Repetitorium
HAUTKREBS – TEIL 2
Seite 1/1 7 Minuten
Gegen akute und chronische Schädigung der Haut durch UV-Licht hilft nur eine verringerte Sonnenlichtexposition . Natürlicher Lichtschutz wird durch eine verstärkte Hornschicht (Hyperkeratose) und vor allem durch Melaninbildung in der Haut erreicht. In jedem Fall sollte in der Apotheke aber künstlicher Lichtschutz, also ein effektiver Sonnenschutz empfohlen werden, insbesondere durch Kleidung (T-Shirt, Hut mit Nacken- und Ohrenschutz), womöglich spezielle UV-Schutzkleidung und Sonnenschutzcremes mit hohem UV-B- und UV-A-Filter.
Schatten vorziehen und Meiden der sehr UV-Strahlungs-aggressiven Mittagssonne zwischen 11 und 15 Uhr sollte als Tipp im Beratungsgespräch nicht fehlen. Kurz und knapp kann dies mit der ABC-Regel dem Kunden nahegebracht werden: Ausweichen, Bekleiden, Cremen. Leichte, weite Kleidung mit einem dicht gewebten, möglichst dunkelfarbigen Stoff ist dabei in der Regel weniger durchlässig für UV-Strahlung als helle Kleidung.
Geeignete Sonnenschutzmittel Die Meisten cremen viel zu wenig! Denn der auf Sonnenschutzprodukten deklarierte Lichtschutzfaktor (LSF) gilt nur bei einer aufgetragenen Menge von zwei Milligramm pro Quadratzentimeter Haut. Er gibt an, um welchen Faktor länger die gut eincremte Haut im Vergleich zu ungeschützten vor einem Sonnenbrand durch UV-B-Strahlen geschützt ist. Der UV-A-Strahlungsschutz sollte zudem mindestens ein Drittel des UV-B-Schutzfaktors betragen.
Die Einhaltung dieser EU-weiten Regelung wird mittlerweile als Symbol durch die Buchstaben UV-A in einem Kreis auf den Verpackungen dargestellt. Denn ein geeignetes Mittel muss tatsächlich den gesamten Wellenlängenbereich sowohl der UV-B- als auch der UV-A-Strahlen effektiv abdecken. Hierzu werden von den Firmen UV-Filter chemischer (lichtabsorbierende Substanzen) und physikalischer Natur (lichtreflektierende Substanzen) eingesetzt, häufig in Kombination. Chemische beziehungsweise organische Filter dringen dabei in die Haut ein, nehmen dort die energiereiche UV-Strahlung auf und wandeln sie in Wärmestrahlung um.
Physikalische beziehungsweise anorganische Filter sind Mikropigmente aus Titandioxid oder Zinkoxid, die sowohl die UV-A- als auch die UV-B-Strahlung an der Hautoberfläche reflektieren. Physikalische Filter gelten – da sie nicht in die Haut eindringen – als sehr gut hautverträglich und zeigen ein geringes Allergierisiko. Sie gelten für die Anwendung bei Kindern als besonders empfehlenswert. Zahlreiche Neuentwicklungen in den letzten Jahren haben die Schutz- und Anwendungsmöglichkeiten als Milch, Spray, Creme, ölig oder wässrig zudem nochmals deutlich attraktiver gemacht.
Als physikalischer Breitbandfilter wird in vielen Produkten mittlerweile Titandioxid auch gern in Nanopartikelform (Teilchen mit einem Durchmesser kleiner 100 Nanometer) angewandt. Vorteil:
Der „Weiß-Effekt“, der bei Pigmenten mit Partikelgrößen über einen Mikrometer auftritt, ist verschwunden. Diskutiert wird aber die Gefahr einer Hautpenetration der kleinen Nanopartikel mit möglicherweise schädlichen Folgen. Ein möglichst hoher LSF mit entsprechendem UV-A-Schutz (30+, 50+) sollte für jeden Urlaub am Meer oder im Hochgebirge empfohlen werden.
Die Therapien im Einzelnen Die Behandlung von Hautkrebs soll die Erkrankung dauerhaft heilen oder den Tumor zumindest „in Schach halten“. Alle Hautkrebsformen bedürfen dabei einer Therapie, die genau auf den jeweiligen Tumor abgestimmt ist. Behandlung der Wahl ist bei fast allen Hautkrebsarten die operative Entfernung des Tumorgewebes mit entsprechendem Sicherheitsabstand. Ist der Hautkrebs schon weit fortgeschritten und dementsprechend groß, können kosmetische Probleme auftreten, da sich die Operationswunde nicht einfach verschließen lässt. In diesen Fällen kann eine Hauttransplantation notwendig werden – und/oder es kommen Strahlentherapie und lokal destruierende Verfahren wie Kryo- oder Lasertherapie beziehungsweise eine geeignete Arzneimittelbehandlung/Chemotherapie zum Einsatz.
Behandlung des „weißen“ Hautkrebses Operation, Lasertherapie oder Vereisung mittels Kryotherapie sind bei den hellen Hautkrebsarten (Basalzellkarzinom = Basaliom; Plattenepithelkarzinom, Stachelzellkrebs = Spinaliom) die am meisten angewandten Behandlungsformen. Insbesondere die vergleichsweise häufigen aktinischen Keratosen als Vorstufen des Stachelzellkrebses, werden gern mit der physikalisch wirkenden Kryotherapie entfernt. Hierbei wird das betroffene Areal für wenige Sekunden mit flüssigem Stickstoff behandelt, der eine Temperatur von minus 196 °C hat.
Die Photodynamische Therapie (PDT) Als eine Alternative, insbesondere bei großen Hautflächen, existiert die PDT. Es handelt sich hierbei quasi um eine Zwitterform zwischen physikalischen und medikamentösen Verfahren. Hierbei wird ein „Photosensitizer“ auf die betroffenen Areale aufgebracht. Dabei handelt es sich um eine chemische Substanz, etwa Methyl-5-amino-4-oxopentanoat (Methylester der 5-Aminolävulinsäure), die sich im Tumor anreichert und diesen besonders lichtempfindlich macht.
»Sowohl bei der aktinischen Keratose als auch bei oberflächlichen Basaliomen werden häufig auch topische Arzneimittel eingesetzt.«
Seit November 2011 existiert hierfür auch ein vier Quadratzentimeter großes mit acht Milligramm 5-Aminolävulinsäure beladenes Pflaster, von dem in einer Sitzung maximal sechs Stück appliziert werden sollten. Wird die behandelte Hautstelle anschließend kontrolliert mit Laserlicht/Rotlicht bestrahlt, entstehen in Anwesenheit von Sauerstoff reaktive Sauerstoffspezies. Es setzt eine phototoxische Reaktion in den Tumorzellen ein und diese sterben ab.
Der Körper stößt die kranke Haut ab und ersetzt sie durch neue. Als wesentliche Nebenwirkung wird die Haut für einige Zeit sehr lichtempfindlich, sodass Betroffene helles Sonnenlicht meiden müssen. Johanniskrautpräparate sollten zwei Wochen vor einer PDT abgesetzt werden, da das enthaltene Hypericin die durch die PDT induzierte phototoxische Reaktion verstärken kann. Nachteil der PDT: Diese Therapieform ist keine Kassenleistung.
Topische Arzneimittel Sowohl bei der aktinischen Keratose als auch bei oberflächlichen Basaliomen werden häufig auch topische Medikamente eingesetzt. Ein Vorteil dabei: Klinisch nicht sichtbare Läsionen werden häufig zufällig gleich mit erfasst. Der Immunmodulator Imiquimod ist seit 2005 in Deutschland auf dem Markt. Seine Wirkung beruht darauf, dass er das Immunsystem der Haut aktiviert, das dann selbst die Tumorzellen bekämpft. Das geschieht, indem am Ort der Anwendung eine Entzündungsreaktion hervorgerufen wird.
Zusätzlich konnte nachgewiesen werden, dass der Wirkstoff in den Tumorzellen den „programmierten Zelltod“ (Apoptose) auslöst. Eine 5-prozentige Imiquimodcreme soll im Regelfall sechs Wochen lang fünf Mal wöchentlich für jeweils etwa acht Stunden aufgetragen werden. Mittlerweile existieren auch noch niedrigdosiertere Imiquimodcremes (3,75 Prozent, und 2,5 Prozent), die – im Gegensatz zur höher konzentrierten Variante – in einem Sechs-Wochen-Schema ohne Flächenbegrenzung auf 25 Quadratzentimeter eingesetzt werden: zwei Wochen Applikation, zwei Wochen Pause und dann erneut zwei Wochen Therapie ist hier die Regel.
Die in die Behandlungsleitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft aufgenommenen Therapieverfahren PDT und Imiquimod haben den Vorteil, dass sie eine schmerzund narbenfreie Behandlung ermöglichen. Sehr lange schon ist 5-Fluorouracil (5-FU) als 5-prozentige Creme zur Behandlung von aktinischen Keratosen verfügbar. Sie sollte zwei Mal täglich aufgetragen werden bei einer üblichen Behandlungsdauer von zwei bis vier Wochen oder bis die entzündliche Reaktion das Erosionsstadium erreicht hat.
Bis die Haut sich reepithelisiert hat, dauert es in der Regel anschließend noch einmal vier bis sechs Wochen. Häufige Nebenwirkungen sind lokale Missempfindungen wie Schmerzen und Brennen. Außerdem treten Erytheme sowie gelegentlich Blasen und Nekrosen auf. Indem der Wirkstoff in einem polymeren Trägersystem eingebettet wurde, konnte die kutane Penetration des Zytostatikums 5-Fluorouracil und damit auch die Wirksamkeit deutlich gesteigert, die Dosis entsprechend auf 0,5 Prozent reduziert und damit die Verträglichkeit deutlich gebessert werden.
DAS SOZIALKOMPETENZZENTRUM APOTHEKE
Daneben kann in der Apotheke auch immer wieder einmal der Hinweis auf das „Hautkrebs-Screening“ erfolgen. Diese standardisierte Untersuchung der gesamten Körperoberfläche durch einen Dermatologen oder speziell per Fortbildung geschulte Ärzte, wird alle zwei Jahre für Über-35-Jährige durch die gesetzliche Krankenkasse (GKV) übernommen. Großer Vorteil: Bei frühzeitiger Entdeckung kleinerer Tumoren muss bei allen drei Hautkrebsarten oftmals weniger ausgedehnt operiert werden. Auch die medikamentöse Behandlung anschließend kann schonender erfolgen. Rechtzeitig erkannt, können alle Hautkrebsarten gut behandelt und zum überwiegenden Teil sogar geheilt werden.
Für jeden Betroffenen ist eine Krebsdiagnose – egal wie diese letztlich im Einzelnen aussieht – ein Riesenschock. Die Behandlung und alles, was sich daran anschließt, bringt häufig neue, unbekannte Probleme mit sich. Umso mehr hilft es, wenn die Apotheke sich als Sozialkompetenzzentrum präsentiert, womöglich Kontakt zu anderen Betroffenen oder eine Selbsthilfegruppe vermitteln kann. Der Informations- und Beratungsdienst der Deutschen Krebshilfe (Deutsche Krebshilfe e.V., Informations- und Beratungsdienst, Buschstraße 32, 53113 Bonn, Tel. 02 28/7 29 90 95, E-Mail: beratungsdienst@krebshilfe.de , www.krebshilfe.de/wir-helfen/informations-und-beratungsdienst.html) kann hierbei wertvolle Hilfestellung geben.
In einer vergleichsweise neuen Formulierung ist 5-Fluorouracil in 0,5-prozentiger Lösung mit 10-prozentiger Salicylsäure und dem Lösungsmittel Dimethylsulfoxid kombiniert. Diese Mischung, bekannt aus der Warzentherapie, eignet sich aufgrund des keratolytisch wirkenden Salicylsäurezusatzes zur Therapie von hyperkeratotischen aktinischen Keratosen. Bei täglicher Anwendung sollte die Applikation über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Wochen erfolgen. Die histologisch kontrollierte, komplette Abheilungsrate im Kopf- und Gesichtsbereich lag unter 5-Fluorouracil in einer randomisierten, placebokontrollierten Multicenterstudie bei 72 Prozent.
Seit November 2012 ist das aus dem Saft der Gartenwolfsmilch gewonnene Ingenolmebutat hier zu Lande zur Behandlung bestimmter Formen der aktinischen Keratosen bei Erwachsenen zugelassen. Die Substanz wirkt zytostatisch und damit direkt toxisch auf die Zellen. Ingenolmebutat gibt es als Gel mit 0,015-prozentigem Wirkstoffgehalt für Gesicht und Kopfhaut sowie mit 0,05 Prozent für Rumpf und Extremitäten. Die vollständigen Abheilungsraten lagen bei 42,2 beziehungsweise 34,1 Prozent.
Die Anwendungsdauer – bei ein Mal täglicher Applikation – betrug nur drei Tage an Gesicht und Kopfhaut sowie zwei Tage an Rumpf und Extremitäten. Zwischen dem dritten und achten Tag werden allerdings oft lokale Hautreaktionen (Rötung, Schuppung, Bläschenbildung, Erosionen) beobachtet, die innerhalb von zwei Wochen in der Regel wieder abklingen. Die Behandlungsfläche beschränkt sich auf 25 Quadratzentimeter.
Der Entwicklung des nichtsteroidalen Antiphlogistikums Diclofenac in einem Hyaluronsäure enthaltenden Gel lag die Erkenntnis einer Überexpression der Cyclooxygenase-2 (COX-2) in Läsionen von aktinischen Keratosen zugrunde. Diclofenac soll also über eine Hemmung des Cyclooxigenasestoffwechselweges das Tumorwachstum und das Absterben der Krebszellen beeinflussen. Die Kombination mit Hyaluronsäure soll dabei zu höheren Diclofenackonzentrationen in der Haut führen. Tatsächlich konnte eine komplette Heilung durch das gut verträgliche Gel, das zwei Mal täglich auf die betroffenen Hautstellen aufgetragen wird, binnen zwölf Wochen bei gut der Hälfte der Patienten und eine teilweise Rückbildung bei immerhin noch 29 Prozent der Betroffenen erzielt werden.
Alternativen im Überblick Nur für Patienten mit inoperablem oder metastasiertem weißem Hautkrebs kann eine Strahlentherapie, eine systemische Chemotherapie oder eine Kombination aus beidem in Frage kommen. Auch eine subkutane Applikation von Interferon-alfa ist für die Betroffenen eine Option.
Teil 1 finden Sie hier.
ZUSATZINFORMATIONEN
Eine Tabelle mit weiteren Informationen zu Lichtschutzmaßnahmen, um Hautkrebsrisiko zu senken, finden Sie hier.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 08/14 ab Seite 92.
Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin