Die kleinen Fieberbläschen auf der Lippe empfinden viele Betroffene nicht nur als unschön, sondern auch als schmerzhaft und belastend. © ayphoto / 123rf.com

Wissen aktuell 02/14

HERPES: WENN ES AUF DEN LIPPEN BRENNT

Herpes labialis macht sich durch Jucken, Kribbeln und Bläschenbildung bemerkbar. Wer frühzeitig handelt, kann das Eindringen des Erregers noch verhindern.

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Zu den häufigen Aussagen im Apothekenalltag gehört „Ich spüre so ein unangenehmes Brennen auf den Lippen“. In diesem Fall ist Ihre kompetente Beratung gefragt, denn Betroffene erhoffen sich durch Ihre Empfehlung, die unangenehmen Bläschen schnell wieder loszuwerden. Einmal aufgeblüht, ärgert der Lippenherpes die Patienten möglicherweise regelmäßig. Übeltäter für das Leiden sind Herpes-simplex-Viren vom Typ 1 , die sich in der Nähe der Schläfen, dem Trigeminusganglion und im Rückenmark, einnisten und bis zu einer Reaktivierung in einer Art Dornröschenschlaf verbleiben.

Typisch Viren Die Erreger besitzen keinen eigenen Stoffwechsel und sind daher zur Replikation auf einen Wirt angewiesen. Sie bestehen aus einer Proteinhülle, in der sich die DNA oder RNA befinden. Über kleine Bläschen an der Membran, die sogenannten Endocytosen, befallen die Viren die Zellen. Innen angelangt öffnet sich die Virushülle, sodass die DNA beziehungsweise die RNA sowie Enzyme freigesetzt werden. Die Wirtszelle vervielfältigt ab diesem Zeitpunkt die Erbinformation der Eindringlinge sowie entsprechende Proteine. Es entstehen von Hüllen umgebene Viruskopien, die freigesetzt werden, sobald die Wirtszelle abstirbt.

Die neuen Viren suchen sich dann im Organismus weitere gesunde Zellen und vermehren sich auf diese Weise innerhalb kürzester Zeit. Das Immunsystem reagiert auf den Angriff mit einer Aktivierung von Antikörpern, die spezifisch gegen die jeweiligen Erreger wirken. Desweiteren bekämpft das unspezifische Immunsystem die Viren durch Phagozytose. Dabei umschließt die phagozytierende Zelle den Fremdkörper, schleust ihn in die Zelle ein, woraufhin sich große Vesikel, die Phagosomen, bilden. Diese verschmelzen mit enzymhaltigen Lysosomen zu Phagolysosomen, sodass die Viren enzymatisch abgebaut und ausgeschieden werden.

Eine andere Maßnahme des Abwehrsystems ist die Ausschüttung von Interferonen, um die Herstellung eines antiviralen Proteins, welches die gesunden Zellen schützt, hervorzurufen. Da Viren über keinen eigenen Stoffwechsel verfügen, ist die Behandlung schwieriger als beispielsweise eine Therapie mit Antibiotika bei bakteriellen Infektionen.

Herpes-simplex-Viren zählen zur Gruppe der DNA-Viren mit Hülle, davon verursacht der HSV-Typ 1 Lippenherpes (Herpes labialis), eine Infektion mit HSV-2 dagegen Herpes genitalis. Das Genom des Erregers ist ein lineares, doppelsträngiges DNA-Molekül mit einer für einen DNA-Virus ungewöhnlichen Struktur, da zwei Nukleotidsequenzen (Nukleotide = Grundbausteine der DNA) von zwei sich umgekehrt wiederholenden Sequenzen flankiert werden.

Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV 1)
Der HSV 1 gehört zur Familie der Herpesviridae. Es handelt sich dabei um behüllte Viren mit einer doppelsträngigen, linearen DNA. Sie zählen zu den größten und komplexesten Arten, sind wirtsspezifisch und breiten sich in den Lymphozyten, den Nervenzellen und den epidermalen Zellen aus. Wesentliches Merkmal der HSV 1 ist ihre Persistenz, das heißt sie schlummern nach der Erstinfektion lebenslang im Wirt, auch wenn im Verlauf keine Symptome mehr ausbrechen.

Die Virusexposition auf Schleimhäuten oder geschädigter Haut erlaubt die Penetration und Replikation des Erregers in den Zellen der Dermis und Epidermis. Schätzungsweise 80 bis 90 Prozent der Bevölkerung sind Träger des HSV-1, zum Ausbruch kommt es bei etwa 20 bis 40 Prozent der Infizierten. Meist erfolgt die Ansteckung im Kindesalter (vor dem fünften Lebensjahr) durch Körperkontakt über Speichel oder Tröpfcheninfektion. Vorsicht ist also beispielsweise beim Schmusen, insbesondere mit Kleinkindern, oder bei der gemeinsamen Nutzung von Geschirr geboten.

Die Viren schleusen sich in die Lippenepithelzellen ein und gelangen entlang der sensorischen Nerven zu den Ganglien der Gesichtsnerven oder zu denen des Rückenmarks und bleiben von nun an lebenslang in den Nervenzellen des Nervus trigeminus sowie des Ganglion trigeminales. In 99 Prozent der Fälle läuft die Erstinfektion unbemerkt ab. Die folgende Zeit bezeichnet man als Latenzphase – in der Regel verläuft sie asymptomatisch, es können sich jedoch jederzeit akute Ausbrüche in Form eines Herpes labialis ereignen.

Welche Auslöser latente Viren erwecken, ist bisher noch nicht eindeutig geklärt. Derzeit sind Triggerfaktoren wie psychischer und physischer Stress, Ekel, UV-Strahlung (ausgiebiges Sonnenbaden), fieberhafte Infektionskrankheiten, hormonelle Schwankungen, Behandlungen beim Zahnarzt, hohe körperliche Anstrengungen, Belastungen des Immunsystems (z. B. bei Erkältungen) oder eine generelle Immunschwäche (wie bei HIV-Infektionen) in der Diskussion.

Auch Verletzungen, übermäßiger Alkoholkonsum, Drogen, Mangelernährung, Nervenreizungen oder extreme Klimaschwankungen können die Aktivierung des Erregers begünstigen. Dieser wandert dann über die sensorischen Nervenbahnen zur Mundregion, insbesondere in den Grenzbereich zwischen Lippen und umliegender Haut, wo er die Lippenepithelzellen befällt. Bei dieser sogenannten Sekundärinfektion machen sich die ersten Symptome des Lippenherpes bemerkbar.

Variation an Viren Insgesamt existieren mehr als einhundert verschiedene Herpesarten, von denen lediglich acht für den Menschen gefährlich sind. Auch wenn sie sich vom Aufbau stark ähneln, führen sie zu unterschiedlichen Erkrankungen. Zum Beispiel werden Windpocken durch einen Herpeserreger hervorgerufen. Das sogenannte Varizella-Zoster-Virus kann sich durch den Luftstrom von Mensch zu Mensch verbreiten. Ein direkter Kontakt von erkrankten Personen ist daher keine notwendige Voraussetzung einer Ansteckung.

Windpocken gehen mit einem Exanthem aus Papeln, Bläschen und Krusten einher. Die Hautausschläge jucken stark, eventuell treten begleitend Fieber sowie Gefühle der Abgeschlagenheit auf. Auf den Bläschen bilden sich schließlich Krusten, die nach spätestens drei Wochen abgeheilt sind. Bevorzugt zeigt sich die Erkrankung im Kindesalter. Betroffene sind bereits zwei Tage vor dem Eintritt der Beschwerden und bis zu fünf Tagen nach dem letzten Schub ansteckend. Eine Infektion mit Windpocken hat eine lebenslange Immunität gegen die Varizella-Zoster-Viren zur Folge. Jedoch kann die Erkrankung im Erwachsenenalter bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem in Form einer Gürtelrose ausbrechen, denn auch dieser Herpestyp verbleibt nach der Erstinfektion ruhend im Organismus.

Unter bestimmten Umständen (z. B. eine Abwehrschwäche) kann der Erreger erneut ausbrechen und sich als Gürtelrose manifestieren. Der Name der Infektion beruht darauf, dass ihre Ausbreitung gürtelförmig im Bereich des Rumpfes verläuft, selten ist das Gesicht befallen.

Umfangreiches Beschwerdebild Ein Lippenherpes verläuft in verschiedenen Phasen und ist in der Regel nach acht bis zehn Tagen komplett abgeheilt. Zunächst spüren die Patienten ein Kribbeln, Spannen oder Jucken sowie gegebenenfalls Schmerzen im betroffenen, noch intakten Bereich. Zu diesem Zeitpunkt beginnt die Vermehrung der Viren in den Wirtszellen (Prodromalphase). Es zeigen sich nun erste Entzündungssymptome wie Rötungen und kleine Erhebungen (Erythemphase). Beide Phasen halten einige Stunden an und sind nicht unbedingt für jeden Patienten spürbar.

Im weiteren Verlauf entsteht eine Schwellung und aufgrund der raschen Vermehrung der Viren bilden sich die typischen Lippenbläschen (Schwellungs- oder Papelphase). In der sogenannten Vesikelphase sind die Bläschen mit hochinfektiöser Flüssigkeit gefüllt. Die kleinen Ekzeme springen nach einiger Zeit auf und hinterlassen eine schmerzhafte und nässende Wunde (Ulzerationsphase). Sie trocknet langsam aus und es bleibt eine juckende Kruste zurück. Für Patienten kann das sehr unangenehm sein, weil die trockene Lippenhaut unter Umständen immer wieder einreißt (Verkrustungsphase). Abschließend löst sich der Schorf und es kommt eine neue, frische Hautschicht zum Vorschein (Heilungsphase).

Wann zum Arzt?
Da ein Herpesausbruch mit Komplikationen einhergehen kann, ist ein Arztbesuch in manchen Fällen unerlässlich:
+ bei Neugeborenen, Säuglingen, Kleinkindern
+ bei Schwangeren und Stillenden + bei älteren, multimorbiden Personen
+ bei immungeschwächten Menschen
+ bei unüblichen Verläufen
+ bei starker Bläschenbildung
+ bei Ausbreitung der Ekzeme über Kinn und Nase
+ bei häufigen Rezidiven + bei bakteriellen Superinfektionen (Fieber und ausgeprägtes
   Krankheitsgefühl)
+ beim Verdacht auf Entzündungen der Haut, Schleimhaut und Mundschleimhaut
+ bei Augenbeteiligung + bei zusätzlichem Herpes genitalis oder Herpes zoster
+ bei einer Entzündung der Hornhaut des Auges

Nicht jede Herpes-simplex-Episode zeigt die komplette Bandbreite an Symptomen. Manchmal kommen lediglich Schmerzen und Rötungen auf, die fast unbemerkt wieder verschwinden. Die Rezidive können allerdings jederzeit auftreten, werden im Alter jedoch harmloser, seltener und bleiben schließlich ganz aus.

Das Wort „herpes“ stammt aus dem Griechischen und wurde bereits 100 v. Chr. zur Beschreibung von Fieberbläschen verwendet. Etwa in den frühen 1960er-Jahren traf man dann aufgrund sogenannter Neutralisationstests die Unterscheidung zwischen den Antigentypen HSV-1 und HSV-2. Herpesinfektionen kommen weltweit vor. Mit der Einführung einer wirksamen antiviralen Therapie für HSV-Infektionen ist das rasche Erkennen der klinischen Syndrome umso bedeutsamer geworden.

Komplement-bindende Antikörpertests differenzieren nicht zwischen den beiden Erregertypen. Andere serologische Tests (Verfahren, die sich mit der Antigen-Antikörperreaktion im Blutserum beschäftigen) wie zum Beispiel der Neutralisationstest, der indirekte Immunfluoreszenztest oder der passive Hämagglutinationstest hingegen erfassen die beiden Subtypen. Da der Großteil der humoralen Immunantwort gegen beide Virusarten gerichtet ist, fällt es schwer, bei Menschen mit vorausgegangener HSV 1-Infektion die HSV 2-Antikörper zu bestimmen.

Seelische Belastung Patienten leiden meist nicht nur unter den Lippenbläschen. Da die Entzündungen unästhetisch aussehen und auffällig sind, rufen sie Scham und Selbstekel hervor. Viele haben Angst, dass die wenig attraktiven Wunden lästige Blicke auf sich ziehen. Das Selbstbewusstsein Betroffener ist unter Umständen zeitweise stark beeinträchtigt und nicht selten kommt es vor, dass sich Geplagte während der Herpesphase aus dem sozialen Leben zurückziehen. Erkrankte fühlen sich dem Lippenherpes oft ausgeliefert und wünschen sich daher eine rasche, effektive Hilfe.

Komplikationen Meist heilt der Herpes labialis von alleine ab: Nach einigen Tagen verschwinden die Bläschen, ohne dass Narben zurückbleiben. Besonders bei immungeschwächten Personen (z. B. bei AIDS-Patienten oder nach einer Chemotherapie) verläuft der Lippenherpes unter Umständen schwer.

Im Rahmen der Herpes-labialis-Infektion sind dann folgende Begleiterscheinungen möglich:

  • Befall innerer Organe
  • Störung der Gesichtsnerven (Nervus facialis) mit Lähmung (Facialisparese)
  • Ist die Haut bei Kindern beispielsweise durch Neurodermitis vorgeschädigt, kann es zu einer schweren Herpesausbreitung kommen.
  • bakterielle Superinfektionen (in diesen Fällen muss zusätzlich ein Antibiotikum eingesetzt werden)
  • Schädigung der Augen, bei dem durch die Infektion der Hornhaut eine Einschränkung des Sehvermögens resultieren kann
  • schlecht heilende Haut- und Schleimhautentzündungen
  • Bindehautentzündungen (z. B. bei HIV-Patienten)
  • Ferner ist das Herpes-simplex-Virus in der Lage, eine Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) oder eine Hirnhautentzündung (Meningoenzephalitis) zu verursachen. Dabei gelangen die Viren über die Nase in den Organismus und erreichen über die Riechschleimhaut und die Nervenbahnen des Nervus olfactorius das Gehirn. Patienten spüren zunächst grippeähnliche Symptome, die in einem hochfieberhaften Infekt enden. Meist zeigen sich darüber hinaus psychische Veränderungen. Da ohne Therapie vier von fünf Patienten sterben, muss schnell gehandelt werden.

Sonderformen Herpes-simplex-Viren können auch Krankheiten hervorrufen, die durch eine Ausbreitung des Erregers über das Blut entstehen (Virämie). Die schwerste Form dieser generalisierten Infektion ist die Herpes-simplex-Sepsis. Liegen bereits Hauterkrankungen wie Schuppenflechte oder ein atopisches Ekzem vor, kann der HSV-1 diese Areale zusätzlich befallen (Ekzema herpeticatum). Patienten empfinden dabei ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl, gleichzeitig ist das Risiko einer Herpes-simplex-Enzephalitis oder einer Herpessepsis erhöht. Auch die Speiseröhre kann es treffen und zwar, wenn die Reaktivierung in den Nervenzellen des Mund-Rachen-Raums stattfindet (Herpes simplex-Ösophagitis).

herpesvirus
Docosanol schützt die Hautzellen vor dem Eindringen von Herpesviren.

Meist ereignet sich ein solcher Ausbruch im Rahmen einer immunsupprimierenden Therapie (mit Corticosteroiden oder Zytostatika) oder bei Patienten mit schweren Grunderkrankungen. Eine Infektion der Netzhaut des Auges bezeichnet man als Herpes-simplex-Retinitis. Typischerweise zeigen sich dabei lokale Entzündungsherde sowie Absonderungen von Flüssigkeit (Exsudate) in der Retina, im schlimmsten Fall führt die Infektion zur Erblindung. Auch Jahre nach einer Herpesenzephalitis entwickelt sich manchmal eine Herpes-simplex-Retinitis.

Die generalisierte Herpes-simplex-Infektion bei Neugeborenen nennt man Herpes neonatorum. Die Übertragung findet während des Geburtsvorgangs von der Mutter auf das Kind statt, kann jedoch durch einen Kaiserschnitt unterbunden werden. Beim Säugling sind die Haut, der Mund-Rachen- Raum, innere Organe sowie bei heftigen Verläufen das Zentralnervensystem angegriffen.

Herpes genitalis Eine Infektion mit HSV 2, seltener mit HSV 1, kann zu Bläschenbildung sowie kleineren Ulzerationen am Penis oder an der Vagina führen, wobei die Symptome starke Schmerzen verursachen und sich unter Umständen bis hin zum Anus ausbreiten. Der Erreger wird vorwiegend über Sexualkontakte übertragen. Auch hierbei ruhen die Viren latent im Organismus und können aktiviert werden.

Da ein Ausbruch sowohl symptomatisch als auch asymptomatisch verlaufen kann, besteht bei letzterer Form die Gefahr, andere beim Geschlechtsverkehr unbemerkt anzustecken. Besonders gefährlich ist eine Infektion während der Schwangerschaft: Wird der Virus auf das ungeborene Kind weitergegeben, erkrankt es meist schwer und nicht selten endet die Erkrankung unbehandelt für das Ungeborene tödlich. Der Gynäkologe betreut Schwangere mit einer Herpes-genitalis-Infektion daher engmaschig. Auch während der Geburt bedroht der Virus das Neugeborene, da er für eine Gehirnentzündung oder eine Blutvergiftung verantwortlich sein kann.

Grenzen der Selbstmedikation Da der Herpes gelegentlich mit schwerwiegenden Komplikationen einhergeht, ist es im Beratungsgespräch wichtig, die Ausbreitung auf andere Hautregionen sowie bestehende Grunderkrankungen zu erfragen. Falls Fieber oder starke Schmerzen die Infektion begleiten und der Befall über den Bereich der Lippen hinausgeht, sollte unbedingt ein Mediziner konsultiert werden. Auch Kinder, Schwangere und Stillende, die von einem Ausbruch betroffen sind, sollten einen Arzt aufsuchen.

Prävention Es gibt keine zuverlässige Maßnahme, einen Lippenherpes zu verhindern. Kennt man jedoch die Auslöser, sollte man diese so gut wie möglich vermeiden. Für Patienten, die regelmäßig unter Ausbrüchen leiden, ist es sinnvoll, ein Herpestagebuch zu führen. Auf diese Weise lassen sich individuelle Ursachen identifizieren und entsprechend vermeiden.

Folgende Tipps sollten Sie Ihren Kunden im Beratungsgespräch ans Herz legen:

  • Stress reduzieren Empfehlen Sie gestressten Personen, sich ausreichend Auszeiten (z. B. in Form von Entspannungsübungen) zu gönnen. Bereits 20 Minuten reichen aus, um neue Energien zu tanken und das Immunsystem zu stärken.
  • UV-Schutz nutzen Kunden, die sich in der Sonne aufhalten, sollten stets Sonnenschutzpräparate mit hohen Lichtschutzfaktoren (30 und mehr) einsetzen.
  • Gewappnet sein Ein Herpespräparat in der Hausapotheke sorgt dafür, dass den ersten Anzeichen gleich entgegen gewirkt werden kann.
  • Immunsystem stärken Ausreichend Bewegung und eine ausgewogene Ernährung tragen zu einer stabilen, körpereigenen Abwehr bei. Mit einem funktionierenden Immunsystem gelingt es leichter, die Herpesviren in Schach zu halten.
  • Hormonelle Schwankungen verhindern Stehen die Ausbrüche mit hormonellen Faktoren im Zusammenhang, ist ein Gespräch mit dem Gynäkologen sinnvoll. Manchmal reicht schon die Umstellung auf ein anderes orales Kontrazeptivum aus, um hormonell bedingten Herpes einzuschränken.

Schnell reagieren Für die Selbstmedikation des Lippenherpes gibt es in der Apotheke eine Vielfalt an Präparaten. Je nach Wirkmechanismus unterscheidet man verschiedene Therapeutika, die in unterschiedlichen Phasen zur Anwendung kommen. Eindringungshemmer sind in der Prodromal- und Erythemphase effektiv, da sie die aktivierten Viren daran hindern, in die Epithelzellen der Lippen einzudringen. Während des Ausbruchs und zu Beginn der Bläschenbildung eignen sich Replikationshemmer. Weiterhin lindern sogenannte Herpespflaster den Ausbruch nach dem Prinzip der feuchten Wundheilung. Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über die verschiedenen Wirkstoffe:

Eindringungshemmer Docosan-1-ol (in Muxan®) ist seit 2007 in Deutschland zugelassen. Chemisch gesehen handelt es sich um einen gesättigten Fettalkohol, der amphiphil und daher sowohl in polaren Lösungsmitteln (z. B. Wasser) als auch in unpolaren (z. B. Ölen) löslich ist. Ihren Effekt entfaltet die Substanz in der Prodromal- sowie in der Erythemphase. Nach dem Auftragen zieht der Wirkstoff rasch ein und heftet sich an die Zellmembranen der Hautzellen, sodass sich die Membranen der Epithelzellen verändern.

Dadurch wird der Einzug der Viren blockiert und es gelingt den Erregern nicht mehr, ihr Erbgut in die Wirtszellen einzuschleusen und diese umzuprogrammieren. Die Vermehrung lässt sich somit bereits im Ansatz unterbinden. Da die Substanz lokal wirkt und weder toxische, mutagene noch teratogene Effekte aufweist, dürfen auch spezielle Kundengruppen wie Schwangere oder Stillende die Creme verwenden. Die Wirksamkeit von Docosan-1-ol wurde bereits in verschiedenen klinischen Studien belegt: Bei rechtzeitigem Beginn der Therapie verkürzt der Einsatz der Substanz die Dauer des Lippenherpes deutlich im Vergleich zu einem unbehandelten Verlauf. Die Heilungszeit beträgt mit Docosan-1-ol durchschnittlich vier Tage (acks SL J Am Acad Dermatol.2001;45(2): 222 - 30.)

»Hausmittel wie Teebaum- oder Zimtöl sind aufgrund möglicher allergischer Reaktionen zu meiden.«

Ein unbehandelter Herpes labialis dauert durchschnittlich sieben bis zehn Tage. Medikamente mit Docosan-1-ol dürfen ab dem zwölften Lebensjahr und auch von Schwangeren und Stillenden genutzt werden. Man trägt die Creme fünf Mal täglich (etwa alle drei Stunden) dünn auf das betroffene Lippenareal auf. Raten Sie ihren Kunden, zum Applizieren ein Wattestäbchen zu gebrauchen und die Öffnung der Tube nicht zu berühren. Patienten sollten die Behandlung so früh wie möglich starten und bis zum Abheilen durchführen.

Weitere Mittel Der Extrakt aus den Blättern von Melissa officinalis ist ebenfalls Bestandteil von Cremes, die gegen Herpes eingesetzt werden. Der Wirkstoff soll den Virenbefall der Zellen durch reversible Hemmung relevanter Zellrezeptoren verhindern. Auch hierbei ist mit der Anwendung so rasch wie möglich zu beginnen. Das Medikament wird bis zum Abklingen der Symptome appliziert. Der Einsatz bei Lippenherpes ist ab dem ersten Lebensjahr möglich.

Zinksalze und Heparin können in frühen Stadien eines Ausbruchs helfen. Zink verfügt über virustatische, adstringierende, entzündungshemmende sowie wundheilungsfördernde Eigenschaften. Die Zinkionen haften sich vermutlich an die Membran der Herpesviren an und unterbinden somit die Anlagerung an die Zelle. Gegebenenfalls ist Zink mit Heparin kombiniert, letzteres dient der Wirkverstärkung. Eine Behandlung mit entsprechenden Cremes ist ab dem sechsten Lebensjahr indiziert. Bis zur Ausheilung ist das Arzneimittel sechs Mal täglich dünn aufzutragen. Je früher der Therapiebeginn erfolgt, desto erfolgreicher ist die Behandlung.

Zur Wirkstoffgruppe der Replikationshemmer zählen Aciclovir und Penciclovir. Sie ähneln den Bausteinen der viralen Erbinformation strukturell. Bevor sie ihren antiviralen Effekt entfalten, findet eine Umwandlung in die sogenannte Triphosphatform statt. Dies geschieht üblicherweise nur in infizierten Zellen. Die aktivierte Form wird daraufhin als falscher Baustein in die Virus-DNA eingeschleust und hemmt die Vermehrung der Erreger.

Zarte Lippen
Die Lippenhaut ist im Vergleich zur übrigen Gesichtshaut sehr dünn und empfindlich. Sie besitzt bei Personen mit heller Hautfarbe keine Pigmente, welche die UV-Strahlung abschirmen. Außerdem mangelt es an Talg- und Schweißdrüsen, sodass in diesem Bereich auch der schützende Hydrolipidfilm fehlt. Daher ist die Lippenhaut besonders anfällig für Infektionen, trocknet schnell aus und wird rissig.

Aciclovir sollte fünf Mal täglich aufgetragen werden, eine Altersbeschränkung existiert bei dem Wirkstoff nicht. Penciclovir dagegen ist erst bei Kindern ab zwölf Jahren zugelassen und wird tagsüber alle zwei Stunden aufgetragen. Unsichtbare Herpespflaster klebt man auf das befallene Hautareal. Sie schaffen durch das Prinzip der feuchten Wundheilung gute Heilungsbedingungen. Auf dem Markt gibt es außerdem Softlaser und Stifte, die mit Elektrostimulation gegen die Symptome vorgehen. Aussagekräftige klinische Studien dazu fehlen derzeit allerdings noch.

Rezeptpflichtige Therapie Um eine Superinfektion zu verhindern, kann der Arzt antibakterielle Cremes mit Inhaltsstoffen wie Gentamycin verordnen. Bei sehr schweren Verläufen oder bei häufig wiederkehrenden Rezidiven ist unter Umständen eine orale oder sogar eine parenterale virustatische Therapie angezeigt (z. B. bei der Herpes enzephalitis).

Hausmittel Alternative Methoden wie die Behandlung mit Zahnpasta, einer alkoholischen Lösung oder Essig gehören zu den Hausmitteln, die als spezielle Tipps kursieren. Raten Sie Ihren Kunden im Beratungsgespräch jedoch stets dazu, die Finger von solchen Maßnahmen zu lassen, denn hierbei besteht die Gefahr, dass die Lippen extrem austrocknen und die Bläschen immer wieder aufspringen. Somit würde die Heilungsdauer deutlich erhöht, zudem haben die Viren durch die kleinen Verletzungen ein leichtes Spiel, in tiefere Hautschichten vorzudringen. Hausmittel wie Teebaum- oder Zimtöl besitzen eine antivirale Wirkung, sind aber aufgrund möglicher allergischer Reaktionen zu meiden.

Tipps zur Vorbeugung Auch wenn es keine Maßnahmen gibt, die einen Ausbruch des Herpes labialis sicher verhindern, sollten PTA und Apotheker ihren Kunden einige Ratschläge mit auf den Weg geben:

  • Betroffene können die Ansteckungsgefahr verringern, indem sie die Finger von den eigenen sowie von fremden Bläschen lassen. Dadurch werden Ansteckungen weiterer Personen und die Übertragung auf andere Körperbereiche verhindert.
  • Herpespräparate lassen sich am besten mit einem Wattestäbchen auftragen. Danach müssen die Hände gründlich gewaschen werden.
  • Es empfiehlt sich, dass Infizierte stets Abstand zu Neugeborenen halten und gegebenenfalls einen Mundschutz tragen.
  • Ein Herpestagebuch kann mögliche Auslöser eines Ausbruchs aufdecken. Kunden, die mehrmals im Jahr an Herpes erkranken, können dann entsprechend vorbeugen.
  • Bei starker UV-Strahlung schützt eine Sonnencreme mit einem hohen Lichtschutzfaktor.
  • Während der Infektion ist das Tragen einer Brille statt Kontaktlinsen günstiger, um das Risiko einer Ansteckung auf die Augen gering zu halten.

Fit für den Beratungsalltag Beschreibt ein Kunde die Symptome eines Lippenherpes, sollten Sie in jedem Fall folgende Grundfragen stellen:

  • Für wen ist das Medikament?
  • Welche Symptome liegen genau vor?
  • Sind die Symptome auf die Lippenregion beschränkt?
  • Wie häufig haben Sie mit Lippenherpes zu tun?
  • Liegen bei Ihnen weitere Grunderkrankungen vor oder nehmen Sie weitere Arzneimittel ein?

Im Anschluss eignen sich Ergänzungsfragen, mit denen Sie den Leidensdruck Ihrer Kunden ermitteln können, um Ihnen daraufhin die optimale Empfehlung zu geben:

  • Wie schlimm empfinden Sie Ihre Beschwerden?
  • Ist Ihnen der Auslöser Ihres Herpes bekannt?
  • Welche Maßnahmen zur Bekämpfung des Ausbruchs haben Sie bereits ergriffen?

In der Empfehlungsphase zeigen Sie den Kunden Behandlungsmöglichkeiten auf und legen den Nutzen der Produkte gut verständlich dar. Es ist ratsam, die Präparate dabei zum HV-Tisch zu holen, da dies die Kaufbereitschaft fördert. Vergessen Sie nicht, die Dosieranweisungen zu erklären, eventuelle Gefahren zu verdeutlichen sowie auf die Verhaltensregeln bei Herpes hinzuweisen. Bei Bedarf sollten Sie den Kunden zu einem Arztbesuch raten. Viele Betroffene sind außerdem dankbar für Zusatzempfehlungen wie zum Beispiel Sunblocker für die Lippen oder Präparate zur Stärkung des Immunsystems.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/14 ab Seite 68.

Muxan® 100 mg/g Creme. Wirkstoff: Docosan-1-ol. Zusammensetzung: 1 g Creme enthält 100 mg Docosan-1-ol (10%). Sonstige Bestandteile: Sucrosestearate, Mineralöl, Propylenglycol, Benzylalkohol, gereinigtes Wasser. Anwendungsgebiete: Zur Behandlung von wiederkehrendem Lippenherpes im Frühstadium bei immunkompetenten Erwachsenen und Jugendlichen über 12 Jahren. Gegenanzeigen: Nicht anwenden bei bekannter Überempfindlichkeit gegen einen der Inhaltsstoffe. Nebenwirkungen: Erkrankungen des Nervensystems: Sehr häufig Kopfschmerzen. Erkrankungen der Haut: Häufig Hauterkrankungen, einschließlich trockener Haut, Hautausschläge und Schwellungen im Gesicht an den Stellen, an denen die Creme aufgetragen wurde. Bei schwerwiegender Hautreaktion Behandlung beenden und bei fortbestehendem Hautproblem Arzt aufsuchen. Hinweis: Enthält Propylenglycol! Stand der Information: März 2013. Engelhard Arzneimittel GmbH & Co. KG

Sabine Bender, Apothekerin / Redaktion

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