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Ernährung als Medizin

FEUER IM DARM

Schmerzen, Krämpfe oder Durchfall schränken die Lebensqualität der Betroffenen stark ein und machen so manchen Tag zur Qual.

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Das Reizdarmsyndrom betrifft hier zu Lande etwa fünf Millionen Menschen. Übelkeit, Druckgefühl, Blähungen, krampfartige Bauchschmerzen und eine veränderte Stuhlfrequenz und -konsistenz prägen den Alltag der in der Mehrzahl weiblichen Patienten. Die Intensität der Beschwerden variiert zwischen permanent und massiv bis hin zu leicht und nur in bestimmten Situationen. Da bei RDS keine organischen Auffälligkeiten vorliegen, zählt man die psychosomatische Erkrankung auch zu den funktionellen Störungen der Darmmotorik.

So ist die Lebenserwartung von RDS-Patienten auch nicht eingeschränkt und deren Risiko für andere Darmerkrankungen (z. B. Morbus Crohn oder Tumore) nicht erhöht, aber: Nicht selten nehmen depressive Verstimmungen einen festen Platz in der Symptomatik ein. Auch weitere psychische und physische mit dem RDS einhergehende Beschwerden wie Angst, Abgeschlagenheit, Konzentrations- und Schlafstörungen sowie Kopf- und Rückenschmerzen können die Lebensqualität sehr einschränken.

Probleme sind im „Bauchhirn“ verwurzelt Der Sitz der Gefühle scheint tatsächlich im Zentrum des Körpers zu liegen: Der Darm besitzt ein autonomes Nervensystem, das sich mit 100 Millionen Nervenzellen über den kompletten Magen-Darm-Trakt erstreckt und intensiv mit dem „Kopfhirn“ kommuniziert.

Mediziner gehen davon aus, dass die RDS-Patienten wesentlich empfindlicher auf die Signale des Darms reagieren und schon eine eigentlich normale Darmaktivität als schmerzhaft empfinden. Weitere Untersuchungen weisen zudem auf eine veränderte Zusammensetzung der Darmflora gegenüber Gesunden hin. Auch eine vorausgegangene bakterielle Darminfektion kann verantwortlich sein („postinfektiöse“ RDS).

Die ärztliche Diagnose: eine „Spurensuche“ Neben klaren Hinweisen aus der Leidensgeschichte der Betroffenen müssen zuvor andere Erkrankungen ähnlicher Symptomatik vor der Diagnose ausgeschlossen werden: Chronische Darmerkrankungen (z. B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) oder Darmkrebs werden dabei gleichermaßen in den Fokus genommen wie Unverträglichkeiten von Milchzucker (Laktose), Fruchtzucker (Fruktose) oder Gluten (Klebereiweiß aus Getreide).

Eine Intoleranz auf Laktose und Fruktose wird dabei unkompliziert über den „H2-Atemtest“ diagnostiziert. Beide können das RDS jedoch auch begleiten. Ergänzt wird die Diagnose durch eine Laboruntersuchung von Blut und Stuhl, eine Sonografie und häufig auch durch eine Darmspiegelung. Nicht fehlen darf ebenso ein Gespräch zu den psychosomatischen Problemen.

Ernährungsumstellung schafft Linderung Besteht ein Reizdarm, sollten die Betroffenen bei der Gestaltung ihres Speiseplans beschwerdeauslösende Nahrungsmittel meiden. Diese muss jeder für sich selbst identifizieren. Auf der manchmal mühsamen Suche hilft ein Symptomtagebuch, das Zusammenhänge zwischen der individuellen Ernährung und dem körperlichen wie seelischen Wohlbefinden aufdeckt: Über einen Zeitraum von vier Wochen werden sowohl die Speisen als auch die daraus resultierenden Symptome mit Art, Dauer und Intensität notiert.

Vor allem Kohl- und Lauchgemüse, Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen und Linsen sowie Nüsse, Hefe, Stein- und Beerenobst, aber auch ballaststoffhaltige Vollkornprodukte wecken die RDS-Beschwerden. Eine fettreiche Ernährung wirkt zudem bei vielen wie ein Abführmittel, sodass Fast Food, aber auch Milch und Milchprodukte in den meisten Fällen starke Probleme auslösen.

Auch Alkohol und Koffein, sehr kalte oder heiße sowie scharf gewürzte oder gesalzene Mahlzeiten werden häufig schlecht vertragen. Müssen RDS-Patienten vorerst auf zahlreiche Lebensmittel wegen der Unverträglichkeit verzichten, ist es ratsam, ihnen einen speziellen Ratgeber mit abwechslungsreichen Kochrezepten an die Hand zu geben.

»Ein Gleichgewicht zwischen Bewegung und Entspannung wirkt sich positiv aus.«

Wichtigste Voraussetzung für eine Linderung der Beschwerden sind zudem ein positives Essverhalten mit Zeit und Ruhe. Wer eilig unterwegs sein Essen herunter schlingt, neigt eher zu Darmbeschwerden als Personen, die achtsam essen, kleine Bissen nehmen und gründlich kauen. Das Einhalten regelmäßiger Mahlzeiten ist eine weitere wichtige Empfehlung. In diesem Rahmen sind vier bis fünf kleinere Mahlzeiten besser verträglich als zwei bis drei üppige.

Medikation: Alternativen auf dem Vormarsch Im Rahmen der erst Anfang 2011 veröffentlichten RDS-Leitlinie werden Arzneimittel empfohlen, die klassischerweise bei Schmerzen beziehungsweise Krämpfen, Verstopfung, Durchfall, Blähungen und psychischen Problemen helfen. Bei gravierenden Beschwerden können auch Antidepressiva eingesetzt werden, die auf die Botenstoffe des Darmnervensystems wirken.

Auch Phytopharmaka, vor allem mit Pfefferminze, Kümmel, Anis oder Fenchel, haben sich bewährt, denn sie entkrampfen, lösen Blähungen und regulieren auf sanfte Weise die Darmmotorik. Flohsamenschalen als gut verträgliche Ballaststoffe mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen quellen auf und wirken darmregulierend. Daneben stellen probiotische Produkte zum Aufbau einer intakten Darmflora eine sinnvolle Ergänzung dar.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/13 ab Seite 94.

Andrea Pütz, Dipl. Oecotrophologin

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