Schon mal da gewesen?
FREIFLUGSCHEIN FÜR DIE PHANTASIE
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An einer alten Furt der Elbe liegt ein historischer Pilgerort, der Gasthof Serkowitz. Er beherbergt heute das Lügenmuseum, ein lebendiger Ort des gesellschaftlichen Diskurses. Das Motto: Mal gar nichts tun, auf dem Sonnendeck der Titanic liegen und nicht an den Untergang denken.
Kein Museum im klassischen Sinn Ganz dicht am Ursprung der heutigen Museen knüpft das Lügenmuseum an Wunderkammern an, die an ein Kuriositätenkabinett erinnern – die ersten Museumsformen überhaupt. Sie enthielten meist neben Kunstwerken seltene Naturalien, exotische Artefakte oder unerklärliche Dinge. Im Lügenmuseum geht es im halsbrecherischen Galopp durch die zeitgenössische Kunst bis hin zu Dingen, die es gar nicht gibt: das Loch aus der Zauberflöte von Mozart, die Himmelsscheibe von Serkowitz und den Originalton vom Untergang der Titanic. Im maroden Charme des historischen Tanzsaales finden zudem laufend wechselnde Ausstellungen statt. Laut Direktion war es nie geplant, ein Museum zu eröffnen.
Poesie statt Museumsreglement Im Lügenmuseum gibt es für alle Besucher eine Einführung, einen Lügentee sowie natürlich den Rundgang durch die zwölf Räume. Da wären zum Beispiel ein Raum voll mit Reiseschreien aus aller Welt oder eine Ansammlung klimpernder, psychedelischer Objekte mit dem klingenden Namen „aus den Taschen vieler kleiner Jungs“. Die Ausstellungsobjekte handeln von Kreativität und Imagination und kreisen um wiederkehrende Menschheitsthemen: das Rätsel, das Geheimnis, die Erinnerung, die Illusionen des Lebens und die Beseeltheit der Welt – und nicht zuletzt um die Heiterkeit und das Glück.
Natürlich konstruieren Künstler andere Museen: Maschinen zur Belustigung, anarchische Apparate im ironischen Leerlauf. Doch die im Lügenmuseum konstruierten Kuriositäten setzen nicht nur die Phantasie der Betrachtenden frei, sondern auch deren eigene Gewitztheit. Der Sinn für Humor unterscheidet es dabei von anderen Angeboten. Und wissenschaftliche Untersuchungen haben schließlich unlängst ergeben, dass Humor heilen kann. Derzeit wird aber noch geprüft, ob Hausärzte den Besuch des Lügenmuseums wegen dieser heilenden Wirkung weiterempfehlen sollen und ob der Eintritt dann erstattet werden kann, gibt die Direktion augenzwinkernd zu Protokoll. Ansonsten kann es Samstag und Sonntag, in den Ferien und an Feiertagen von 13 bis 18 Uhr besucht werden – als Orakel, Künstlergeisterbahn oder als Tankstelle für Lebensinspiration.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/19 ab Seite 74.
KONTAKT
Lügenmuseum
Kötzschenbrodaer Straße 39
10445 Radebeul