Krankheit oder Symptom?

FIEBER

So lästig es für Betroffene auch sein mag, Fieber ist eine sinnvolle Abwehrreaktion des Körpers auf Infektionen. Doch wann wird der Temperaturanstieg brenzlig?

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Bei Werten von über 38 °C wird von Fieber, fachlich Febris, gesprochen, bis 38 °C von erhöhter Temperatur . An sich ist Fieber keine Krankheit, sondern die sinnvolle Reaktion des Körpers auf Krankheitserreger. Tatsächlich mobilisiert es in aller Regel die körpereigene Immunabwehr und unterstützt damit die Selbstheilungskräfte.

Für den Fiebernden bedeutet dies allerdings auch Schüttelfrost, schweißtreibende Hitzeschübe, Unwohlsein, Abgeschlagenheit, Gelenk- und Gliederschmerzen und Appetitlosigkeit. Da eine erhöhte Temperatur aber die Genesung fördert, rät deshalb der Berufsverband Deutscher Internisten, Fieber bis 39 °C nicht sofort zu senken, außer bei Kindern, die zu Fieberkrämpfen neigen oder bei älteren Menschen sowie abwehrgeschwächten Personen.

Tageszeitliche Schwankungen Gesunde Menschen haben normalerweise eine gemessene Körpertemperatur zwischen 36,0 und 36,5 °C, die allerdings tagesrhythmischen und individuellen Schwankungen unterliegt. So steigt sie im Laufe eines Tages um bis zu 1 °C auf etwa 37,5 °C oral an (37,2°C axillär, 37,8°C rektal).

Generell gilt: Um etwa 4 Uhr morgens liegen die niedrigsten und um 18 Uhr die höchsten Werte vor. Bei Frauen erhöht sich zudem die Temperatur nach dem Eisprung um etwa 0,5 °C. Auch Stress, Sport, Koffein, Ernährung, Alter und bestimmte Medikamente können die normale Betriebstemperatur beeinflussen. Beispiele hierfür sind unter anderem einige Antibiotika, Antiepileptika und ACE-Hemmer.

Zudem ist die Temperatur in den verschiedenen Körperregionen unterschiedlich. Deshalb ist bei der Beurteilung der Messergebnisse zu beachten, dass verschiedene Körperstellen unterschiedliche Normaltemperaturbereiche besitzen. Als zuverlässigster Wert gilt die Temperatur, die im After (rektal) gemessen wird. Eine orale Messung kann bukkal (in der Backentasche) oder sublingual (unter der Zunge) durchgeführt werden. In beiden Fällen liegt die gemessene Temperatur unter dem einer rektalen, wobei eine sublinguale einer bukkalen Messung vorzuziehen ist.

Misst man unter der Achselhöhle (axillar), ist zu beachten, dass die dort ermittelte Temperatur auch tiefer liegt als die unter der Zunge oder im After. Auch die Messungen im Gehörgang (aurikulär) sind nicht immer hundertprozentig genau. Machen Sie Ihren Apothekenkunden auch darauf aufmerksam, dass er grundsätzlich die in der Geräteanleitung vorgeschriebenen Gerätevorlauf- und Messzeiten einhalten sollte, um Messfehler und Fehlinterpretationen zu vermeiden.

Pyrogene: Fieber-auslösende Botenstoffe Physiologisch gesehen ist Fieber eine Sollwertverstellung im Hypothalamus – dem Wärmeregulationszentrum, für die fieberauslösende Stoffe (Pyrogene) verantwortlich sind. Diese werden entweder von den Abwehrzellen des Körpers produziert. Dazu zählen beispielsweise Interleukin-1, Tumor-Nekrose- Faktor und Interferone – oder sie stammen von Bakterien, Viren, Pilzen und Parasiten (Exotoxine). Bei einer Infektion alarmieren diese Substanzen die Schaltzentrale im Gehirn, die den Anstieg der Körpertemperatur veranlasst.

Dieser Fiebermechanismus läuft in jedem Alter gleich ab. Säuglinge und Kleinkinder haben jedoch generell eine höhere Körpertemperatur (zwischen 36,5 und 37,5 °C) als Erwachsene. Allerdings fiebern sie in der Regel schneller und häufiger. Die Temperaturerhöhung im Krankheitsfall hat den Hintergrund, dass unter höheren Temperaturen biochemische Vorgänge im Organismus schneller ablaufen können. Dadurch wird die Aktivität der Immunzellen wie Granulozyten, Makrophagen und Lymphozyten gesteigert. Gleichzeitig schafft der Temperaturanstieg ein ungünstiges Klima für Pathogene, um deren Vermehrung zu bremsen oder sie zu töten.

Dem Körper sind jedoch bei seiner Aufheizung enge Grenzen gesetzt. Bei 41 °C leidet die Gehirnfunktion, Verwirrtheit und Krämpfe können die Folge sein. Steigt das Fieber über 42 °C, so werden die Organe zerstört und der Kranke stirbt, wenn er nicht behandelt wird.

Fieberherde Die Ursachen für Fieber sind vielfältig. Meist sind es bakterielle und virale Infektionskrankheiten, die die Körpertemperatur nach oben treiben. Aber auch Operationen bis hin zu Tumoren können Auslöser sein. Weitere Fieberherde sind unter anderem eine Schilddrüsenüberfunktion oder allergische Reaktionen.

Senkung Ja oder Nein? Da Fieber ein sinnvoller Mechanismus der körpereigenen Abwehr von Infektionen ist, empfehlen Internisten deswegen zunächst keine antipyretische Therapie. Prinzipiell sollte jedoch immer die Fieber auslösende Erkrankung behandelt werden. Eine Fiebersenkung ist erst bei hohen Temperaturen ab 39 °C erforderlich und bei alten Menschen mit schwerer Herzinsuffizienz und bei Kleinkindern mit Neigung zu Fieberkrämpfen.

Als physikalische Maßnahme drücken dann kalte Wadenwickel die Temperatur nach unten. Reichen diese nicht aus, ist die Einnahme fiebersenkender Medikamente wie Paracetamol, Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure ratsam. Alle drei Wirkstoffe senken das Fieber und lindern die Schmerzen. In höheren Dosen hemmen ASS und Ibuprofen Entzündungen. Als PTA sollten Sie aber Eltern unbedingt davor warnen, ihrem Fieberkind ASS zu geben. Denn dies kann ein Reye-Syndrom induzieren – eine akute Leber-Hirn-Erkrankung – die häufig tödlich endet. Ohne ärztliche Empfehlung sollten diese Präparate ohnehin nicht über einen längeren Zeitraum oder in höherer Dosierung eingenommen werden.

Definition der Temperaturgrenzen
Normaltemperatur: 36,5°C bis 37,4°C
Subfebrile (erhöhte) Temperatur: 37,5°C bis 38,0°C
Leichtes Fieber: 38,1°C bis 38,5°C
Mäßiges Fieber: 38,6°C bis 39,0°C
Hohes Fieber: 39,1°C bis 39,9°C
Sehr hohes Fieber: 40,0°C bis 42,0°C
Tod durch Eiweißgerinnung: ca. 42,6°C

Alle Werte beziehen sich auf eine Messung im After. Bei der sublingualen Messung im geschlossenem Mund sind noch + 0,3 Grad Celsius, bei einer Messung im Ohr bzw. unter der Achsel noch + 0,5 Grad Celsius dazu zu zählen.

Fieber altersgerecht senken: Alter, Wirkstoff, Tägliche Maximaldosis
Säuglinge:
Paracetamol: bis 6 Monate: bis 350 mg
Kleinkinder: Ibuprofen: 6 bis 12 Monate: bis 200 mg; Paracetamol: 6 bis 12 Monate: bis 500 mg
Kinder: Ibuprofen: bis 3 Jahre: 300 mg, bis 6 Jahre: 450 mg, bis 9 Jahre: 600 mg, bis 12 Jahre: 800 mg; Paracetamol bis 3 Jahre: 750 mg, bis 6 Jahre: 1000 mg, bis 9 Jahre: 1500 mg, bis 12 Jahre: 2000 mg
Jugendliche und Erwachsene: Acetylsalicylsäure ab 14 Jahren: 3000 mg; Ibuprofen ab 12 Jahren: 1200 mg; Paracetamol ab 12 Jahren: 4000 mg

Wann ist ein Arztbesuch ratsam?
· Wenn hohes Fieber (über 39,0°C, rektal gemessen) länger als einen Tag anhält.
· Wenn die Temperatur trotz fiebersenkender Maßnahmen nicht fällt.
· Wenn sich der Allgemeinzustand stark verschlechtert.
· Wenn andere Symptome wie Bauchschmerzen, Erbrechen oder Hautausschlag hinzukommen.
· Wenn Fieber ohne erkennbaren Grund auftritt.
· Wenn es zu neurologischen Auffälligkeiten oder Krampfanfällen kommt.
· Wenn Fieber nach einer Reise in ferne Länder auftritt.
· Wenn Fragen oder Ängste bestehen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 08/11 ab Seite 90.

Dr. Kirsten Schuster / Medizinjournalistin

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