 21- Tage-Blister (Einphasenpräparat) gilt:
- Wurde die Einnahme einer Tablette in der ersten Einnahmewoche versäumt, sollte die unterlassene Einnahme so schnell wie möglich nachgeholt werden (selbst wenn dann zwei Tabletten gleichzeitig genommen werden müssen). Zudem muss sieben Tage nach dem Vergessen der Pille zusätzlich verhütet werden. Kam es am Tag der vergessenen Einnahme oder in den Tagen zuvor zu Geschlechtsverkehr, kann eine Schwangerschaft nicht sicher ausgeschlossen werden.
- Eine vergessene Tablette in der zweiten Einnahmewoche beeinflusst die Sicherheit nicht negativ, wenn zuvor eine regelmäßige Einnahme erfolgte. Auch in diesem Fall ist die versäumte Pille so schnell wie möglich nachträglich einzunehmen. Zusätzliche Verhütung ist nicht zwingend notwendig.
- Beim Vergessen einer Tablette in der dritten Einnahmewoche kann der Verhütungsschutz im folgenden einnahmefreien Intervall nicht mehr gewährleistet werden. Daher sollte entweder die unterlassene Pilleneinnahme sofort nachgeholt und die siebentägige Pillenpause nach der letzten Tablette weggelassen werden. Alternativ wird die Pillenpause vorverlegt. Bei dieser Option wird auf die nachträgliche Einnahme der vergessenen Pille verzichtet.
Die beschriebene Methode gilt prinzipiell für die meisten Einphasenpräparate, das konkrete Vorgehen sollte aber immer noch einmal im Beipackzettel des jeweiligen Pillenpräparates nachgelesen werden.
Alternativen zur oralen Pilleneinnahme Aber nicht nur mangelnde Compliance, auch Durchfall und Erbrechen beeinträchtigen die Sicherheit oraler Kontrazeptiva. Zuverlässige Alternativen, an deren tägliche Einnahme nicht gedacht werden muss und die den Magen- Darm-Trakt umgehen, können hormonhaltige Depotformen sein. Zur Auswahl stehen Präparate, die kontinuierlich eine Estrogen-Gestagen-Kombination abgeben, wie der Vaginalring und ein transdermales System (Hormonpflaster). Daneben existieren rein Gestagen-haltige Depotformen wie das Implantat (Hormonstäbchen), ein intrauterines System (Hormonspirale) oder die Gestagen-haltige Depotspritze.
Vaginalring 2003 kam ein durchsichtiger, transparenter, weicher und flexibler Ring aus Ethylen-Vinylacetat-Copolymer auf den deutschen Arzneimittelmarkt. Dieser Vaginalring setzt kontinuierlich über drei Wochen hinweg niedrige Konzentrationen Estrogen und Gestagen (Etonogestrel) frei, die über die Vaginalschleimhaut resorbiert werden. Der Vaginalring ist derzeit mit einer Ethinylestradiol- Dosis von 15 Mikrogramm pro Tag das Kombinationspräparat zur Empfängnisverhütung mit der niedrigsten Estrogendosierung in Deutschland.
Der Ring wird von der Frau selber eingesetzt und nach dreiwöchiger Tragedauer selbständig entfernt. In der folgenden ringfreie Woche setzt die Abbruchblutung ein. Ein neuer Ring sollte immer am gleichen Wochentag zur gleichen Uhrzeit appliziert werden. Wenn er weniger als drei Stunden außerhalb der Vagina war, ist der kontrazeptive Schutz nicht beeinträchtigt. Die Verhütungssicherheit, Zykluskontrolle, der Wirkmechanismus und die Gegenanzeigen sind die gleichen wie bei der Pille (PI 0,65 bis 1,18).
Verhütungspflaster Zur gleichen Zeit wie der Vaginalring kam ein transdermales Matrixpflaster zur Empfängnisverhütung in die deutschen Apotheken. Es wird einmal wöchentlich auf die Haut geklebt, nach drei Wochen erfolgt eine siebentägige Hormonpause. Das Pflaster gibt kontinuierlich Estrogen und Gestagen (Norelgestromin) ins Blut ab, wobei die Dosis der täglich freigesetzten Hormone mit 20 Mikrogramm Ethinylestradiol der von Mikropillen entspricht.
Auch Wirkprinzip, Verträglichkeit und Sicherheit sind die gleichen wie die der Pille (PI 0,88). Es ist allerdings nicht für Frauen über 90 kg geeignet, da bei ihnen der Empfängnisschutz nicht ausreichend gewährleistet ist. Sollte sich das Pflaster für weniger als 24 Stunden ganz oder teilweise abgelöst haben, wird kein zusätzliches Kontrazeptivum notwendig, wenn es an derselben Stelle wieder aufgeklebt oder durch ein neues Pflaster ersetzt wird. Die häufigste unerwünschte Wirkung des Pflasters sind Hautreizungen, die zum Therapieabbruch führen können. Die Gegenanzeigen entsprechen weitestgehend denen der Pille.
Thromboemboliegefahr Bei allen Estrogen-Gestagen-Kombinationen kann es zu Nebenwirkungen wie Zwischenblutungen, leichten Kopfschmerzen, Brustspannen oder Übelkeit kommen. Diese unerwünschten Effekte treten vor allem in den ersten Monaten der Einnahme auf. Gefürchtet sind jedoch vor allem die thromboembolischen Ereignisse wie tiefe Beinvenenthrombosen oder Lungenembolien. Sie treten zwar sehr selten auf, sind aber sehr schwerwiegend. Das Risiko hängt neben individuellen Gegebenheiten wie Alter über 35 Jahre, Rauchen, Übergewicht, Thromboembolien in der eigenen oder in der Familienanamnese und Migräne auch von der eingenommenen Wirkstoffkombination sowie der Dosierung ihrer Einzelkomponenten ab. Grundsätzlich erhöhen sowohl Estrogene als auch Gestagene das Thromboembolierisiko.
Durch Reduktion der Ethinylestradioldosis ließ sich bei modernen Präparaten das Risiko für Thrombosen bereits deutlich senken. Während die ersten oralen Kontrazeptiva (Pillen der ersten Generation) über 50 Mikrogramm Estrogen enthielten, weisen die heutigen Pillen in der Regel 20 bis 30 Mikrogramm auf. Zudem erhofft man sich von den „natürlichen“ Estrogenen Estradiolvalerat und 17-beta-Estradiol eine geringere Thrombogenität, wobei dazu derzeit noch keine gesicherten Aussagen gemacht werden können. Was man aber inzwischen sicher weiß, ist, dass bei den modernen Präparaten mit niedriger Estrogendosis vor allem die Gestagen-Komponente das Thromboembolierisiko bestimmt, wobei vor allem Gestagene der dritten und vierten Generation das Risiko für thromboembolischen Ereignisse erhöhen.
Besonders hoch ist das Risiko in den ersten zwölf Anwendungsmonaten, vor allem in den ersten drei Monaten sowie nach einer Einnahmeunterbrechung von vier Wochen. Im Umkehrschluss geht man derzeit davon aus, dass sich das Thromboembolierisiko durch Dosisreduktion des Estrogens und Auswahl eines risikoarmen Gestagens vermindern lässt. Diese Zusammenhänge gelten nicht nur für kombinierte orale Kontrazeptiva (klassische Pille), sondern auch für andere Darreichungsformen, die Estrogene in Kombination mit Gestagenen der dritten und vierten Generation enthalten. Daher ist auch beim Verhütungsring und dem Verhütungspflaster das Thromboembolierisiko erhöht.
Kontraindikation für die PilleDie Pille und andere kombinierte Estrogen-Gestagen- Präparate sind nicht für alle Frauen das Verhütungsmittel der Wahl. Vor Verwendung sind mögliche Kontraindikationen zu beachten, wobei Unterschiede gemacht werden, welche Estrogen-Gestagen-Kombination verordnet wird. So sind hormonelle Kontrazeptiva mit Gestagenen der dritten und vierten Generation insbesondere nicht geeignet für Frauen
- über 35 Jahre
- mit positiver (Familien-) Anamnese bezüglich Thromboembolien
- mit Bluthochdruck (über 140/90 Millimeter Hg)
- mit Diabetes
- mit stark erhöhtem Blutlipidspiegel bei ihnen selbst oder bei einem nahen Verwandten
- mit Migräne
- mit kardiovaskulärer Vorerkrankung
- mit Komorbiditäten mit erhöhtem Thromboserisiko wie beispielsweise Krebs, systemischem Lupus erythematodes, Sichelzellenanämie, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, hämolytisch-urämischem Syndrom
- unter Medikation mit potenziell thrombogenen Arzneimitteln wie beispielsweise Kortikosteroide, Neuroleptika, Antipsychotika, Antidepressiva, Chemotherapeutika
- deren Mobilität länger als vier Stunden eingeschränkt ist (geplante Reise) sowie , für Raucherinnen.
Überhaupt keine hormonellen Kontrazeptiva sollten vier Wochen vor einer geplanten Operation und bis zu zwei Wochen nach vollständiger Remobilisierung sowie bis drei Wochen nach einer Entbindung zur Anwendung kommen. Weitere Kontraindikationen für alle hormonellen Kontrazeptiva sind das Vorliegen von Thromboembolien, Gerinnungsstörungen, Migräne mit Aura, Diabetes mit Gefäßschäden, sehr hoher Blutlipidspiegel a a sowie Rauchen in einem Alter über 35 Jahre.
Gestagen-MonopräparateHingegen gelten reine Gestagenpräparate als unbedenklich. Sie scheinen keinen negativen Effekt auf das Gerinnungssystem zu haben und daher auch nicht das Thromboembolierisiko zu erhöhen (Ausnahme: Depot-Injektion). Sie sind sehr zuverlässige Verhütungsmethoden, die für Frauen geeignet sind, die keine Estrogene einnehmen möchten oder dürfen. Im Allgemeinen werden estrogenfreie Methoden gut vertragen. Allerdings kann es, besonders zu Beginn der Anwendung, zu unregelmäßigen Blutungen, Akne, Kopfschmerzen und depressiven Verstimmungen kommen.
Die Blutungsunregelmäßigkeiten normalisieren sich meist innerhalb weniger Monate wieder. In anderen Fällen bleibt die Menstruation aber komplett aus (Amenorrhoe), was von den Frauen unterschiedlich bewertet wird. Manche Frauen sind beim Fehlen einer Regelblutung beunruhigt, andere schätzen wiederum, dass nicht nur die Blutung, sondern auch eventuelle damit verbundene Schmerzen ausbleiben. Neben der Minipille stehen als estrogenfreie Kontrazeptiva Gestagen-haltige Depotformen wie die Dreimonatsspritze, ein implantierbares Verhütungsstäbchen und eine Hormonspirale zur Verfügung.
Implantierbares VerhütungsstäbchenDas Hormonimplantat ist in Deutschland seit dem Jahr 2000 zugelassen und wird vom Arzt in die Innenseite des Oberarms unter die Haut geschoben. Das Stäbchen setzt kontinuierlich bis zu drei Jahre lang eine niedrige Dosis an Gestagen (Etonogestrel) frei, die zur Unterdrückung des Eisprungs ausreicht und somit eine hohe Sicherheit bedingt (PI 0,1). Da sich das Polymer des Trägermaterials nicht abbaut, muss das Stäbchen durch einen kleinen Schnitt mit einer Klemme wieder entfernt werden. Da estrogenfrei, ist das Implantat für stillende Mütter geeignet. Bei übergewichtigen Frauen kann im dritten Anwendungsjahr der Empfängnisschutz durch allmähliches Abfallen der Freisetzungsrate des Hormons verringert sein, sodass ein vorzeitiger Wechsel des Implantates notwendig werden kann.
Hormonspirale Bei der hormonhaltigen T-förmigen Kunststoffspirale handelt es sich ebenfalls um ein reines gestagenhaltiges Kontrazeptivum. Die Spirale wird vom Arzt direkt in der Gebärmutterhöhle platziert, wo sie kontinuierlich über fünf Jahre hinweg das Gestagen (Levenorgestrel) freisetzt. Die Hormonspirale verhütet sehr sicher (PI 0,16), obwohl sie durch die niedrige Hormondosis keine Unterdrückung der Ovulation bewirkt. Sie führt lediglich zu einer Viskositätserhöhung des Zervixschleims. Wie bei anderen Gestagen-Monopräparaten auch, kann sich das Zyklusmuster verändern. Anfangs sind Schmierblutungen häufig, später kann es zu sehr schwachen und unregelmäßigen Blutungen, aber auch zur Amenorrhö kommen. Stillende Frauen können die Hormonspirale verwenden, für kinderlose Frauen ist das intrauterine System aber nur bedingt geeignet, weil die Einlage nicht möglich oder sehr schmerzhaft sein kann.
Depotgestagene zur Injektion Hormonhaltige Depotspritzen mit Medroxyprogesteronacetat sind schon über 30 Jahre im Handel, werden heute aber nur selten verwendet. Die Depotspritze wird alle drei Monate vom Arzt in den Gesäß- oder Oberarmmuskel der Frau injiziert. Aufgrund der hohen Dosierung des Hormons wirkt die Spritze nicht nur peripher durch Verdickung des Zervixschleims und Beeinflussung der Gebärmutterschleimhaut, sondern auch durch Unterdrückung des Eisprungs und wirkt so zuverlässig empfängnisverhütend (PI 0,2 bis 2). Auch hier sind häufige Blutungsstörungen typisch, die bei 20 bis 50 Prozent der Verwenderinnen einen Therapieabbruch verursachen. Darüber hinaus führen die Depotspritzen häufig zu Nebenwirkungen wie beispielsweise Gewichtszunahme, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Nervosität, depressiver Stimmung und Abnahme der Libido.
Notfallverhütung Ist es zu einer Verhütungspanne gekommen, kann bis zu fünf Tage nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr mit Hilfe einer Kupferspirale das Einnisten einer befruchteten Eizelle verhindert werden. Zudem stellt die „Pille danach“ eine Möglichkeit dar, eine ungewollte Schwangerschaft abzuwenden. Seit März 2015 ist sie ohne Rezept erhältlich, was Frauen aber nicht dazu verleiten sollte, diese apothekenpflichtigen Präparate als eine Methode zur Empfängnisverhütung einzusetzen. Die „Pille danach“ bleibt ein Notfallkontrazeptivum, das nicht für die Routineverhütung gedacht ist.
„Pille danach“ Das Notfallkontrazeptivum gibt es in zwei Varianten. Entweder ist Levonorgestrel oder Ulipristal enthalten. Beide Wirkstoffe können den Eisprung verschieben, sodass vorhandene Spermien absterben, bevor sie auf eine befruchtungsfähige Eizelle treffen. Eine bereits bestehende Schwangerschaft können sie aber nicht beeinflussen, sodass die „Pille danach“ keine Abtreibungspille ist. Zudem bieten sie keinen absoluten Schutz. Beide Wirkstoffe haben eine Wirklücke, die im Wirkmechanismus begründet ist. Ulipristal versagt nach erfolgtem Eisprung. Levornogestrel wirkt bereits nicht mehr, wenn der Anstieg des luteinisierenden Hormons (LH), der dem Eisprung unmittelbar vorausgeht, begonnen hat.
Rasch reagierenDamit die „Pille danach“ eine ungewollte Schwangerschaft verhindern kann, muss sie möglichst bald nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr zum Einsatz kommen. Für beide Wirkstoffe gilt die Regel, dass sie umso sicherer wirken, je früher sie eingenommen werden. Die „Pille danach“ mit dem hoch dosierten Gestagen Levonorgestrel sollte vorzugsweise innerhalb von zwölf Stunden nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr und nicht später als 72 Stunden (drei Tage) danach geschluckt werden. Mit Ulipristal hat die Frau sogar noch zwei Tage mehr Zeit, eine ungewollte Schwangerschaft abzuwenden. Der Progesteronrezeptor-Modulator wirkt bis zu 120 Stunden (fünf Tage) nach dem ungeschützten Verkehr, zeigt aber die beste Wirkung bei Einnahme innerhalb von 24 Stunden.
Zusätzlich verhüten Da die „Pille danach“ nur den Eisprung verschiebt, ist im Rest des Zyklus bei erneutem Geschlechtsverkehr wieder eine Schwangerschaft möglich. Die Kundin sollte daher darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie bis zum Eintreten der nächsten Blutung mit einer nicht-hormonellen Methode zusätzlich verhüten muss. Obwohl die Wirksamkeit eines zuvor routinemäßig angewandten hormonellen Empfängnisschutzes nicht mehr gewährleistet werden kann, wird den Frauen dennoch geraten, ihre hormonellen Kontrazeptiva weiterhin zu verwenden, um Zyklusstörungen zu vermeiden.
Nicht-hormonelle VerhütungsmethodenEs stehen mehrere hormonfreie Möglichkeiten für eine natürliche Verhütung zur Verfügung. Allerdings sind sie meist weniger sicher als hormonelle Kontrazeptiva (Ausnahme: Kupferspirale und Kupferkette), wobei es unter den verschiedenen Verhütungsmethoden große Unterschiede gibt, wie der PI zeigt. Die Sicherheit nicht-hormoneller Verhütungsmethoden hängt entscheidend von ihrer korrekten Handhabung ab. Um die Zuverlässigkeit des Empfängnisschutzes zu erhöhen, ist es ratsam, verschiedene Methoden zu kombinieren. Unter den mechanischen Methoden kommt das Kondom (Präservativ, PI 2 bis 12) am häufigsten zum Einsatz. Es bietet wie das Femidom („Kondom für die Frau“, PI 5 bis 25) den Vorteil, zusätzlich vor sexuell übertragbaren Erkrankungen zu schützen.
Während das Femidom mit fett- und wasserlöslichen Gleitmitteln oder Spermiziden kombiniert werden darf, zerstören Cremes auf Fettoder Ölbasis das Kondom. Sie sind auch bei Verwendung eines Diaphragmas (Scheidenpessar, PI 1 bis 20) ungeeignet, da sie auch dieses angreifen. Spermizide sind chemische Verhütungsmethoden, die als Schaum, Spray, Gel, Salbe oder Zäpfchen zur Verfügung stehen. Sie setzen Nonoxiol-9, Milch- und Zitronensäure als Wirkstoffe ein, welche die Spermien abtöten oder ihre Beweglichkeit hemmen sollen. Aufgrund ihres hohen PI (3 bis 21) eignen sie sich vor allem als zusätzliche Verhütungsmaßnahme und werden beispielsweise bei Verwendung eines Diaphragmas angeraten.
Ein Diaphragma wird vor dem Geschlechtsverkehr vor dem Muttermund platziert und darf erst sechs bis acht Stunden nach dem Geschlechtsverkehr entfernt werden. Nach Gebrauch wird es immer gereinigt. Sind Risse zu sehen, muss es sofort ausgetauscht werden, ansonsten sollte spätestens nach fünf Jahren ein Wechsel erfolgen. Gleiches gilt für die Portiokappe (Okklusivpessar, PI 6). Sie wird allerdings nur selten zur Verhütung eingesetzt. Diaphragma und Portiokappe sind in verschiedenen Größen erhältlich und müssen vom Frauenarzt individuell angepasst werden. Auch die Kupferspirale (Intrauterinpessar, PI 0,3 bis 0,8) und die Kupferkette (PI 0,1 bis 0,5) erfordern den Gang zum Gynäkologen.
Er legt diese während der Regelblutung in die Gebärmutter ein, wo sie bis zu fünf Jahre verbleiben können. Das Kupfer vermindert die Beweglichkeit der Spermien derart, dass sie nicht mehr in der Lage sind, die Eizellen zu befruchten. Nicht zu vergessen sind die Methoden zur natürlichen Familienplanung wie die Kalendermethode (Knaus-Ogino-Methode), Temperatur-Methode (Bestimmung der Basaltemperatur), Billings-Methode (Begutachtung des Zervixschleims) sowie eine Kombination aus Temperatur- und Billings-Methode (symptothermale oder Rötzer-Methode). Diese Methoden werden immer beliebter, zumal es spezielle Minicomputer gibt, die dabei helfen, die fruchtbaren Tage zu identifizieren.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 03/17 ab Seite 34.
Gode Meyer-Chlond, Apothekerin
„Im Zeitalter der Hormone”