PTA-Fortbildung 02/12
HEUSCHNUPFEN & ALLERGIEN
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Bei einer Allergie reagiert das Immunsystem auf Stoffe aus der Umwelt, die eigentlich ganz harmlos sind. Zu den häufigsten Allergenen zählen Blütenpollen, Tierhaare und die Ausscheidungen von Hausstaubmilben. Aber auch Allergien gegen Arzneistoffe, wie Penicillin, oder Lebensmittel, wie Nüsse, Getreide und Milch, sind nicht selten. Die Symptome sind vielfältig. Die Bandbreite reicht von Schnupfen und geschwollenen, tränenden und juckenden Augen über Asthma, Hautreaktionen und Ödemen bis zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock sowie Erscheinungen, die manchmal nur schwer mit dem Allergen in Verbindung gebracht werden können.
Erstkontakt nötig Wenn man sich gegen ein Allergen sensibilisiert, prägt sich das Immunsystem den Kontakt mit dem Allergen in das „immunologische Gedächtnis” ein. Es bildet entweder spezifische Antikörper oder spezifische T-Lymphozyten (zelluläre Immunreaktion). Während der Sensibilisierungsphase zeigen sich normalerweise noch keine Erscheinungen. Erst bei erneutem oder anhaltendem Kontakt mit dem Allergen wird das Gedächtnis reaktiviert, was zu den Symptomen der Allergie führt.
Um als Allergen erkannt zu werden, muss eine Substanz bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Das Immunsystem erkennt nur Vollantigene, dies sind Moleküle, die eine gewisse Mindestgröße besitzen. Niedermolekulare Substanzen können erst nach Bindung an ein körpereigenes Trägermolekül zum Allergen werden. So wird das Penicillinmolekül erst nach Öffnung des beta-Lactam-Ringes und kovalenter Bindung an ein körpereigenes Protein zum Vollantigen.
Sofort oder verzögert Man unterscheidet vier verschiedene Typen der Allergie oder Hypersensitivität. Die häufigste Form ist die Typ-I-Allergie.
Nach Kontakt mit dem Allergen, zum Beispiel Blütenpollen, aber auch einigen Arzneimitteln, bilden die B-Lymphozyten Antikörper vom Typ IgE. Sie binden an spezielle Rezeptoren auf der Oberfläche der Mastzellen. Dies ist die Sensibilisierungsphase, sie führt noch nicht zur Aktivierung der Zellen. Erst bei einem weiteren Kontakt mit dem Allergen kommt es zur allergischen Reaktion.
Denn jetzt vernetzt das Allergen zwei IgE-Moleküle an ihren Rezeptoren auf der Zelle miteinander. Die Mastzellen werden dadurch aktiviert, sie degranulieren. Das bedeutet, sie entleeren ihre mit Histamin und weiteren Substanzen, wie Leukotrienen, gefüllten Vesikel durch Exozytose nach außen. Histamin bindet an Rezeptoren der umliegenden Gewebszellen und führt innerhalb von Sekunden zur Erweiterung der Gefäße, zum Austritt von Serum aus den Gefäßen und damit zu Quaddelbildung und Ödemen.
Die Leukotriene wirken bronchokonstriktorisch und können einen Asthmaanfall auslösen. Eine generalisierte Histaminausschüttung, die dann den ganzen Körper betrifft, kann durch die Volumenverschiebung aus den Gefäßen ins Gewebe zum Zusammenbruch des Blutdrucks und damit zu einem anaphylaktischen Schock führen. Da die Typ-I-Allergie oft innerhalb von Sekunden bis Minuten nach der Allergenexposition auftritt, bezeichnet man sie auch als Allergie vom Soforttyp oder einfach als allergische Sofortreaktion. Typische Beispiele sind Heuschnupfen und Tierhaarallergien, Urtikaria, allergisches Asthma, Quincke-Ödem und anaphylaktische Reaktionen.
Bei der Typ-II-Allergie oder Allergie vom zytotoxischen Typ bilden sich innerhalb weniger Stunden IgM- und IgG-Antikörper. Sie aktivieren das Komplementsystem, das aus mehr als 20 Plasmaproteinen besteht, die in einem kaskadenartigen Aktivierungsmechanismus einen lytischen Komplex bilden. Dieser macht Membranen durchlässig, zerstört Zellen und löst Entzündungsreaktionen aus. Man kennt die Reaktion Typ II beispielsweise als hämolytische Anämie nach Bluttransfusionszwischenfällen, aber auch als allergische Reaktion auf Medikamente, wie zum Beispiel als allergische Agranulozytose. Dies ist eine mögliche Nebenwirkung von Metamizol und zahlreichen anderen Arzneistoffen.
Die Typ-III-Allergie nennt man auch Allergie vom Immunkomplextyp. Hier bilden sich innerhalb von Stunden Immunkomplexe aus Antigen und Antikörper. Die Komplexe können zellgebunden sein oder frei im Blut zirkulieren. Sie werden normalerweise rasch und effektiv mithilfe der Phagozyten entfernt. Bei Ablagerung der Immunkomplexe im Gewebe kommt es durch Aktivierung des Komplementsystems zur Freisetzung von Entzündungsmediatoren, was Entzündungen und Gewebszerstörung zur Folge hat. Besonders häufig betroffen sind die Glomerula der Nieren, dies führt zur Glomerulonephritis. Auch allergische Gefäßentzündungen (Vaskulitiden) sind möglich.
Die einzige zellvermittelte Reaktion ist die Typ-IV-Allergie oder Allergie vom verzögerten Typ (Spättyp). Sie wird durch T-Lymphozyten ausgelöst. Die aktivierten T-Zellen induzieren die Produktion von Zytokinen, die weitere Leukozyten an den Ort des Allergens locken und schließlich eine Entzündung des Gewebes auslösen. Da diese Reaktion erst ein bis zwei Tage nach dem Kontakt mit dem Allergen entsteht, wird sie als verzögert bezeichnet. Typische Beispiele sind die Abstoßung von Transplantaten und das allergische Kontaktekzem, am bekanntesten ist hier die Nickelallergie.
Heuschnupfen In Deutschland sind etwa 15 bis 25 Prozent der Bevölkerung von Heuschnupfen betroffen. Abhängig von den Pollenflugzeiten der einzelnen Pflanzen können die Symptome zu unterschiedlichen Zeiträumen im Jahr auftreten. Pollenkörner sind kleine Zellen, die das männliche Erbgut der Pflanzen übertragen und durch den Wind überall hin verstreut werden. Eine Roggenähre kann durch den Wind bis zu vier Millionen Pollenkörner verstreuen. Um darauf allergisch zu reagieren, reicht bereits eine Menge von 50 Pollen pro Kubikmeter Luft.
Genau genommen sind es bestimmte Eiweiße aus den Pollenkörnern, auf die Allergiker reagieren. Die häufigsten Beschwerden sind tränende, juckende, brennende oder entzündete Augen sowie Fließschnupfen und Niesreiz. Nicht selten sind Pollenallergiker neben den genannten Symptomen von Konzentrations- oder Schlafstörungen betroffen. Durch einen nicht fachgerecht behandelten Heuschnupfen können auch die tiefer gelegenen Atemwege in Mitleidenschaft gezogen werden. Kommt zum Heuschnupfen ein allergisches Asthma bronchiale, spricht der Arzt vom Etagenwechsel.
Man schätzt, dass nach acht Jahren unbehandeltem Heuschnupfen etwa 40 Prozent der Patienten allergisches Asthma bekommen. Wer unter Heuschnupfen leidet, entwickelt nach einer Weile möglicherweise auch allergische Reaktionen auf bestimmte Nahrungsmittel. Während oder nach dem Essen brennt und juckt es dann im Mund und die Schleimhäute schwellen an. Manchmal sind Magenbeschwerden oder Durchfall die Folge. Auch Haut- oder gar anaphylaktische Reaktionen sind möglich.
Eine solche Kreuzallergie entsteht durch Ähnlichkeiten des allergieauslösenden Pollens mit bestimmten Eiweißen des betreffenden Nahrungsmittels, auf die der Körper dann gleichermaßen mit einer Immunantwort reagiert. Typisch ist zum Beispiel bei einer Allergie gegen Birken-, Erlenoder Haselpollen eine später auftretende Allergie gegen Haselnüsse, Sellerie oder Äpfel.
Nahrungsmittelallergien Unverträglichkeiten gegenüber Lebensmitteln gibt es häufig. Nicht immer steckt jedoch eine Allergie dahinter. Echte Nahrungsmittelallergien kommen mit etwa fünf Prozent in der Kindheit und mit zwei Prozent im Erwachsenenalter vor. Die Symptomatik ist oftmals uncharakteristisch. Es können verschiedene Organsysteme betroffen sein, manchmal auch außerhalb des Magen-Darm-Traktes, sodass der Zusammenhang mit dem Allergen oftmals nicht sofort ersichtlich ist.
Häufig müssen zunächst andere Erkrankungen ausgeschlossen werden, um eine eindeutige Diagnose zu stellen. So kann sich hinter Oberbauchbeschwerden und Krämpfen eine Laktoseintoleranz oder ein Reizdarmsyndrom verbergen. Intoleranzen können auch nach dem Genuss von Lebensmitteln auftreten, die große Mengen biogener Amine, wie Histamin, Phenylethylamin, Serotonin oder Tyramin, enthalten. Viel Histamin ist beispielsweise in Hefe, Tomatenketchup, Fisch, Sauerkraut, Pilzen, Bier, Wein und Käse enthalten. Bei prädisponierten Personen kann dies zu Unverträglichkeitsreaktionen, die einer Allergie ähneln, führen.
Normalerweise wird das Histamin im Darm durch das Enzym Diaminoxidase (DAO) abgebaut. Wird jedoch zu wenig DAO produziert, treten schon bei geringen Mengen Histamin in einer Mahlzeit Beschwerden auf. Man spricht dann von Histaminose, Histaminintoleranz oder biogener Aminintoleranz. Die meisten echten Nahrungsmittelallergien zählen zu den Allergien vom Soforttyp. In Einzelfällen sind jedoch auch die anderen Allergietypen möglich.
Meist sind es Proteine oder Glykoproteide aus Pflanzen, gegen die sich die allergische Reaktion richtet. In Europa zählen Getreide, Nüsse, Milch, Obst, Ei, Hülsenfrüchte und Fisch zu den häufigsten Allergenen. Auf Früchte, Gemüse und Nüsse reagieren Betroffene häufig mit dem oralen Allergiesyndrom. Dabei entwickelt sich ein pelziges Gefühl in der Mundhöhle, Lippen und Zunge schwellen an. Dazu können unter Umständen lebensbedrohliche Ödeme im Rachen sowie Nies- und Juckreiz kommen.
Übelkeit und Erbrechen sowie Oberbauchschmerzen weisen auf eine Reaktion im oberen Gastrointestinaltrakt hin. Blähungen, Bauchkrämpfe, Durchfall oder Verstopfung sprechen für eine Reaktion im unteren Gastrointestinaltrakt. Extraintestinale Symptome einer Nahrungsmittelallergie betreffen in erster Linie die Haut, den Atmungsapparat und die Augen. So kann die Haut mit Urtikaria, Flush (anfallsweise auftretende Rötung, meist im Gesicht), Juckreiz oder Aufflammen eines atopischen Ekzems reagieren.
Rhinitis und Asthma bronchiale sind Symptome der Atemwege. Auch eine Konjunktivitis als allergische Reaktion ist nicht ungewöhnlich. Problematisch ist es, Symptome am Nervensystem und an den Gelenken zu diagnostizieren. Bei Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie ist es in diesen Fällen sinnvoll, ein Ernährungstagebuch zu führen. Bezüglich der Art und Weise der Sensibilisierung gegen Lebensmittel unterscheidet man zwei Kategorien: die klassischen Lebensmittelallergene und die pollenassoziierten Lebensmittelallergene.
Beim Pricktest wird überprüft, ob die in Frage kommenden Allergene Hautreaktionen wie Juckreiz, Rötungen oder Quaddelbildung auslösen.
Erstere führen nach oraler Aufnahme alleine zu einer Sensibilisierung und bei erneuter Disposition zur Auslösung der Symptome. Besonders problematisch ist hier, dass viele der klassischen Lebensmittelallergene auch durch Kochen oder andere Zubereitungsmethoden resistent sind. Die pollenassoziierte Lebensmittelallergie basiert auf der kreuzreaktiven Erkennung der Allergene durch primär gegen die Pollen gerichtete IgEAntikörper. Die wichtigste Gruppe der kreuzreaktiven Lebensmittelproteine ist verwandt mit dem Hauptallergen der Birke. Daher sind diese Kreuzallergien so häufig.
Allergien gegen Arzneimittel So wird die Arzneimittel-bedingte Aktivierung des Immunsystems bezeichnet. Sie ist von der pseudoallergischen Reaktion zu unterscheiden, die nicht durch Antikörper vermittelt wird, sondern durch die direkte Arzneimittel-induzierte Freisetzung der Immunmediatoren aus den Mastzellen. Die Symptome lassen sich nicht von echten IgEvermittelten Allergien unterscheiden, da beiden die Mastzelldegranulation zugrunde liegt. So kann leicht eine allergische Reaktion vorgetäuscht werden.
Gemeinsam ist beiden, dass sie nicht vorhersehbar sind und auch nicht über den pharmakologischen Wirkungsmechanismus erklärt werden können. Sie sind im Allgemeinen auch nicht dosisabhängig und können bereits durch kleinste Wirkstoffmengen hervorgerufen werden. Arzneimittelallergien können sich prinzipiell durch alle vier Allergietypen äußern. So lösen eine Vielzahl von Pharmaka, ganz besonders Antibiotika, Arzneistoffe mit Proteincharakter, Blutprodukte und auch viele Hilfsstoffe Allergien vom Soforttyp aus, während Penicilline, Sulfonamide und einige Schmerzmittel auch Allergien vom zytotoxischen Typ hervorrufen können.
Impfstoffe, Allergene im Rahmen einer Hyposensibilisierungsbehandlung und niedermolekulare Heparine sind Beispiele für den Immunkomplex-vermittelten Typ; zahlreiche Arznei- und Zusatzstoffe wie Parabene, Wollwachs oder Thiomersal in topisch applizierten Arzneimitteln für den verzögerten Typ.
Phytoallergene Auch für eine Reihe von pflanzlichen Arzneimitteln werden sensibilisierende Inhaltsstoffe beschrieben. Meist sind es kleine, reaktionsfreudige, lipophile Moleküle, die nach Reaktion mit einem körpereigenen Eiweiß zum Vollantigen werden. In Europa sind es vor allem Arten aus der Familie der Asteraceae (Korbblütler), die für allergische Reaktionen verantwortlich gemacht werden. Hier finden sich Sesquiterpenlactone als potente Allergene.
Man kennt Kontaktdermatitiden gegen Arnika und Ringelblumen. Eine Sensibilisierung gegen echte Kamille scheint jedoch sehr selten zu sein. Dagegen wird eine zunehmende Sensibilisierungsrate gegen Teebaumöl beobachtet.
ALLERGIE – PSEUDOALLERGIE – INTOLERANZ
Echte Allergien beruhen auf einer Allergen-Antikörper-Reaktion, die zur Histaminausschüttung
führt. Pseudoallergische Reaktionen haben die gleichen Symptome, denn sie werden ebenfalls durch
Histamin hervorgerufen, es werden jedoch keine Antikörper gebildet. Intoleranzen, beispielsweise
gegen Laktose oder Fruktose, beruhen auf einem (meist angeborenen) Enzymmangel bzw. einer
verminderten -aktivität.
Allergische Reaktionen der Haut Kutane Manifestationen als allergische Reaktion sind sehr häufig. Besonders oft kommt das einfache Exanthem, also eine Hautrötung, vor. Es wird durch die histaminbedingte Weitstellung der Gefäße verursacht. Tritt Flüssigkeit ins Gewebe aus, so entsteht eine Quaddel. Breiten sich die Quaddeln über größere Areale des Körpers aus, spricht man von Urtikaria. Meist gehen Quaddeln mit Juckreiz einher.
Eine besondere Erscheinungsform ist das Quincke- oder Angioödem, das jedoch auch bei anderen Erkrankungen vorkommen kann. Es führt zu einer akuten Schwellung von Haut, Schleimhaut und angrenzendem sowie tiefer gelegenem Gewebe, die sich innerhalb von Minuten entwickeln kann. Häufig tritt das Angioödem im Gesicht auf, es kann aber auch jede andere Regionen betreffen. Durch die massive Schwellung der Zunge können die Atemwege komplett verlegt werden, sodass eine notärztliche Behandlung erforderlich wird.
Anaphylaktische Reaktionen Die Maximalvariante der IgE-vermittelten, allergischen Sofortreaktion ist die Anaphylaxie. Sie erfasst den ganzen Organismus. Die schwerste Form ist der anaphylaktische Schock. Das auslösende Antigen breitet sich systemisch im Organismus aus. Dies kann nach venöser Injektion, oraler Aufnahme oder nach einem Insektenstich der Fall sein. Auch ein ausgedehnter Kontakt über Haut oder Schleimhaut, beispielsweise durch Aeroallergene oder Latexhandschuhe, ist möglich.
In jedem Fall kommt es zu einer massiven Ausschüttung von Histamin, denn die Mastzellen setzen weitere Faktoren frei, die Zellen des Immunsystems anlocken. Diese setzen ihrerseits wieder Substanzen frei, die Leukotriene und Histamin aktivieren. Der kumulative Effekt dieser freigesetzten Mediatoren besteht im Wesentlichen in einer erhöhten Gefäßpermeabilität, einer ausgeprägten Vasodilatation mit Zusammenbruch des Blutdrucks und einem Bronchospasmus. Autopsien von tödlich verlaufenen Anaphylaxien zeigen in der Regel ein Lungenödem und Ödeme der oberen Atemwege und des Kehlkopfes.
FIXES ARZNEIMITTELEXANTHEM
Wenn nach der Gabe eines Arzneimittels einzelne scharf begrenzte, gerötete oder bläulich-violett verfärbte Herde entstehen, kann dies ein fixes Arzneimittelexanthem sein. Es tritt bevorzugt an den Extremitäten oder den Genitalien, seltener an den Schleimhäuten auf. Auch Blasen können sich auf
den betroffenen Hautstellen bilden. Typisch ist, dass bei neuerlicher Gabe des auslösenden Medikaments immer wieder dasgleiche Areal betroffen ist. Als Auslöser kommen zahlreiche
Arzneistoffe in Frage. Besonders häufig sind es Antibiotika (Cotrimoxazol, Tetrazykline, Penicilline), Barbiturate und nichtsteroidale Antirheumatika.
Die ersten Anzeichen einer anaphylaktischen Reaktion sind meist Kribbeln in den Händen, Prickeln im Mund und Rachen sowie Hitzewallungen. Sie können innerhalb von Sekunden, aber auch erst nach Stunden, auftreten. Typisch sind auch Gesichtsrötung, Juckreiz und Urtikaria. Daneben können Heiserkeit und Husten auftreten. Wenn Zunge und Rachen anschwellen und sich die Atemwege verengen, sodass es zu Atemnot und rasselnden oder pfeifenden Atemgeräuschen kommt, wird es gefährlich. Häufig verlieren die Patienten das Bewusstsein und entwickeln klassische Schocksymptome.
Neben Arzneimitteln, wie iodhaltigen Röntgenkontrastmitteln, Chinolonen und beta-Lactamantibiotika können auch Nahrungsmittel anaphylaktische Reaktionen auslösen. Schwere Reaktionen sind normalerweise selten, wurden jedoch gehäuft für Erdnüsse, Sojabohnen und Schalentiere beschrieben. Typische Verursacher der Anaphylaxie sind außerdem Insektengifte von Bienen, Wespen und Hornissen. Aber auch Schlangengifte können neben den toxischen schwere allergische Reaktionen hervorrufen. Man schätzt, dass bis zu fünf Prozent der Bevölkerung bereits mindestens einmal eine schwere allergische Reaktion auf einen Insektenstich durchgemacht haben. Etwa ein Prozent dieser Fälle mündet in eine lebensbedrohliche Anaphylaxie.
Für den AkutfallSystemisch anwendbare H1-Antihistaminika eignen sich besonders zur Linderung von allergischer Rhinitis, Konjunktivitis und Urtikaria. Allen Substanzen gemeinsam ist, dass sie die über die H1-Rezeptoren vermittelte Histaminwirkung abschwächen. Da sie ein unterschiedlich starkes Vermögen haben, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden, zeigen sie auch ein unterschiedlich stark ausgeprägtes Spektrum zentraler Nebenwirkungen.
Neuere Entwicklungen unterscheiden sich im Wesentlichen durch eine geringere ZNS-Gängigkeit von den älteren Substanzen. So wirken die Vertreter der ersten Generation, wie Diphenhydramin und Doxylamin, deutlich sedierend. Da neuere Substanzen ohne diese Nebenwirkung zur Verfügung stehen, haben die älteren an Bedeutung als orale Antiallergika verloren. Mit wenigen Ausnahmen, wie zum Beispiel Dimetinden und Clemastin, werden sie überwiegend als Sedativum bei Unruhezuständen oder zur Bekämpfung von Übelkeit und Erbrechen eingesetzt.
LATEXALLERGIE
Naturlatex, das aus der Milch des Gummibaumes gewonnen wird, enthält verschiedene Polypeptide, die an IgE binden und allergische Reaktionen auslösen können. Die Reaktionen können durch die Benutzung von Latexhandschuhen, -kathetern oder –kondomen hervorgerufen werden. Die Zahl der Latexallergiker und auch der anaphylaktischen Zwischenfälle nimmt stetig zu, allerdings ist auch die weltweite Latexproduktion als Folge der Aids-Epidemie in den letzten Jahren mehr als verdoppelt worden. Häufig ist eine Latexallergie auch mit einer Kreuzallergie gegen exotische Früchte, wie Avocado, Kiwi, Passionsfrucht, Banane, aber auch Esskastanien, verbunden.
H1-Antihistaminika der zweiten Generation, wie Cetirizin, Loratadin und Terfenadin, gelten als Antiallergika ohne nennenswerte sedierende Eigenschaften. Die daraus hervor gegangenen Substanzen Levocetirizin, Desloratadin und Fexofenadin werden auch als Antihistaminika der dritten Generation bezeichnet. Fexofenadin ist aus Terfenadin entwickelt worden, welches in seltenen Fällen zu schweren Herzrhythmusstörungen führen kann. Von Fexofenadin ist dies nicht bekannt. Somit ist diese Weiterentwicklung mit einer verbesserten Sicherheit verbunden. Levocetirizin und Desloratadin besitzen dagegen kaum Vorteile gegenüber Cetirizin und Loratadin.
H1-Antihistaminika können auch lokal auf der Haut sowie im Auge oder der Nase angewandt werden. Hier stehen beispielsweise Bamipin für die Haut und Azelastin für Auge und Nase zur Verfügung. Ein Großteil der Antihistaminika ist nicht verschreibungspflichtig und daher auch nicht mehr verordnungsfähig. Mit Ausnahme von Cetirizin sind die Umsätze bei den nicht verschreibungspflichtigen H1-Antihistaminika seither gesunken. Daher stehen Antihistaminika heute nur noch auf Platz zwei der antiallergischen Arzneimittel. Die größte Gruppe bilden mittlerweile die Hyposensibilisierungsmittel
Wegen der guten juckreizstillenden, antiallergischen und antientzündlichen Wirkung werden auch Glukokortikoide als Antiallergika eingesetzt. Je nach Ausmaß der Beschwerden werden sie oral, lokal, in Form von Injektionen oder zur Inhalation eingesetzt. Von der Verschreibungspflicht ausgenommen ist Hydrokortison samt seiner Ester zum äußerlichen Gebrauch in einer Konzentration bis zu 0,25 Prozent in einer Packungsgröße von maximal 50 Gramm sowie in einer Konzentration bis zu 0,5 Prozent in einer Packungsgröße von maximal 30 Gramm.
Hydrokortison ist das am längsten in der Dermatotherapie eingesetzte topische Glukokortikoid. Hier liegen umfangreiche klinische Daten vor. Wegen seiner geringen entzündungshemmenden Potenz wird es der Gruppe der schwach wirksamen topischen Kortikosteroide zugeordnet. Mit gravierenden Nebenwirkungen ist bei kurzfristigem Gebrauch nicht zu rechnen. Zudem sind allergische und juckende Hauterkrankungen auch für den Laien diagnostizierbar.
Hyposensibilisierung Durch die Desensibilisierung oder allergenspezifische Immuntherapie kommt es zur Toleranzentwicklung gegenüber dem Allergen. Die Behandlung ist eine Option für Patienten mit allergischer Rhinokonjunktivitis, allergisch bedingtem Asthma bronchiale und Insektengiftallergien. Sie ist vor allem dann indiziert, wenn eine Allergenkarenz nicht möglich ist und die Behandlung mit H1-Antihistaminika nicht ausreicht. In einzelnen Studien konnten auch schützende Eigenschaften bezüglich des Etagenwechsels, also der Entwicklung eines Asthma bronchiale aus einem Heuschnupfen, nachgewiesen werden.
NOTFALLSET
Patienten, die bereits einmal besonders starke allergische Reaktionen gezeigt haben, sollten von ihrem Arzt ein Notfallset erhalten und in dessen Anwendung unterwiesen werden. Schon bei den ersten Anzeichen einer anaphylaktischen Reaktion werden die enthaltenen Medikamente angewendet. Dort finden sich ein H1-Antihistaminikum, ein Glukokortikoid, Adrenalin zur Injektion und meist noch ein beta-2-Sympathomimetikum zu Inhalation. Das H1-Antihistaminikum blockiert die Histaminwirkung an den Rezeptoren, das Glukokortikoid dient vor allem der Vermeidung von
Spätreaktionen. Adrenalin stabilisiert den Blutdruck und das beta-2-Sympathomimetikum erweitert die Bronchien bei einem Asthmaanfall. In jedem Fall soll zusätzlich ein Notarzt angefordert werden zwecks weiterer klinischer Therapie und Überwachung.
Die größte Gruppe der spezifischen Immuntherapeutika zur Hyposensibilisierung bilden die Gräserpollenextrakte. Ihre Wirksamkeit ist für die allergische Rhinokonjunktivitis und das allergische Asthma belegt. An zweiter Stelle folgen die Milbenpräparate. Die spezifische Immuntherapie in ihrer klassischen subkutanen Applikationsform (SCIT), bei der man das Allergen unter die Haut spritzt, wird bereits seit 100 Jahren durchgeführt. Nach den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gliedert sich die Behandlung in eine Phase, in der ansteigende Allergenkonzentrationen verabreicht werden und eine anschließende Erhaltungsphase.
Der Trend geht dahin, diese klassische, allerdings zeitaufwändige Therapie durch spezielle Therapieschemata zu verkürzen. Hier muss allerdings ganz besonders auf die Sicherheit geachtet werden, denn die gefürchteten anaphylaktischen Reaktionen treten am häufigsten in der Phase der Dosissteigerung auf. Eine zu rasche Steigerung kann die Häufigkeit unerwünschter Zwischenfälle erhöhen. Der behandelnde Arzt muss selbstverständlich bei jeder Hyposensibilisierungsbehandlung für eventuelle Notfälle, insbesondere den anaphylaktischen Schock, ausgerüstet und ausgebildet sein.
Neben den Präparaten zur subkutanen Immuntherapie (SCIT) gibt es inzwischen auch Produkte zu oralen und sublingualen Applikation. Man hat diese Applikationsform entwickelt, um die Anwendung zu erleichtern. Und so gewinnt die sublinguale Immuntherapie (SLIT) zunehmend an Bedeutung. Die erste Gabe sollte unter ärztlicher Aufsicht mit einer anschließenden Nachkontrollzeit durchgeführt werden. Ansonsten ist die Therapie anwenderfreundlich zu Hause durchzuführen, gleichzeitig entfällt die schmerzhafte Injektion und das Risiko schwerwiegender Nebenwirkungen ist geringer. Das eingesetzte Allergen wird wenige Minuten im Mund gehalten und anschließend hinunter geschluckt.
Anfangs wurden die Zubereitungen nur als Lösungen angeboten, inzwischen sind auch Tabletten verfügbar. Je nach eingesetztem Präparat erfolgt die Anwendung vor oder während der Allergiesaison oder ganzjährig. Die Gesamtdauer beträgt in Anlehnung an die SCIT drei Jahre. Die Behandlung des Asthma bronchiale mittels SLIT wird noch nicht empfohlen, weil hierzu noch keine ausreichenden Daten vorliegen. Allerdings konnte inzwischen die Wirksamkeit der SLIT für die Behandlung der saisonalen Gräserpollenallergie bei Kindern nachgewiesen werden, sodass die Therapie ab dem fünften Lebensjahr zugelassen ist.
Langzeitdaten konnten außerdem zeigen, dass die Wirkung bei Erwachsenen auch noch nach Beendigung der dreijährigen Therapie anhält. Für die SLIT werden zurzeit Allergene in meist unveränderter Form verwendet. Es laufen jedoch Untersuchungen mit Adjuvanzien, die die Wirkung verstärken sollen. Da jeder Hersteller seinen Allergenextrakt unterschiedlich aufbereitet, sind verschiedene Produkte auch bei gleicher Allergenquelle nicht miteinander vergleichbar.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/12 ab Seite 34.
Sabine Bender, Apothekerin / Redaktion