Schlecht verschlossene Müllsäcke oder tierische Abfälle auf dem Kompost ziehen Nagetiere an – auch mit dem Hanta-Virus infizierte Tiere. © Chanawat Phadwichit / iStock / Getty Images Plus

Viruserkrankungen

HANTAVIRUS: MIT GRIPPEÄHNLICHEN SYMPTOMEN FÄNGT ES AN

Aktuell treten in Bayern vermehrt Infektionen mit dem Hantavirus auf. Durch Mäusekot gelangen die Viren in unseren Körper, sorgen für Fieber, Abgeschlagenheit und schlimmstenfalls ernsthafte Nierenschädigungen. Vorsicht: Die infizierten Nager tummeln sich gerne in heimischen Gärten und Garagen.

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Hantaviren kommen weltweit vor und lösen bei der Übertragung auf den Menschen unterschiedliche Krankheitsbilder aus. Sie zählen zur Familie der Bunyaviridae, behüllte RNA-Viren. Es lassen sich zahlreiche Arten unterscheiden, die für den Menschen gefährlich werden können, vor allem die Virustypen Hantaan-Virus (HTNV), Puumala-Virus (PUUV), Dobrava-Belgrad-Virus (DOBV), Seoul-Virus (SEOV), Korea-Fieber-Virus, Sin-Nombre-Virus (SNV) und Andes-Virus (ANDV) sind bedeutend. Der Name Hanta geht dabei auf den koreanischen Grenzfluss Hantan zurück. Anfang der 1950er Jahre erkrankten dort während des Koreakrieges mehr als 3000 amerikanische Soldaten an ungewöhnlich starkem Fieber und anschließendem Nierenversagen. 1977 wurde das Virus Hantaan dann erstmals isoliert. Das zusätzliche a kam versehentlich zustande, als der Name ins Lateinische übersetzt wurde. In Deutschland trifft man hauptsächlich auf das Puumalavirus und das Dobrava-Belgrad-Virus. Dabei finden sich die jeweiligen Populationen nicht gleichmäßig verteilt. So ist das Puumalavirus vorwiegend in Nordwest-, West- und Süddeutschland vertreten, zum Beispiel auf der Schwäbischen Alb, in Unterfranken, dem Odenwald oder dem Bayerischen Wald. Das Dobrava-Belgrad-Virus sorgt eher für Infektionen in den nördlichen und östlichen Regionen Deutschlands.

Es raschelt in der Garagenecke
Viren brauchen Wirte. Hantaviren bevorzugen dabei Nagetiere, vor allem Mäuse und Ratten. Hierzulande finden sich die Krankheitserreger vor allem in Rötelmäusen (Puumalavirus) und Brandmäusen (Dobrava-Belgrad-Virus). Den Tieren selbst macht die Infektion nichts aus, sie zeigen keine Krankheitsanzeichen, bleiben aber ein Leben lang infektiös. Über Speichel, Urin und Kot scheiden die Nagetiere die Erreger aus. Atmen Menschen Stäube dieser Exkremente ein, kann eine Infektion mit den Hantaviren stattfinden. Eine Übertragung durch direkten Kontakt ist aber ebenso möglich, genauso wie durch mit Exkrementen verunreinigte Lebensmittel, durch Bisse allerdings selten. Von einer Übertragung von Mensch zu Mensch wurde nur in absoluten Einzelfällen berichtet. Die Viren können mehrere Wochen in der Umwelt überdauern, das bedeutet, dass eine Infektion noch stattfinden kann, wenn die Maus schon lange nicht mehr zu sehen ist. Wenn im Frühsommer vermehrt staubige Garagen ausgemistet, restliches Winterlaub weggefegt oder der erste Rasen gemäht wird, können die infizierten Nagetierexkremente aufgewirbelt und eingeatmet werden. Zwei bis vier Wochen später treten dann die ersten Symptome auf. Besonders häufig betroffen sind Männer im berufstätigen Alter von 18 bis 65 Jahren und Menschen, die in der Forst- oder Landwirtschaft arbeiten.

Nicht immer harmlos
Die Viruserkrankung ist in Deutschland noch nicht lange meldepflichtig. Im Mittel wurden seit 2001 500 Infektionen jährlich registriert. Die Zahlen schwanken allerdings, in bestimmten Regionen kann immer mal wieder ein leichter Zuwachs verzeichnet werden, vor allem in bekannten Risikogebieten. Im Jahr 2017 gab es sehr viele Infektionen, 1731 Menschen erkrankten am Hantavirus. Die Zahl der Infektionen wird auch dadurch beeinflusst, wie hoch die Population der infizierten Nager in dem jeweiligen Jahr und wie hoch der Anteil der „Durchseuchung“ der Tiere war. Wahrscheinlich kann man aber durchschnittlich von höheren Infektionsraten ausgehen, da ein Großteil der Erkrankungen asymptomatisch verläuft beziehungsweise mit unspezifischen Beschwerden. In der Regel beginnt es mit abrupt einsetzendem Fieber, das drei bis vier Tage anhält. Dazu leiden manche auch unter Kopf- und Gliederschmerzen oder Halsrötungen. Für viele erscheint es wie ein heftiger grippaler Infekt, der nicht unbedingt als Hantavirus-Infektion identifiziert wird – wenn der Betroffene überhaupt zum Arzt geht. Bei einigen ist der Spuk nach den grippeähnlichen Beschwerden vorbei, viele entwickeln im Anschluss starke Bauchschmerzen mit Durchfall und Erbrechen, dadurch sind sowohl Kreislaufbeschwerden als auch Elektrolytverschiebungen möglich, die Nierenfunktion kann vorübergehend eingeschränkt sein (Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom, HFRS). Aber auch diese Verläufe heilen zumeist folgenlos aus, Todesfälle sind in Deutschland durch die dortig beheimateten Viren sehr selten (insgesamt weniger als ein Prozent). Eine durchlebte Infektion führt wahrscheinlich zu einer lebenslangen Immunität. Eine Schutzimpfung gibt es nicht.

Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom (HFRS)
Auch wenn die am häufigsten beobachtete Form eher mild verläuft, kann eine Nierenbeteiligung, vor allem bei vorbelasteten Personen, zu lebensbedrohlichen Zuständen führen. Asiatische und europäische Hantavirus-Stämme sind Auslöser des HFRS. Das Syndrom ist wie oben beschrieben geprägt von starken Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. In dieser Phase können gefährliche Blutdruckabfälle auftreten, bis hin zum Schock. Es können hämostatische Störungen auftreten, die Blutgerinnung kann beeinträchtigt sein. Dies tritt äußerlich beispielsweise durch Netzhaut-Einblutungen oder Petechien (stecknadelkopfgroße Blutungen aus den Kapillaren) der Haut zutage. Die Nierenretentionswerte, unter anderem die Werte von Kreatinin, Harnstoff und Harnsäure, verschlechtern sich, im schlimmsten Fall muss der Betroffene an die Dialyse. Manchmal beschränkt sich das Syndrom auch nicht nur auf die Niere, in einigen Fällen können sich eine Entzündung des Herzmuskels oder der Schilddrüse einstellen, auch eine Beteiligung des zentralen Nervensystems konnte bereits beobachtet werden. Unter diesen schwereren Verlaufsformen versterben fünf bis fünfzehn Prozent der Betroffenen. Diese Ausprägung ist aber wie gesagt selten.
Gegen eine Hantavirus-Infektion gibt es keine spezifische Therapie, es werden lediglich die Symptome behandelt. In schweren Fällen wird die Nierenfunktion überwacht und durch Dialyseverfahren unterstützt.

Hantavirus-induziertes-(kardio-)pulmonales Syndrom (HPS/HCPS)
In anderen Ländern, in denen auch andere humanpathogene Erreger-Typen vorkommen, kann es zu Krankheitsverläufen mit höherer Sterblichkeit kommen. So lösen Hantaviren aus Nord- und Südamerika HPS beziehungsweise HCPS aus. Auch dabei setzt abrupt hohes Fieber ein. Es folgen vergleichbare unspezifische Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Schwindel oder Bauchschmerzen. Vier bis zehn Tage später treten allerdings Husten, eine beschleunigte Atmung oder gar Atemnot auf. Es kann sich ein Lungenödem bilden, worunter die Lungenfunktion massiv leidet – ein Atemnotsyndrom (ARDS) droht. Hier liegt das Sterblichkeitsrisiko bei 25 bis 40 Prozent.

Infektionsrisiko senken, Mäuse vertreiben
Die Nagetiere, aber vor allem ihre Exkremente übertragen die Viren. Daher können Maßnahmen, die das Zuhause und dessen Umgebung von Mäusen freihalten, das Risiko einer Virusübertragung senken. Dazu zählen:

  • Lebensmittel für Nager unzugänglich aufbewahren,
  • Tierfutter und Wasser nicht über Nacht offen stehenlassen,
  • Abfall für Nager unzugänglich lagern,
  • Essensreste und tierische Abfälle gehören nicht auf den Hauskompost,
  • Nistmöglichkeiten (z.B. Sperrmüll, Altreifen) entfernen.

In vielen Fällen ist es aber einfach nicht möglich, die Nagetiere sicher fernzuhalten. Daher sollte man besonders bei der Gartenarbeit, beim Fegen in der Garage oder auf dem Hof, beim Joggen oder Radfahren auf Mäusenester, tote Tiere oder Nagetierexkremente achten. Wer bei der Entfernung toter Mäuse oder deren Behausungen auf Nummer Sicher gehen will, kann sich an den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts orientieren:

  • Gummihandschuhe und bei Staubentwicklung einen eng anliegenden Mund-Nasen-Schutz tragen.
  • Vor der Reinigung von Räumen mindestens 30 Minuten durchlüften.
  • Staubaufwirbeln möglichst vermeiden, am besten Staubsauger verwenden.
  • Mäuse und deren Ausscheidungen am besten zunächst gründlich mit einem Reinigungsmittel besprühen, so wird Staubaufwirbeln verhindert.
  • Tote Tiere in einer gut verschlossenen Plastiktüte im Hausmüll entsorgen.
  • Alle Hilfsmittel und betroffene Flächen gründlich reinigen.
  • Im Anschluss duschen und Haare waschen.

Bei einer Infektion ist eine Isolierung nicht notwendig, da eine Übertragung von Mensch zu Mensch nicht stattfindet. Werden aber in einem Wohngebiet oder Stadtteil vermehrt Infektionen registriert, kann dies auf eine gemeinsame Infektionsquelle hindeuten. Es kann beispielsweise viel Kontakt mit einer insgesamt hohen Mäusepopulation vorliegen. In diesem Fall sollte diese von Seiten der Stadt oder der Gemeinde intensiv bekämpft werden.

Farina Haase,
Apothekerin/Redaktion

Quellen: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Hantaviren.html#doc2397634bodyText3

https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/H/Hantavirus/Merkblatt_PDF.pdf?__blob=publicationFile

https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/H/Hantavirus/Merkblatt_PDF.pdf?__blob=publicationFilehttps://www.apotheken-umschau.de/Hantavirus-Infektion

https://www.br.de/radio/bayern1/hantavirus-108.html

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